Das Krokodil im Freiburger Bächle

Von Friedhelm Denkeler,

»Das Krokodil im Freiburger Bächle1, Foto © Friedhelm Denkeler 2014
»Das Krokodil im Freiburger Bächle«, Foto © Friedhelm Denkeler 2014

Durch die Obere Altstadt fließt in Freiburg der Gewerbebach. Und er weist eine Besonderheit auf, die scheinbar noch nicht einmal alle Einheimischen kennen. Erst ein ehemaliger Berliner führte uns an die richtige Stelle in der Gerberau, denn im Bach treibt ein steinernes Krokodil sein Unwesen. Das Werk hat der Künstler Ole Meinecke geschaffen.

Der Gewerbebach wurde schon vor der Stadtgründung von Freiburg angelegt; der Kanal diente der Wiesenbewässerung und mit ihm wurden seit dem Mittelalter Mühlen angetrieben. Heute speist er die kleinen Bächle, die überall neben den Bürgersteigen fließen. Den Touristen erzählt man, wer in die etwa 30 cm tiefen, offenen Kanäle hineinfällt, muss jemanden aus Freiburg heiraten. Unserem freundlichen Begleiter ist dies offenbar widerfahren und es hat ihm Glück gebracht.

»Schatten am Bächle«, Freiburg, Foto © Friedhelm Denkeler 2014
»Schatten am Bächle«, Freiburg, Foto © Friedhelm Denkeler 2014

Die St. Matthäus-Kirche im Kulturforum Berlin

Von Friedhelm Denkeler,

»St. Matthäus-Kirche im Kulturforum Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler 2014
»St. Matthäus-Kirche im Kulturforum Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler 2014

Heute steht die St. Matthäus-Kirche des Schinkelschülers Friedrich August Stüler aus dem 19. Jahrhundert mitten im Kulturforum zwischen den Bauten des 20. Jahrhunderts: Neue Nationalgalerie (Mies van der Rohe), Philharmonie und Neue Staatsbibliothek (Hans Scharoun), Gemäldegalerie und Kupferstichkabinett (Hilmer und Sattler). Bei der Einweihung 1846 war die dreischiffige Backsteinkirche im neoromanischen Stil noch umgeben von Feldern, Gärten und einer Parklandschaft.

Im zweiten Weltkrieg wurde die Kirche und das sie umgebende Stadtquartier, Geheimratsviertel genannt, vollständig zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte Ende der 1950er Jahre, dabei wurde der Bau nur äußerlich rekonstruiert, der Innenraum wurde neu gestaltet. Das Umfeld der Kirche, an der Nahtstelle zwischen Ost- und West-Berlin gelegen, wurde mit den eingangs genannten Gebäuden ab 1960 zum Kulturforum entwickelt. Vom Kirchturm, der begehbar ist, hat man eine herrliche Aussicht auf die Umgebung. In der Kirche finden regelmäßig klassische Konzerte statt.

Anmerkung zur Kategorie »In den Straßen von Berlin«

Die work in progress-Serie »In den Straßen von Berlin« besteht aus großformatigen Farb-Fotos aus dem Nach-Wende-Berlin. Die Photographien zeigen den Wandel des Stadtbildes seit dem Jahr 2000: Abriss des Palastes der Republik und neue Hotels, hauptsächlich im Ost-Teil der Stadt, Bautätigkeiten im alten Westen, das Tempelhofer Feld, das seit 2008 als Flugbahn ausgedient hat, Touristenströme am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie, am Hauptbahnhof und im Lustgarten in Mitte. Das Portfolio wird laufend ergänzt. Ein Künstlerbuch ist für 2024 geplant.

Eine visuelle Übersicht mit Teaser der Reihe »In den Straßen von Berlin« finden Sie hier.

Im Haus der Ponzianis – Casa di Santa Francesca Romana a Ponte Rotto

Von Friedhelm Denkeler,

»Auf den Spuren des Römischen Reiches«. Ein neues Portfolio und Künstlerbuch über vierzehn römische Stadtgänge.

»Im Haus der Ponzianis – Casa di Santa Francesca Romana a Pon
»Im Haus der Ponzianis – Casa di Santa Francesca Romana a Ponte Rotto«, aus dem Portfolio und Künstlerbuch »Auf den Spuren des Römischen Reiches«, Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Rom Tag I: »Im Haus der Ponzianis – Casa di Santa Francesca Romana a Ponte Rotto«

Das Haus der Heiligen Franziska von Rom, ein ehemaliges Kloster in der Nähe der Ponte Rotto, befindet sich im Stadtteil Trastevere, im Umkreis der Basilika der Heiligen Cecilia und nahe der Tiberinsel. Über viele Jahrhunderte hinweg diente dieser Palazzo dem Adelsgeschlecht der Ponzianis als Wohnsitz und nun dürfen wir für sieben Tage dort residieren. Das Haus ist nach der Heiligen Francesca Romano benannt, die 40 Jahre lang bis zu ihrem Tode 1440 hier wohnte und zahlreiche Wunder vollbrachte.

Die Geschichte und das Alter des Hauses ist in allen Räumen und Gemäuern zu spüren, und das Wort lustwandeln macht seinem Namen alle Ehre. Unsere sieben Tage sind eine Reminiszenz an die sieben Hügel, auf denen Rom erbaut worden sein soll. Aber nach den ersten Tagen wurde deutlich, dass für das geplante Buch vierzehn Kapitel notwendig sind.

Anmerkungen zum Porfolio »Auf den Spuren des Römischen Reiches«

Unsere sieben Tage in Rom im Jahr 2011 sind eine Reminiszenz an die sieben Hügel, auf denen Rom erbaut worden sein soll. Aber nach den ersten Tagen wurde deutlich, dass für das geplante Buch vierzehn Kapitel notwendig sind. Es geht bei den Photographien um die Stimmungen und die visuellen Eindrücke und weniger um die historischen Begebenheiten. Das Portfolio wird auf meiner Website LICHTBILDER ausführlicher mit den vierzehn Kapiteln der römischen Stadtgänge vorgestellt.

Die vierzehn Kapitel der römischen Stadtgänge im JOURNAL

Künstlerbuch »Auf den Spuren des Römischen Reiches«, 30×21 cm, 208 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2020
Künstlerbuch »Auf den Spuren des Römischen Reiches«, 30×21 cm, 208 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2020
Künstlerbuch »Auf den Spuren des Römischen Reiches«, 30×21 cm, 208 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2020
Künstlerbuch »Auf den Spuren des Römischen Reiches«, 30×21 cm, 208 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2020

Vor über 40 Jahren fuhr die Wahrheit noch S-Bahn

Von Friedhelm Denkeler,

»Die Wahrheit fährt immer mit – in der S-Bahn Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler1980
»Die Wahrheit fährt immer mit – in der S-Bahn Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler1980 (»Die Wahrheit« war von 1955 bis 1989 die Tageszeitung der »SEW – Sozialistische Einheitspartei Westberlins«)

Nur Liebende bleiben am Leben – Funnel Of Love

Von Friedhelm Denkeler,

1960 – Wanda Jackson: »Funnel Of Love«. Fritz Rau hatte den Blues … und brachte die Rockmusik nach Deutschland.

Nur Menschen mit einer großen Liebe zu Musik und Büchern bleiben am Leben – so könnte man Jim Jarmuschs Film »Only Lovers Left Alive« auch beschreiben, denn er lebt zu großen Teilen von der Musik und den Leidenschaften eines Rock-Nerds namens Adam (Tom Hiddleston) und seiner Bücher verschlingenden und überaus gebildeten Gattin Eve (Tilda Swinton). Haben wir nun einen vampiristischen Musikfilm oder einen musikalischen Vampirfilm für Bildungsbürger gesehen? Hier soll es um die Musik im Film gehen, die auch inhaltlich einen Schwerpunkt bildet. Mit den klassischen Vampir-Filmen und den neumodischen Teenie-Soaps desselben Themas hat Jarmuschs Film jedenfalls nichts gemein.

»Adams Haus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Adams Haus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Musik spielte in den Filmen von Jim Jarmusch immer schon eine große Rolle (John Lurie, Tom Waits, Iggy Pop). Diesmal hören wir einen wunderbaren Soundtrack, der herrlich stimmig auf Bilder und Handlung Bezug nimmt; eine wilde Mischung aus Country, Sixties Soul, Rock, Garage Punk und Paganinis Geigen. Die moderne Rockmusik, die Adam im Film spielt, stammt von Jarmuschs eigener Band »Sqürl«. Der Film beginnt aber mit einem Track aus dem Jahr 1960 von Wanda Jackson. Die Kamera kreist traumhaft über Adam und Eve, überblendet durch einen Plattenspieler, auf dem sich eine Single dreht: Wanda Jackson mit »Funnel Of Love«.

Die Rockabilly- und Country-Sängerin Wanda Jackson (*1937, Oklahoma) war die erste Frau, die ›wilde‹ Musik in den 1960er Jahren machte (wenn nicht noch schlimmere Ausdrücke damals verwendet wurden) und sie ging mit Elvis Presley auf Tournee. Ihre rauhe Männerstimme kam bei den prüden US-Amerikanern nicht gut an; sie hatte ihre größten Erfolge im Ausland. In Deutschland war der Schlager »Santo Domingo« (1965) ihr stärkster Triumph. Mein Lieblingssong von ihr aber ist »Let’s Have A Party« (1958). Anfang der Sechziger war er auf jeder Party ein Muss. Kein Wunder, es war hochkarätiger Rock ’n’ Roll, denn begleitet wurde Jackson durch die Musiker von Gene Vincent.

Sein erstes Jazz-Konzert veranstaltete Fritz Rau 1955 mit Albert Mangelsdorff. Seit 1963 arbeitete er mit Horst Lippmann in der Konzertagentur »Lippmann & Rau« zusammen. Die Tourneen der Rolling Stones organisierte er ab 1970 und zum Dank erhielt Rau von ihnen ein silbernes Tablett mit der Inschrift »To Fritz with Thanks from the Rolling Stones«. Sein Lieblingslied war und blieb natürlich ein Bluessong aus dem Jahr 1960 von dem er sagte, den »könnt ihr einem Marsmenschen vorspielen, und sofort würde der begreifen, was Blues ist«, es ist »Five Long Years« von Muddy Waters.

Die Großen des Jazz und Blues, wie Ella Fitzgerald, Nat King Cole, Duke Ellington, Muddy Waters, Miles Davis, Janis Joplin und später die Heroen des Rock und Pop, wie The Doors, Frank Zappa, Jimi Hendrix, Bob Dylan, The Who, Queen, Tina Turner, Madonna, Bruce Springsteen und viele andere holte Fritz Rau nach Deutschland. Aber genau so engagiert setzte er sich auch für die deutsche Rock- und Popmusik, wie Udo Lindenberg und Peter Maffay, ein. Wahrscheinlich wusste Rau selber nicht, wie viele Konzerte er veranstaltet hat; an die 6000 sollen es gewesen sein. 2004 zog sich Fritz Rau dann aus dem aktiven Geschäft zurück; im August 2013 ist er im Alter von 83 Jahren im Taunus gestorben.

Songtext – Wanda Jackson: »Funnel Of Love«

Here I go,
Falling down, down, down,
My mind is a blank,
My head is spinning around and around,
As I go deep into the funnel of love.

It's such a crazy, crazy feeling,
I get weak in the knees,
My poor old head is a reelin',
As I go deep into the funnel of love.

I tried and I tried, to run and hide,
I even tried to run away,
You just can't run from the funnel of love,
It's gonna get you someday.
It's such a crazy, crazy feeling,
I get weak in the knees,
My poor old head is a reelin',
As I go deep into the funnel of love.

I tried and I tried, to run and hide,
I even tried to run away,
You just can't run from the funnel of love,
It's gonna get you someday.

Here I go, falling down, down, down,
My mind is a blank,
My head is spinning around and around,
As I go deep into the funnel of love,
Deep into the funnel of love.  
Anmerkung zur Kategorie »«

In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2027 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.

Eine Übersicht über alle Artikel der Kategorie finden Sie unter »«.

Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.

Den Frauen auf St. Pauli gewidmet

Von Friedhelm Denkeler,

Bildband und Ausstellung: Enno Kaufhold: »St. Pauli Fotografien 1975 – 1985«

Bildband: Enno Kaufhold: »St. Pauli Fotografien 1975 – 1985«, Foto: Junius-Verlag
Bildband: Enno Kaufhold: »St. Pauli Fotografien 1975 – 1985«, Foto: Junius-Verlag

Nach vier Jahrzehnten Wartezeit wurden die Aufnahmen des Berliner Fotografen und Fotohistorikers Enno Kaufhold  von der Hamburger Reeperbahn jetzt mit einer Ausstellung und der Herausgabe eines Bildbandes erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Kaufhold stand und steht der damals so genannten neueren sozialkritischen Fotografie nahe. Der Stadtteil St. Pauli mit seiner Durchmischung aus alltäglichen Wohn- und Lebenssituationen und dem Rotlichtmilieu drängte sich nahezu auf.

Es sollten möglichst authentische Bilder entstehen, deshalb setzte Kaufhold seine Kamera versteckt und ausschließlich bei Tageslicht ein. Von Beginn an stand für ihn fest, dass er seine Fotografien erst lange Zeit später veröffentlichen würde können. Kaufholds Bilderschatz ist eine unvergleichliche Hommage an das St. Pauli der 1970er und 1980er Jahre und ein Zeitdokument sondergleichen. Enno Kaufhold hat seine Bilder den Menschen, insbesondere den Frauen, von St. Pauli gewidmet.

Die Schlagwörter Kontakthof, Eros-Center, Peep-Show, Zum Goldenen Handschuh, Zur Ritze, Davidswache, Reeperbahn, Große Freiheit, Herbertstraße, Millerntorplatz, Hans-Albers-Platz, Café Keese, Café Lehmitz, um nur einige zu nennen, stehen auch noch heute für St. Pauli und die Reeperbahn. Kaufhold zeigt Bilder von Menschen und Etablissements, die den legendären Ruf des Kiezes in den späten 1970er-Jahren ausmachten: ungeschminkt, wild, ehrlich, sinnlich und authentisch.

Seine Chronik stellt unverfälschte Alltagsszenen der Bewohner, Zuhälter, Prostituierten und Lebenskünstler einer längst vergangenen Zeit dar. Einen Tag nach der Vernissage führte Enno Kaufhold  wiederum bei Tageslicht eine kleine Gruppe Interessierter durch den Kiez (dasselbe geschah auch für Sat1). Die Orte ließen sich wiedererkennen bzw. rekonstruieren; es fehlten aber die Menschen von damals.

Das perfekt gestaltete und gedruckte, bildgewaltige Buch (31×23 cm) mit 220 ganz- und doppelseitigen Bildern in schwarzweiß aus dem Junius-Verlag lässt sich im Schnelldurchgang auf YouTube ansehen. Es hat das Potential zum Fotobuchklassiker und ist deshalb ein Muss in jeder Sammlung künstlerischer Fotobücher. Noch bis zum 20. Januar 2022 werden die Bilder in der Freelens-Galerie, am Alten Steinweg 15 in 20459 Hamburg, ausgestellt.

Ausstellungseröffnung in der Freelens-Galerie, Hamburg, 25. November 2021, Foto © Friedhelm Denkeler 2021
Ausstellungseröffnung in der Freelens-Galerie, Hamburg, 25. November 2021, Foto © Friedhelm Denkeler 2021

Der Kaiser hat neue Kleider, hat aber nichts an!

Von Friedhelm Denkeler,

Zwiespältig – Kunst oder Agitprop? Zanele Muholi im Berliner Gropius Bau.

»Was!« dachte der Kaiser. »Ich sehe gar nichts! Das ist ja schrecklich. Bin ich dumm? Tauge ich nicht dazu, Kaiser zu sein? Das wäre das Schrecklichste, was mir begegnen könnte!« — »Oh, es ist sehr hübsch!« sagte er.

Einst lebte – und lebt noch heute – ein Fotograf im südlichen Afrika. Er machte schöne Bilder von schönen Menschen aus seiner Community. Und wie jeder Künstler fotografierte er sich gerne selber. Die Fotos waren perfekt und absolut professionell. Eines Tages reichte ihm das nicht mehr, er fing an, ein ganzes Konvolut von Wörtern und Sätzen um die Bilder herum zu schaffen.

Das kam in der Community und weltweit gut an, da diese Vorgehensweise dem Trend der Zeit, unter dem Motto »Wir wollen Kunst neu denken», entsprach. Seine Bilder wurden in Kapstadt, Johannisburg, Venedig, London, Wien, Eindhoven, Kassel und in Berlin ausgestellt. Alle Kritiker waren voll des Lobes. Wie wir alle wissen, ging die Geschichte »Des Kaisers neue Kleider« gut aus; ein kleines Mädchen sagte dazu: »Aber er hat ja nichts an!«

Geschäftshaus, Köln. An der Fassade befinden sich Skulpturen, die Szenen aus der Märchen »Des Kaisers neue Kleide«  darstellen. Quelle: Wikipedia
Skulptur mit einer Szene aus »Des Kaisers neue Kleider« an der Fassade eines Geschäftshauses in Köln, © Raimond Spekking, Wikimedia/CC BY 4.0. Bilder von Zanele Muholi finden Sie im Netz z.B. mit ECOSIA

So ähnlich erging es mir beim Besuch der Überblicksausstellung von Werken von Zanele Muholi im Martin-Gropius-Bau in Berlin (noch bis zum 13. März 2022). Zanele Muholi bezeichnet sich selbst als »visuelle*r Aktivist*in« und dokumentiert seit den frühen 2000er Jahren das Leben der Schwarzen »LGBTQIA+«-Community in ihrer Heimat in Südafrika. In ihren Texten (Bildlegenden, begleitender Text in der Ausstellung) ist viel über Sexualpolitik, rassistische Gewalt und gemeinschaftlichen Widerstandshandlungen die Rede.

Das ist in den Fotografien allerdings nicht zu sehen; insbesondere zeigen die Porträts Menschen!! Muholis Fotografie ist keine dokumentarische, soziale Fotografie, sondern der künstlerischen Fotografie zuzurechnen. Aber aufgrund der überstülpenden Texte, verließ ich die klassische Kunstausstellung mit zwiespältigen Gefühlen.

Den »Genossen Trend« kennen wir heute aus der Wirtschaft und Politik und insbesondere von der Film- und Kunstförderung. Um mehr Förderung zu bekommen, muss heutzutage eine bestimmte Anzahl von Frauen, People of Color, LGBTQs, Migranten, Flüchtlinge, Behinderte, Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen, dabei sein, unabhängig von der sozialen Demografie und der künstlerischen Qualität. Damit hat man dann seine Pflicht erfüllt.

Es gibt aber noch eine andere Art von Diversität, die gute Kunst ausmacht, die von persönlichen Erfahrungen. Diese ist oftmals komplexer, kontroverser und auch nicht so ohne weiteres vermittelbar oder beschreibar. In einem qualitativ guten Bild schwingt stets etwas mit, das sich nicht in Worte fassen lässt oder wie Susan Sontag es ausdrückt »Das wirksamste Element im Kunstwerk ist nicht selten das Schweigen«. Viele Worte oder Interpretationen sind dann nicht notwendig. Dieses Qualitätsmerkmal vermisse ich in der Ausstellung von Zanele Muholi.

Im strengsten Sinne sind alle Bewusstseinsinhalte unnennbar. Selbst die einfachste Wahrnehmung ist in ihrer Totalität unbeschreibbar. Jedes Kunstwerk muss daher nicht nur als etwas Dargestelltes verstanden werden, sondern gleichzeitig als ein Versuch, das Unsagbare auszudrücken. In den größten Kunstwerken schwingt stets etwas mit, das sich nicht in Worte fassen lässt, etwas von dem Widerspruch zwischen dem Ausdruck und der Gegenwart des Unausdrückbaren. Stilmittel sind immer auch Methoden der Vermeidung. Das wirksamste Element im Kunstwerk ist nicht selten das Schweigen. [Susan Sontag, in »Against Interpretation«]

Zwei mitternächtliche Kanonenschläge vor 60 Jahren – Adolf Tegtmeier: »Dat is vielleicht ein Dingen!«

Von Friedhelm Denkeler,

Jürgen von Manger als Schwiegermuttermörder und eine Installation zum Jahreswechsel 1961/1962

»Silvester 1961 und zwei Kanonenschläge«, Foto © Friedhelm Denkeler 1961
»Silvester 1961 und zwei Kanonenschläge«, Rahden-Varl, Ost-Westfalen, Foto © Friedhelm Denkeler 1961

Silvester 1961, vor genau 60 Jahren also, hörten wir die erste Sendung von Jürgen von Manger (*1923, † 1994) im Radio – der Norddeutsche Rundfunk brachte den Schwiegermuttermörder im Ruhrgebiets-Dialekt. Die Sprache war mir sehr vertraut, denn meine Eltern stammten aus Dortmund, meine Verwandten wohnten in Castrop-Rauxel und Lüdenscheid. Jürgen von Manger stellte die Sprache der Ruhrgebiet-Bewohner bis ins Komische dar. In den nachfolgenden Jahren bis in die 1980er Jahre habe ich seine Auftritte im Fernsehen als Kultfigur Adolf Tegtmeier immer wieder gerne gesehen. Tegtmeiers Mimik allein war schon sehr eigentümlich und einmalig. Also ääährlich!

1961 also bereitete ich mich auf den Jahreswechsel mit einer Installation vor, bestehend aus zwei mit kleinen Knallern gefüllten Mini-Kanonen. Was genau dann um Mitternacht passierte, ist leider nicht überliefert. Ein zufriedenes und gesundes Jahr 2022 wünscht Friedhelm Denkeler. Jürgen von Manger: Der Schwiegermuttermörder.

Im richtigen Kino waren wir nie im falschen Film

Von Friedhelm Denkeler,

Nach einem Jahr der Corona-Pandemie wieder im Kino: Ein Rückblick auf die fünfzehn Filme im zweiten Halbjahr 2021

»Fabian oder Der Gang vor die Hunde« nach dem Roman von Erich Kästner von Dominik Graf mit Tom Schilling und Meret Becker, Foto © Friedhelm Denkeler 2021
»Fabian oder Der Gang vor die Hunde« nach dem Roman von Erich Kästner von Dominik Graf mit Tom Schilling und Meret Becker, Foto © Friedhelm Denkeler 2021

Bedingt durch die Corona-Pandemie gab es hier im Blog in der Kategorie »Filme« fast zwei Jahre keine Besprechungen von neuen Filmen mehr. Und die 15 Filme, die wir im zweiten Halbjahr 2021 nach der Wiedereröffnung der Kinos sahen, habe ich auch vernachlässigt. Aber zum Jahresende will ich sie in Kurzform doch einmal erwähnen. Alle Filme sahen wir in den Berliner Yorck-Kinos. Deren Motto »Im richtigen Kino bist du nie im falschen Film« hat sich bewahrheitet: Alle Filme waren sehenswert.

  • »Der Rausch« von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen. Die Sozialsatire handelt von vier befreundeten Lehrern, die aus Frustration gemeinsam ein ›Trinkexperiment‹ starten, um wieder motiviert vor ihre Schüler treten zu können.
  • »Ich bin dein Mensch« von Maria Schrader. Die melancholische Komödie handelt von der Begegnung zwischen einer Frau und einem humanoiden Roboter.
  • »Fabian oder Der Gang vor die Hunde« nach dem Roman von Erich Kästner von Dominik Graf mit Tom Schilling und Meret Becker.
  • »Nebenan« von Daniel Brühl mit Peter Kurth. Daniel trifft auf Bruno. Der ältere Nachbar aus Ost-Berlin hat nur auf diesen Moment gewartet. Bruno selbst sieht sich als Verlierer der Wiedervereinigung, Opfer der Gentrifizierung und will sich an Daniel rächen.
  • »French Exit« Michelle Pfeiffer. Einst war Frances Price sehr reich und in New York sehr bekannt. Nach dem Tod ihres Mannes und der Insolvenz beschließt die Witwe, mit ihrem Sohn Malcolm nach Paris in die leerstehende Wohnung ihrer Freundin zu ziehen. Sie nehmen auch ihre Katze mit; bei dieser handelt es sich um ihren wiedergeborenen Ehemann.
  • »Schachnovelle« von Philipp Stölzl mit Oliver Masucci und Birgit Minichmayr. Der Notar Josef Bartok lebt in Wien. Er wird verhaftet und kommt in Einzelhaft. Er soll die Zugangscodes zu den Reichtümern von Klöstern im Ausland preisgeben, die seine Kanzlei verwaltet. Um der psychischen Folter der Gestapo standzuhalten, lässt er sich auf eine Partie Schach mit dem Gestapo-Mann Franz-Josef Böhm ein.
  • »Dune«. Im Jahr 10191 werden die Harkonnen auf Befehl des Imperators Shaddam vom Wüstenplaneten Arrakis abgezogen, wo sie die letzten 80 Jahre die Spice-Produktion überwacht haben. Bei dem Spice, welches nur dort zu finden ist, handelt es sich wertvollste Substanz im ganzen Universum.
  • »Keine Zeit zu sterben (No Time to Die)« mit Daniel Craig, Christoph Waltz und Léa Seydoux. Der letzte James Bond-Film mit Daniel Craig und er endete mit seinem Tod.
  • »The French Dispatch» von Wes Anderson mit Tilda Swintonm, Bill Murray und Léa Seydoux. Der Chefredakteur von The French Dispatch verfügt in seinem Testament, dass die Zeitschrift nach seinem Tod nicht mehr veröffentlicht werden soll.
  • »Contra« von Sönke Wortmann. Ein Professor droht von seiner Universität zu fliegen, nachdem er eine Jura-Studentin beleidigt hat. Er erhält eine letzte Chance: Wenn es dem rhetorisch begnadeten Professor gelingt, die Erstsemestlerin für einen Debattier-Wettbewerb fitzumachen, wären seine Chancen vor dem Disziplinarausschuss damit wesentlich besser.
  • »Bergmann Island«. Das semi-autobiografische Drama handelt von einem Filmemacher-Paar, das sich zur Arbeit auf die schwedische Insel Fårö zurückzieht, wo einst der gefeierte Filmregisseur Ingmar Bergman  lebte und arbeitete.
  • »Helden der Wahrscheinlichkeit« von Anders Thomas Jensen mit Mads Mikkelsen. Ein Statistiker beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeitsberechnungen. In der S-Bahn bietet der Mathematiker einer Frau seinen Sitzplatz an. Kurz darauf entgleist der Zug und die Frau und viele andere kommen ums Leben. Er ist davon überzeugt, dass es kein Unfall war.
  • »House of Gucci« von Ridley Scott mit Al Pacino, Jeremy Irons und Salma Hayek. Lady Gaga übernahme die Rolle der Patrizia Reggiani, die ihren Ex-Ehemann Maurizio Gucci und damaligen Chef des gleichnamigen Modehauses, gespielt von Adam Driver, ermorden ließ.
  • »Don‘ Look Up« von Adam McKay mit Leonardo DiCaprio, Cate Blanchett, Ariana Grande und Meryl Streep. Ein komödiantisches What-if-Weltuntergangsszenario.
  • »Annette« von Leos Carax mit Adam Driver und Marion Cotillard. Die Geburt ihres ersten Kindes, Annette, stellt das Leben des Stand-up-Comedian Henry und die Opernsängerin Ann auf den Kopf. Das kleine Mädchen hat ein geheimnisvolles Talent und erwartet ein außergewöhnliches Schicksal.
»Der Rausch« von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen, Foto © Friedhelm Denkeler 2021
»Der Rausch« von Thomas Vinterberg mit Mads Mikkelsen, Foto © Friedhelm Denkeler 2021

Der Schatten des Photographen

Von Friedhelm Denkeler,

Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Schatten und Spiegel – Selbstbildnisse 1976 bis 2020«.

»Flucht aus dem Paradies« (Nicolas Roeg: »Walkabout«, GB/Australien 1971), Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 1989
»Flucht aus dem Paradies« (Nicolas Roeg: »Walkabout«, GB/Australien 1971), Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 1989

Meine erste Erinnerung an das Phänomen des Schattens habe ich durch eine Photographie, auf der meine Großmutter zu sehen ist. Das Bild mit Wilhelmine Augusta Meinert, eine in Borchersdorf, Kreis Neidenburg/Ostpreußen am 3. Oktober 1883 geborene Plewka, ist im Jahr 1940 in Ost-Westfalen entstanden. Meine Großeltern wohnten damals in der Ortschaft Varl im Kreis Minden-Lübbecke. Leider ist nicht überliefert, wer die drei kleinen Kinder sind, die meine Großmutter vermutlich im Frühjahr, unter einem mächtigen Baum vor dem Haus Kalkhake, umarmt.

»Wilhelmine Meinert«, Hof Kalkhake, Varl/Ost-Westfalen, 1940, Archiv © Friedhelm Denkeler
»Wilhelmine Meinert«, Hof Kalkhake, Varl/Ost-Westfalen, 1940, Archiv © Friedhelm Denkeler

Wie ich als kleines Kind meinen eigenen Schatten entdeckte und wie dieser meine eigenen Bewegungen nachmachte, kann ich nicht erinnern. Um auf einem Bild wie festgeklebt an den Gegenständen, ein schwarzes Etwas als Schatten zu identifizieren, dürfte nur mit Elternhilfe möglich gewesen sein. So war es dann auch mit dem Bild meiner Großmutter; die Eltern klärten auf, dass es der Schatten des Photographen ist. Und so sind neben meiner fotografischen Tätigkeit im letzten, fast halben Jahrhundert, die vorliegenden 190 Selbstbildnisse als eigene Schatten- und Spiegelbilder entstanden.

Die Bilder habe ich zwischen den Jahren 1976 und 2020 produziert. Sie waren ursprünglich nicht als Projekt geplant, sondern kristallisierten sich im Laufe der Jahre zu einem eigenständigen Portfolio aus. Der Schatten ist oft negativ konnotiert: Der hat wohl einen Schatten. Ist nur ein Schatten seiner selbst. Führt ein Schattendasein. Verschattet! Früher stand auf den Filmpackungen zur Einstellung der Kamera der Hinweis: Die Sonne lacht, Blende 8! Der Nachteil war allerdings der schwere Schlagschatten, den der Film oft nicht verkraftete. Künstlern wird empfohlen, ein nach Norden gelegenes Atelier zu wählen, um so störende Schatten zu vermeiden. In meinen Bildern spielen sie die Hauptrolle. Um das Rätsel des Schattens einzufangen, braucht man aber Licht. Zur Geschichte der Photographie gehört auch die Geschichte des Schattens. Im Alltag ist es oft so, dass man nicht auf den Schatten, seinen eigenen oder den Schatten der Dinge achtet. Und wenn man ihn doch sieht, fragt man sich wie dieses flüchtige Ding wohl zum Abbild seiner selbst werden kann. Davon handelt der nächste Post.

Anmerkungen zum Portfolio »Schatten und Spiegel«

Die Bilder des Portfolios habe ich während des letzten halben Jahrhunderts produziert. Sie waren ursprünglich nicht als Projekt Selbstbildnisse geplant, sondern kristallisierten sich im Laufe der Jahre 1976 bis 2020 zu einem eigenständigen Portfolio aus.

Fotografen wird empfohlen, ein nach Norden gelegenes Atelier zu wählen, um so störende Schatten zu vermeiden; in meinen Bildern spielen sie aber die Hauptrolle. Anders als ein Schlagschatten, der flach auf dem Boden liegt, ragt das Spiegelbild in den fiktiven Spiegelraum hinein. Die Bilder stellen eine Art bildliches Tagebuch dar.

Das Portfolio besteht aus 190 Photographien 30 x 45 cm. Die Bilder sind auch als Künstlerbuch mit 196 Seiten im Format 27 x 20,5 cm erschienen. (2021). Weitere Informationen zu den Original-Prints und zum Künstlerbuch finden Sie auf meiner Website LICHTBILDER. (direkter Link zum Portfolio).

Ausführliche Informationen zum Portfolio »Schatten und Spiegel« finden Sie im Artikel Ein halbes Jahrhundert in eigenen Schatten- und Spiegelbildern auf meiner Website LICHTBILDER.

Künstlerbuch »Schatten und Spiegel – Selbstbildnisse 1976 bis 2020«, 30×21 cm, 204 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2021
Künstlerbuch »Schatten und Spiegel – Selbstbildnisse 1976 bis 2020«, 30×21 cm, 204 Seiten, Hardcover, Selbstverlag © Friedhelm Denkeler 2021

Una mujer fantástica oder Natural Woman

Von Friedhelm Denkeler,

1960 – The Shirelles: »Will You Love Me Tomorrow?«. Wenn die Trommeln der Apachen rufen … The Shadows: »Apache«.

Während der Internationalen Filmfestspiele in Berlin im Februar 2017 sahen wir den Film »Una mujer fantástica« von Sebastian Lélio mit Daniela Vega. Der Film ist ein Plädoyer für die sexuelle Selbstbestimmung. Die Trans-Frau Marina (Daniela Vega) ist nach dem Tod ihres Freundes Orlando (Francisco Reyes) dem blanken Hass seiner Familie ausgesetzt. Und wenn schon nicht ihre Umgebung, so ist doch der Film ganz auf ihrer Seite und zeigt die zunehmend ins Abseits gedrängte Protagonistin als starke, lebenskluge, fantastische Frau.

Der RBB urteilte: »Marina sitzt auf ihrem Sofa, die Beine leicht angewinkelt. Sie ist nackt, doch ein Spiegel verdeckt ihre Scham. Die nächste Einstellung zeigt Marina von oben: Man sieht nur ein Stück Beine, etwas Bauch – und mitten im Bild ihr Gesicht im Spiegel zwischen ihren Beinen. Es ist ein eindringliches, berührendes Bild. Gerade in seiner Einfachheit und Wortlosigkeit macht es klar, worum es Lélio geht: Was die geschlechtliche Identität eines Menschen bestimmt, ist nicht zwingend das, was zwischen seinen Beinen ist«.

Passend zum Film hat Lélio als Soundtrack unter anderem Aretha Franklin mit »A Natural Woman« aus dem Jahr 1967 ausgesucht. Der Song wurde 1967 von Carole King und Gerry Goffin geschrieben und 2015 von Aretha Franklin zum Gala-Empfang im Opera House des Kennedy Centers zu Ehren der Preisträgerin Carole King performt. Diese Ehrung umfasste zahlreiche Feierlichkeiten, unter anderem verfolgten die Geehrten die Gala gemeinsam mit dem US-Präsidenten Obama in der Präsidenten-Loge. Ihren ersten Nummer-eins-Hit hatte Carole King als 18jährige mit dem Lied »Will You Love Me Tomorrow?«. Sie schrieb ihn für die Girlgroup »The Shirelles« (1960).

Cover: Jörgen Ingmann: »Apache« (Single), Foto © Friedhelm Denkeler 2015  (Dank an Natascha S.)
Cover: Jörgen Ingmann: »Apache« (Single), Foto © Friedhelm Denkeler 2015 (Dank an Natascha S.)

Bei den Trommeln der Apachen habe ich immer gedacht, der Song stammt von den »Shadows«, der Begleitband von Cliff Richard. Bei der Recherche stellte sich heraus, dass es etwas komplizierter ist, aber der Reihe nach. Die Melodie stammt von dem englischen Komponisten Jerry Lordan. Die Idee zum Titel soll ihm gekommen sein, als er den gleichnamigen Western mit Burt Lancaster und Charles Bronson aus dem Jahr 1954 sah. Es fehlte ihm nur eine Instrumental-Band; die fand er in Bert Weedon. Das Stück wurde 1960 eingespielt, blieb aber zunächst unveröffentlicht, Lordan gefiel diese Fassung nicht.

Dann kam Lordan mit den Shadows in Kontakt, die wiederum fanden, das Instrumental passe zu ihnen. Am Anfang und Ende des Stückes sollten die Trommeln auf die ›Indianermusik‹ hinweisen. Der Erfolg blieb nicht aus: ab dem 21. Juli 1960 stand die Single für fünf Wochen auf dem ersten Platz der britischen Charts. Jetzt wurde schnell die Single von Jerry Lordan veröffentlicht. Sie hatte in Europa aber weniger Erfolg. In den USA punktete dagegen die Fassung des dänischen Jazzgitarristen Jørgen Ingmann. Alle drei machten das Instrumental zu einem internationalen Hit. Mein Favorit bleibt aber für immer »Apache« von den Shadows.

Songtext – The Shirelles: »Will You Love Me Tomorrow?«

Tonight you're mine, completely
You give your love so sweetly
Tonight the light of love is in your eyes
But will you love me tomorrow

Is this a lasting treasure
Or just a moment's pleasure
Can I believe the magic in your sighs
Will you still love me tomorrow
Tonight with words unspoken
You say that I'm the only one
But will my heart be broken
When the night meets the morning sun

I'd like to know that your love
Is a love I can be sure of
So tell me now and I won't ask again
Will you still love me tomorrow
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In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2027 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.

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Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.

Zum Nikolaus-Tag

Von Friedhelm Denkeler,

Lustig, lustig trallerallera, bald ist Nikolausabend da …

"Nikolaus am Balkon", © Friedhelm Denkeler 2002
»Nikolaus am Balkon«, Foto © Friedhelm Denkeler 2002

Es war einmal ein junger Mann, der im dritten Jahrhundert in der heutigen Türkei in der Nähe von Antalya in der Stadt Myra lebte, sich um die Armen und Entrechteten kümmerte und schließlich Bischof der Stadt wurde. Als Heiliger Nikolaus wurde er im Mittelalter Schutzpatron der Kinder. Seitdem reist er in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember mit seinem Schlitten zu den Kindern, um ihnen Süßigkeiten und kleine Geschenke zu bringen.

Früher kam er durch den Kamin ins Haus, heute müssen die Kinder am Abend vorher ihre Schuhe auf den Balkon herausstellen, in die der Nikolaus seine Gaben legt. Die heutige rote Kleidung mit dem weißen Pelzbesatz trägt der Weihnachtsmann aber erst seit der großen Werbeaktion im Jahr 1932 durch Coca Cola. So kommt er auch nicht mehr auf dem Schlitten, sondern in einem großen Truck.

Der Alte Fritz und die Bratkartoffeln

Von Friedhelm Denkeler,

»Pommes Fritz mit Heinz Erhardt«, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2002
»Pommes Fritz mit Heinz Erhardt«, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2002
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In dieser Kategorie erscheint am ersten Tag eines Monat öfter ein bildlich umgesetzter Post mit einem Zitat. Das kann eine Photographie mit einem Spruch sein oder ein Bild, das grafisch mit dem Zitat des Monats gestaltet wurde.

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Künstlerbücher – Das Buch als Kunstobjekt

Von Friedhelm Denkeler,

Von einem Künstlerbuch spricht man, wenn es ein Künstler gemacht hat, oder wenn er sagt, es sei eines [Lucy Lippard, Kunsthistorikerin]

Um künstlerische Photographie auszustellen, braucht man einen Galerieraum, aber der Künstler hat auch die Möglichkeit, das Buch als Raum zu verwenden. Das heißt zunächst einmal als ›normales‹ Fotobuch, als Massenware. Dafür wird sich aber nicht unbedingt ein Sammler interessieren. Der Sammler bevorzugt bei Photographien den ›Vintage- Print‹, oft in schwarzweiß auf Barytpapier. Bei neuen Prints auf edlem Papier erwartet er eine geringe Auflagenhöhe. Originalkunst ist aber vielfach nicht für alle erschwinglich. Hier bieten sich für Sammler die Künstlerbücher an.

»42 Künstlerbücher von Friedhelm Denkeler«, Stand: Juni 2022, Foto © F. Denkeler 2022
»42 Künstlerbücher von Friedhelm Denkeler«, Stand: Juni 2022, Foto © F. Denkeler 2022

Künstlerbücher sind ein eigenständiges Genre der bildenden Kunst. Das reicht von wertvollen Luxusausgaben mit einer Originalgraphik bis zu limitierten Auflagen. Sie bewegen sich im Schnittpunkt von Büchern und Kunst, werden in der Regel vom Künstler selbst produziert und im Eigenverlag herausgegeben. Oft haben sie ein außergewöhnliches Format oder werden auf artfremdem Material gedruckt. Beim Buchobjekt handelt es sich oft um Unikate, ansonsten erwartet der Sammler eine limitierte Auflage, die vom Künstler nummeriert und signiert ist.

Künstlerbücher sind nicht unbedingt in Buchhandlungen oder Galerien zu finden. Künstler sind individuelle Zeitgenossen, die ihre Arbeiten meist nicht professionell vermarkten. Weil sie so selten sind und meist auch nur in kleinen Auflagen oder als Unikate erscheinen, werden bestimmte Künstlerbücher auch als »rare books« bezeichnet. Sie orientieren sich an gebundenen Büchern, aber auch andere Formen wie Leporellos oder Faltkarten auf Papier oder Drucke auf flachem, für den Druck geeignetem Material, sind möglich.

Natürlich könnte man ein Fotobuch als ›normales‹ Buch drucken und verlegen lassen, aber der Künstler hat hier nicht mehr die volle Freiheit bei der Gestaltung. Eine eher theoretisch hohe Auflage würde zu einem wirtschaftlichen Problem führen, da sich nur ein vergleichsweise niedriger Preis für das einzelne Exemplar erlösen ließe. Vorausgesetzt ist dabei stets, dass sich überhaupt ein Käufer findet, der Interesse an einem solchen ›Massenprodukt‹ hat; Ausnahmen sind die Bücher von prominenten Künstlern und/oder Bücher mit einem spektakulären Inhalt. Ideal ist eine Kombination von Ausstellung und Künstlerbuch, das in diesem Fall nicht als Dokumentation der Ausstellung anzusehen ist, sondern als eigenständiges Werk und als Ergänzung zu den ausgestellten Bildern.

Das Medium ›Buch‹ ist insbesondere für einen Fotografen interessant. Zum Konzept des Künstlerbuches gehört es, durch die Anordnung von zwei Photographien auf einer Doppelseite die Bilder in Beziehung setzen oder durch Umblättern eine Trennung darstellen zu können. Weiter kann der Autor die Reihenfolge der Bilder bestimmen und eine visuelle Geschichte erzählen. Damit ist klar, dass man ein Künstlerbuch nicht einfach durchblättern kann (schon gar nicht von hinten nach vorne!), sondern um das Wesentliche zu erkennen, muss man es von der ersten bis zur letzten Seite erfassen. Es ist eine neue Art von Kunst, die mit Hilfe der Buchstruktur, durch die zeitliche Abfolge des ›Lesens‹, überhaupt existent und wahrnehmbar ist.

Nun liegt nicht alles was ein Autor darstellen möchte als Bild vor, auch nicht in einer Reihe von Bildern. Hilfreich ist in diesem Fall die textliche Darstellung, das ›zwischen den Bildern‹ Liegende. In meiner Künstlerbuch-Reihe »Erinnerungen – Ein Leben in Bildern« liegen nicht für alle Erinnerungen Photographien oder Memorabilien vor; ein ausführlicher Text ergänzt die Bildfolge. Oder das Buch »Photographien – Die Harmonie eines Augenblicks« aus dem Jahr 1982, das aus Einzelbildern besteht und mit weniger Text auskommt. Natürlich geht es in erster Linie um Bilder und in einem guten Bild schwingt stets etwas mit, das sich nicht in Worte fassen lässt oder wie Susan Sontag es ausdrückt »Das wirksamste Element im Kunstwerk ist nicht selten das Schweigen«. Viele Worte oder Interpretationen sind dann nicht notwendig.

Künstlerbuch »Episoden«: Größe 27×20 cm, Hardcover, 196 Seiten, 152 Photographien in schwarz-weiß
, Selbstverlag 2018, Fotos © Friedhelm Denkeler 1984
Künstlerbuch »Episoden«: Größe 27×20 cm, Hardcover, 196 Seiten, 152 Photographien in schwarz-weiß
, Selbstverlag 2018, Fotos © Friedhelm Denkeler 1984

Seit 1989 produziere ich neben meinen Portfolios auch Künstlerbücher. Die ersten entstanden als »Bucharbeiten« und seit 2006 als »Künstlerbücher«; inzwischen sind über vierzig entstanden. Neue Portfolios und neue Bücher kündige ich in meinem »Journal – Berichte aus Berlin zu Photographie und Kunst« an und stelle sie auf meiner Website »Lichtbilder« ausführlich vor; da Künstlerbücher ein eigenständiges Medium sind, kann das nur ein unvollständiger Ersatz sein. Ausgangspunkt meiner Künstlerbücher sind – jedenfalls bisher – meine eigenen Portfolios mit Photographien. Diese Bilder sind als Serie als eigenständiges Werk anzusehen, als Beispiel sei das Portfolio »Tempelhofer Kreuz« genannt. Die Prints sind für eine Ausstellung und/oder einen Sammler produziert. Als Künstlerbuch entsteht aber ein eigenständiges Werk, auch wenn es zu einem Großteil aus den denselben Bildern besteht.

Das Buch mit den Bildern (und Texten) ist ein fassbares Objekt, man kann es aufschlagen, vorblättern (und zurück), spürt die Beschaffenheit des Papiers und sieht die Umschlaggestaltung und das Layout. Kurzum: Das ›Lesen‹ in einem Buch erfordert Disziplin, aber es wird durch die visuelle, haptische und eine gewisse emotionale Bindung an das Buch unterstützt. Bei gehobener Literatur muss man schon mal innehalten, nachdenken, in sich gehen, reflektieren. Und das scheint mit einem gedruckten Buch sehr viel besser zu gehen, als wenn man sich die Bilder digital ansieht. Kann man sich einen Sammler vorstellen, der Künstlerbücher digital sammelt? Das Künstlerbuch ist eine neue Art von Kunst, die mit Hilfe der Buchstruktur, durch die zeitliche Abfolge des Lesens, überhaupt existent und wahrnehmbar ist.

Wo findet man nun die raren Künstlerbücher? Sicherlich stellen die Künstler ihre Werke auf ihren Websites vor. Aber man muss sie in die Hand nehmen können, fühlen und ansehen; die Möglichkeit besteht zum Beispiel auf einer Künstlerbuch-Messe (die Frankfurter Buchmesse hat einen Bereich mit Künstlerbüchern, in Berlin gibt es zwei verschiedene Messen). Auch der direkte Kontakt zu den Künstlern bietet sich an. Künstlerbücher sammeln mittlerweile weltweit unterschiedlichste Museen, Bibliotheken und Sammlungen. Das »Museum für Kunst und Gewerbe« in Hamburg besitzt eine umfangreiche Sammlung von ca. 3.500, die »Hamburger Kunsthalle« 1.700, die »Bayrische Staatsbibliothek« 20.000 Künstlerbücher und über 5.000 die »Universität für angewandte Kunst« in Wien, die seit 1994 sammelt.

Als eines der ersten Künstlerbücher wird meistens »Twentysix Gasoline Stations« (1963) von Ed Ruscha erwähnt. Die Idee zum Buch bekam er auf seinen zahlreichen Fahrten von Oklahoma nach Kalifornien. Er fotografierte die Tankstellen an der berühmten »Route 66« und hatte dabei »das Gefühl, Kunst in einer ›kunstlosen‹ Ecke der Welt zu machen … Die Tankstelle war ein Funken Kultur«. Künstlerbücher spielten auch bei Martin Kippenberger eine große Rolle. In seiner nur 20-jährigen Karriere soll er an die 150 Bücher produziert haben. Michael Schmidt ging 2012 einen etwas anderen Weg. Zur Ausstellung »Lebensmittel«, unter anderem im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen, ließ er ein Buch produzieren, das er selbst gestaltet hat. Das fotografische Künstlerbuch setzt als limitierte Edition in der heutigen Zeit ein Zeichen gegen die Bilderflut in den sozialen Medien und auch gegen die Flut der Fotobücher ›von der Stange‹. Das Künstlerbuch entwickelt sich zum Sammelobjekt, da im Gegensatz zum fotografischen Abzug der Preis deutlich niedriger liegt. Es ist ein eigenständiges Werk des Künstlers und ergänzt oder ersetzt auch manchmal ein gehängtes Portfolio in der Galerie oder im Museum. Der Künstler kann eine komplexere Geschichte erzählen und aus mehreren Büchern ergeben sich die Zusammenhänge eines umfangreichen Œuvre.

Ich nenne meine Bücher »Bücher«, aber sie sind Teil meiner Kunst. Sie sind Seite für Seite genauso wichtig wie die anerkannten Künste Malerei und Bildhauerei. Die Bücher sind echte, gewichtige Kunst [Ed Ruscha]

»Übersicht Künstlerbücher«, Grafik © Friedhelm Denkeler 2020
»Übersicht Künstlerbücher«, Grafik © Friedhelm Denkeler 2020

Übersicht der Artikel der Kategorie »Texte zur Photographie«

Wer am höchsten fliegt, sieht am weitesten

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen vom Tempelhofer Feld #3

»Blick vom Tempelhofer Feld auf Neukölln«, (ehemaliger Flugplatz Tempelhof), Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Blick vom Tempelhofer Feld auf Neukölln«, (ehemaliger Flugplatz Tempelhof), Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2011

1945 übernahm die US-Air-Force den Flughafen Tempelhof von den sowjetischen Besatzern. Vom Juni 1948 bis zum Mai 1949 wurden alle Zufahrtswege nach Berlin (West) durch die Sowjets blockiert. Der Flughafen bekam während dieser Zeit eine völlig neue Bedeutung – die Berliner Luftbrücke entstand. Teilweise im 90-Sekunden-Takt starteten und landeten die Flugzeuge (Rosinenbomber), um die Versorgung von Berlin sicherzustellen. Ab 1950 wurde der Flughafen auch für die zivile Nutzung freigegeben. Die drei westalliierten Fluggesellschaften Pan Am, BEA und Air France flogen nun regelmäßig Tempelhof an. Mit dem Ende der Teilung Deutschlands und dem Baubeginn des neuen Flughafens Schönefeld endete am 30. Oktober 2008 der Flugbetrieb in Tempelhof.

Seit Mai 2010 ist das ehemalige Flughafen-Gebiet öffentlich zugänglich. Der Volksmund sagt Wer am höchsten fliegt, sieht am weitesten, das stimmt sicherlich. Für uns Städter allerdings ist auch der Besuch des Tempelhofer Feldes schon ein Ereignis an sich. Endlich können wir einmal den Horizont wahrnehmen und an die 2.500 Meter weit sehen. Kein Baum, Strauch und oder Gebäude, nichts stört die Sicht. 386 Hektar freies Feld bieten mitten in  der Stadt eine grandiose Fernsicht. In der Mitte des Platzes herrscht praktisch absolute Ruhe und beim Blick von der südlichen Rollbahn gegen Osten auf den Bezirk Neukölln (Foto) bekommt man einen vagen Eindruck von der Größe der Stadt.

Nur Fliegen ist schöner

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen vom Tempelhofer Feld #2

»Tempelhofer Feld« (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Tempelhofer Feld« (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Die Geschichte des Fliegens auf dem Tempelhofer Feld begann um 1900 mit der Stationierung der militärischen Luftschifferabteilung. Im August 1909 startete hier während einer mehrwöchigen Flugschau der erste Zeppelin und landete anschließend in der Jungfernheide. Der Luftfahrtpionier Orville Wright führte Demonstrationsflüge durch und stellte dabei den Höhenweltrekord von 172 Metern auf. Der Ruf nach einem richtigen Flugplatz wurde immer lauter und es entstand ein erster in Johannisthal. Zu weit von der Stadtmitte entfernt, stellte man bald darauf fest und so begann 1922 der Bau eines Flughafens in Tempelhof.

1923 wurde der Flughafen Tempelhof offiziell in Betrieb genommen. Im ersten Jahr starteten 150 Flüge mit insgesamt 100 Passagieren. Tempelhof entwickelte sich zum wichtigsten Flughafen Europas und wurde auf Dauer zu klein. Planungen für den Zentralflughafen Tempelhof mit der heutigen Bebauung begannen. 1942 wurde der Weiterbau eingestellt. Die Gebäude wurden Teil der von den Nazis geplanten Nord-Süd-Achse für die Welthauptstadt Germania. Ingesamt war Tempelhof zu dieser Zeit der größte zusammenhängende Gebäudekomplex der Welt. Fortsetzung folgt.

Unter dem Pflaster liegt der Strand

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen vom Tempelhofer Feld #1

Unter dem Pflaster liegt der Strand«, Tempelhofer Feld (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Unter dem Pflaster liegt der Strand«, Tempelhofer Feld (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Zwischen den Orten Schöneberg und Tempelhof lag bis zum 18. Jahrhundert ein Landstück, Großes Feld genannt, das von den Bauern als Ackerfläche genutzt wurde. Um 1800 diente dann ein bestimmter Teil des Gebietes dem Militär als Parade- und Exerzierplatz und Manövergelände. Ein anderer Bereich war bei den Berlinern als Naherholungsgebiet beliebt. Hier gab es den kleinen See Schlangenpfuhl, in dem die Besucher baden konnten.

Später wurde das Feld durch verschiedene Luftfahrtaktivitäten bekannt. Ballonfahrten starteten hier und es entstanden die ersten fotografischen Luftbildaufnahmen. 1897 fand der weltweit erste Flug eines Starrluftschiffes statt. Heute, nachdem der Flugplatz Tempelhof nicht mehr existiert und seine historische Funktion, auf die ich später noch eingehen werde, verloren hat, sprechen wir wieder vom Tempelhofer Feld. Für diese Woche plane ich zwei weitere Posts mit Impressionen vom heutigen Tempelhofer Feld.

Selbst in der führerlosen U-Bahn in Kopenhagen

Von Friedhelm Denkeler,

Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Schatten und Spiegel – Selbstbildnisse 1976 bis 2020«.

»In der führerlosen U-Bahn», Kopenhagen, Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»In der führerlosen U-Bahn», Kopenhagen, Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Anmerkungen zum Portfolio »Schatten und Spiegel«

Die Bilder des Portfolios habe ich während des letzten halben Jahrhunderts produziert. Sie waren ursprünglich nicht als Projekt Selbstbildnisse geplant, sondern kristallisierten sich im Laufe der Jahre 1976 bis 2020 zu einem eigenständigen Portfolio aus.

Fotografen wird empfohlen, ein nach Norden gelegenes Atelier zu wählen, um so störende Schatten zu vermeiden; in meinen Bildern spielen sie aber die Hauptrolle. Anders als ein Schlagschatten, der flach auf dem Boden liegt, ragt das Spiegelbild in den fiktiven Spiegelraum hinein. Die Bilder stellen eine Art bildliches Tagebuch dar.

Das Portfolio besteht aus 190 Photographien 30 x 45 cm. Die Bilder sind auch als Künstlerbuch mit 196 Seiten im Format 27 x 20,5 cm erschienen. (2021). Weitere Informationen zu den Original-Prints und zum Künstlerbuch finden Sie auf meiner Website LICHTBILDER. (direkter Link zum Portfolio).

Ausführliche Informationen zum Portfolio »Schatten und Spiegel« finden Sie im Artikel Ein halbes Jahrhundert in eigenen Schatten- und Spiegelbildern auf meiner Website LICHTBILDER.

Warum ist der Eber oft missgestimmt?

Von Friedhelm Denkeler,

»Der Eber ist oft missgestimmt, weil seine Kinder Ferkel sind. Nicht nur sein Weib, die Sau alleine, auch die Verwandten – alles Schweine«, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2006
»Der Eber ist oft missgestimmt, weil seine Kinder Ferkel sind. Nicht nur sein Weib, die Sau alleine, auch die Verwandten – alles Schweine«, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2006
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Selbst im Industriegebiet

Von Friedhelm Denkeler,

Ein neues Portfolio auf meiner Website LICHTBILDER: »Schatten und Spiegel – Selbstbildnisse 1976 bis 2020«.

»Industriegebiet in Schwedt/ Oder«, Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 2009
»Industriegebiet in Schwedt/ Oder«, Berlin, aus dem Portfolio »Schatten und Spiegel», Selbstbildnisse 1976 bis 2020, Foto © Friedhelm Denkeler 2009

Anmerkungen zum Portfolio »Schatten und Spiegel«

Die Bilder des Portfolios habe ich während des letzten halben Jahrhunderts produziert. Sie waren ursprünglich nicht als Projekt Selbstbildnisse geplant, sondern kristallisierten sich im Laufe der Jahre 1976 bis 2020 zu einem eigenständigen Portfolio aus.

Fotografen wird empfohlen, ein nach Norden gelegenes Atelier zu wählen, um so störende Schatten zu vermeiden; in meinen Bildern spielen sie aber die Hauptrolle. Anders als ein Schlagschatten, der flach auf dem Boden liegt, ragt das Spiegelbild in den fiktiven Spiegelraum hinein. Die Bilder stellen eine Art bildliches Tagebuch dar.

Das Portfolio besteht aus 190 Photographien 30 x 45 cm. Die Bilder sind auch als Künstlerbuch mit 196 Seiten im Format 27 x 20,5 cm erschienen. (2021). Weitere Informationen zu den Original-Prints und zum Künstlerbuch finden Sie auf meiner Website LICHTBILDER. (direkter Link zum Portfolio).

Ausführliche Informationen zum Portfolio »Schatten und Spiegel« finden Sie im Artikel Ein halbes Jahrhundert in eigenen Schatten- und Spiegelbildern auf meiner Website LICHTBILDER.

Der große Stein von Tonnenheide

Von Friedhelm Denkeler,

Aus der Eiszeit direkt nach Ost-Westfalen

Zugegeben: Es ist nicht der Ayers Rock, der Inselberg, der sich 350 Meter über seinem flachen Umland in der zentral-australischen Wüste erhebt, sondern nur der zehn Meter lange, sieben Meter breite und über drei Meter hohe und 350 Tonnen schwere »Große Stein von Tonnenheide« in Ost-Westfalen, der auf meiner Photographie zu sehen ist.

Der Findling soll während der Eiszeit (Pleistozän/ Saalezeit) vor 200 000 Jahren seinen Weg von Skandinavien bis nach Ost-Westfalen geschafft haben. Dabei hat er ›auf dem Rücken‹ der Gletschermassen 750 Kilometer aus der schwedischen Provinz Bleckinge zurückgelegt, bis er in Tonnenheide ›liegen geblieben‹ ist. Der aus Biotit-Granit bestehende Stein entstand vor etwa einer Milliarde Jahren.

»Der große Stein von Tonnenheide«, Foto © Friedhelm Denkeler 1985
»Der große Stein von Tonnenheide«, Ost-Westfalen, Foto © Friedhelm Denkeler 1985

In meiner Jugendzeit war der Findling nur mit seiner Kuppe zu sehen, der größte Teil lag unter der Erde. Erst 1981, ich war schon lange in Berlin, wurde er freigelegt und auf dem Hofgelände Klasing Nr. 9 in Rahden-Tonnenheide 70 Meter weiter, unter 200 Jahren alten Eichen – eigentlich müsste man jetzt unter jungen Eichen sagen – mit Hilfe eines auf Ketten fahrenden Krans und eines Autokrans transportiert. Zur Bergung musste ein 300 Jahre alter Fachwerkspeicher, der zu nah am Stein stand, um 80 Meter umgesetzt werden.

Der Tonnenheider Stein weist diverse Bearbeitungsspuren, wie Bohrlöcher auf; schätzungsweise zwanzig Kubikmeter wurden bereits früher abgesprengt. Viele andere Findlinge sind auf diesen Wegen ebenfalls durch Zerstörung, Verwitterung und wirtschaftliche Nutzung (Pflastersteine, Schotter) vorzeitig verlustig gegangen. Man schätzt, dass nach der Eiszeit in Ost-Westfalen Tausend Findlinge (die Steine heißen so, wenn sie größer als vierzig Zentimeter sind) pro Quadrat-Kilometer liegen geblieben sind, davon sind heute vielleicht noch zehn je Quadrat-Kilometer übrig geblieben.