Die Turmruine der Gedächtnis-Kirche als Wahrzeichen

Von Friedhelm Denkeler,

»Baustelle mit Gedächtnis-Kirche«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009
»Baustelle mit Gedächtnis-Kirche«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009

Kaiser Wilhelm II. ließ im Jahre 1895 die evangelische Gedächtnis-Kirche auf dem Breitscheidplatz erbauen. 1943 wurde sie durch alliierte Luftangriffe fast vollständig zerstört und von den ursprünglich fünf Türmen ist heute nur noch die Ruine des Hauptturms als Mahnmal gegen den Krieg zu sehen. Die von Egon Eiermann rund um die alte Turmruine geplante neue Kirche wurde 1961 eingeweiht. Sie besteht aus einem oktogonalen Kirchenschiff, einem rechteckigen Foyer, dem neuen Glockenturm und einer Gemeindekapelle. Das gesamte Ensemble ist mittlerweile denkmalgeschützt.

Touristen wird immer wieder erzählt, die Turmruine würde im Volksmund als „Hohler Zahn“, das neue Kirchenschiff und der Glockenturm als „Lippenstift und Puderdose“ bezeichnet. In meinen 55 Jahren in Berlin habe ich das nicht ein einziges Mal gehört. Um die Turmruine zu erhalten muss sie bautechnisch immer wieder einmal überarbeitet werden. Zurzeit ist sie vollständig eingehaust. Die Baustelle auf meinem Foto aus dem Jahr 2009 zeigt übrigens den Beginn der Bauarbeiten für das neue Zoofenster mit dem Waldorf Astoria-Hotel, das im Januar 2013 eingeweiht wurde.

Anmerkung zur Kategorie »In den Straßen von Berlin«

Die work in progress-Serie »In den Straßen von Berlin« besteht aus großformatigen Farb-Fotos aus dem Nach-Wende-Berlin. Die Photographien zeigen den Wandel des Stadtbildes seit dem Jahr 2000: Abriss des Palastes der Republik und neue Hotels, hauptsächlich im Ost-Teil der Stadt, Bautätigkeiten im alten Westen, das Tempelhofer Feld, das seit 2008 als Flugbahn ausgedient hat, Touristenströme am ehemaligen Grenzübergang Checkpoint Charlie, am Hauptbahnhof und im Lustgarten in Mitte. Das Portfolio wird laufend ergänzt. Ein Künstlerbuch ist für 2024 geplant.

Eine visuelle Übersicht mit Teaser der Reihe »In den Straßen von Berlin« finden Sie hier.

Was machen Zitronenfalter den lieben langen Tag nicht?

Von Friedhelm Denkeler,

»Zitronenfalter falten keine Zitronen«, Foto + Grafik © Friedhelm Denkeler 2002
»Zitronenfalter falten keine Zitronen«, Foto + Grafik © Friedhelm Denkeler 2002
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In dieser Kategorie erscheint am ersten Tag eines Monat öfter ein bildlich umgesetzter Post mit einem Zitat. Das kann eine Photographie mit einem Spruch sein oder ein Bild, das grafisch mit dem Zitat des Monats gestaltet wurde.

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Undine, der jungfräuliche Wassergeist

Von Friedhelm Denkeler,

Christian Petzold: »Undine» mit Paula Beer als Undine, Jacob Matschenz als Johannes und Franz Rogowski als Christoph

»Delphi-Filmpalast: coronagerechte Verteilung der Zuschauer«, Foto © Friedhelm Denkeler 2020
»Delphi-Palast: coronagerechte Verteilung der Zuschauer«, Foto © Friedhelm Denkeler 2020

In der Mythologie gehört die Meerjungfrau Undine zu den halbgöttlichen Elementargeistern. Sie lebt gewöhnlich in Waldseen oder Wasserfällen. Sie bekommt erst dann eine Seele, wenn sie sich mit einem Menschen vermählt. Einem untreuen Gatten bringt sie allerdings den Tod und sie selber muss ins Wasser zurückkehren, aus dem sie einst gerufen wurde. Anders als die Sagenfigur wehrt sich im Film Undine gegen den Fluch. Sie verliebt sich in Christoph, einem Industrietaucher (!), der in den Talsperren im Sauerland Unterwasserturbinen repariert. Gibt es zum Schluss einen weiteren Toten oder kehrt Undine ins Wasser zurück? Das sollte der Leser selber herausfinden und auf jeden Fall mal wieder ins Kino gehen, um die brachliegende Kinowirtschaft zu unterstützen und mit »Undine« eine zeitgenössische Verfilmung eines alten Mythos zu erleben.

Delphi-Filmpalast mit »Undine« von Christian Petzold, Foto © Friedhelm Denkeler 2020

Nachdem die Lichtspieltheater nach dem Lockdown Mitte März im Juli wieder öffnen durften, geht unsere Kino- Abstinenz erstmal zu Ende. Aber so einfach ist das nicht mehr, zunächst einmal braucht man eine Yorck-Kino-App, die lief auf meinem ›alten‹ Smartphone nicht; also musste nach fünf Jahren ein neues her. Die App zu installieren ging noch zügig, aber die vorhandenen Daten mit der Jahreskarte vom Yorck-Kino zu übernehmen machte schon mehr Schwierigkeiten. Dann ging alles schnell: zwei nummerierte Lieblingsplätze gebucht, QR-Code enthalten, im Kino vorgezeigt und gemeinsam mit 22 Besuchern in einem Saal mit 784 Plätzen, also in vorbildlichem Abstand verteilt, das Öffnen des roten Vorhangs erwartend.

Welchen Film haben wir nun gesehen? Es war »Undine« von Christian Petzold. Die Uraufführung fand bereits am 23.02.2020 während der Internationalen Filmfestspiele in Berlin statt, dann aber kam der Lockdown. Das Warten hat sich gelohnt. Wir sahen einen ausgezeichneten Film mit Paula Beer als Undine; die für ihre Rolle auf der Berlinale einen Silbernen Bären erhielt. Undine arbeitet als Stadtführerin in Berlin und lebt in einem kleinen, unpersönlichen Apartment. Hinter ihrem gewöhnlichen Leben verbirgt sich aber ein schwerwiegendes Geheimnis. Als sie von ihrem Freund Johannes wegen einer anderen Frau verlassen wird, holt der Fluch sie ein.

»Paula Beer als Undine«, Foto © Friedhelm Denkeler
»Paula Beer als Undine«, Foto © Friedhelm Denkeler

Der Dicke und die kreolischen Girls

Von Friedhelm Denkeler,

1949 – Fats Domino: »The Fat Man«. Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt …

Fats Domino wurde von einem Trompeter des Duke Ellington-Orchesters in einem Club in New Orleans entdeckt, der ihm seine erste Plattenaufnahme »The Fat Man« verschaffte. Der Song entwickelte sich mit den Jahren zu einem ersten Millionenseller im Rhythm & Blues. Der Titel war selbstironisch zu verstehen, denn der Dicke brachte schon damals ein erhebliches Übergewicht auf die Bühne. Es war der Beginn einer mehr als zehnjährigen Plattenkarriere und eine der Gründungssingles des Rock’n’Roll. Weitere Songs von ihm sind zu benennen: Blueberry Hill, I’m Walkin’, Aint That A Shame, Walking to New Orleans, My Girl Josephine und Jambalaya (on the Bayou).

1949 – Fats Domino: »The Fat Man«, Fotos & Collage © Friedhelm Denkeler
1949 – Fats Domino: »The Fat Man«, Fotos & Collage © Friedhelm Denkeler
»Fats Domino im Jahr 1962», Quelle: Wikipedia
»Fats Domino im Jahr 1962», Quelle: Wikipedia

Domino, der sein Klavier im Boogie-Stil spielte, gehörte mit Little Richard und Chuck Berry zu den einflussreichsten Musikern der Frühphase des Rock’n’Roll. Er hat eine lange Liste von Musikern geprägt. Der Song »Lady Madonna« von den Beatles war eine Hommage an das Klavierspiel Dominos. Der fühlte sich so geehrt, dass er es gleich in sein Repertoire aufnahm.

Antoine ›Fats‹ Domino Jr. wurde 1928 als eines von acht Geschwistern geboren. Die Domino-Familie hatte einen französisch-kreolischen Hintergrund; das erklärt auch die Zeile »Watchin‘ all these creole gals« in »The Fat Man«.

1986 wurde er in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen; 2003 in die Blues Hall of Fame. Der Rolling Stone nahm ihn in seine Liste der 100 größten Künstler aller Zeiten auf. Außerdem verlieh ihm US-Präsident Bill Clinton 1998 die National Medal of Arts, die bedeutendste Künstlerauszeichnung, die der amerikanische Kongress verleiht. Für sein Lebenswerk wurde er mit einem Grammy ausgezeichnet. Domino starb im Alter von 89 Jahren in seinem Haus in seiner Heimatstadt New Orleans.

Als Kontrastprogramm zu Fats Domino erinnere ich mich für das Jahr 1949 an den Song »Capri Fischer« von Rudi Schuricke. Der deutsche Komponist Gerhard Winkler schrieb das Lied bereits 1943; der Text stammt von Ralph Maria Siegel, dem Vater des Komponisten Ralph Siegel. Rudi Schuricke sang das Lied 1943 bei Polydor auf Schallplatte ein. Kurz danach wurde die Wiedergabe des Stücks im Rundfunk verboten, da die US-Armee 1943 bereits auf Capri gelandet war. So richtig bekannt wurde das Lied erst mit den Wirtschaftswunder-Jahren.

Das Lied steht exemplarisch für die deutsche Italiensehnsucht. Viele Westdeutsche konnten nach dem Krieg erstmals Urlaub am Mittelmeer machen. Das Lied beginnt mit dem Bild der bei Capri im Meer versinkenden Sonne; auf einer Insel, die als das exotische Paradies auf Erden erscheint. Schlager wie dieser, während des Krieges geschrieben, versuchten dem entbehrungsreichen Leben, Ausblick auf eine angenehme Zukunft entgegen zu setzen. Spätere deutsche Schlager griffen das Sehnsuchtsmotiv gerne wieder auf und ein eigenes Genre entstand. Das ursprüngliche Lied aber wurde ein Evergreen und gehört bis heute zum festen Repertoire vieler Künstler.

Songtext – Fats Domino: »The Fat Man«

They call, they call me the fat man
'Cause I weight two hundred pounds
All the girls they love me
'Cause I know my way around

I was standin', I was standin' on the corner
Of Rampart and Canal
I was watchin', watchin'
Watchin' all these creole gals
Wah wah wah, wah wah
Wah wah waah, wah wah wah
Wah wah waah, wah wah wah
Wah wah wah
Wah waah wah

I'm goin', I'm goin' goin' away
And I'm goin', goin' to stay
'Cause women and a bad life
They're carrying this soul away
Anmerkung zur Kategorie »«

In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2027 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.

Eine Übersicht über alle Artikel der Kategorie finden Sie unter »«.

Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.

Ein Gebäude mit Ausleger und Musik im Osthafen

Von Friedhelm Denkeler,

»Gebäude mit Ausleger im Berliner Osthafen«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Gebäude mit Ausleger im Berliner Osthafen«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Während einer Schiffsfahrt über die Spree ist es unübersehbar und irritiert das Auge: Das spektakuläre Gebäude des deutsch-russischen Architekten Sergei Tchoban, der in Berlin unter anderem das Domaquaree und das Kino »Cubix« (beide in Mitte) entworfen hat. Der 36 Meter über die Spree hinausragende, dreigeschossige Ausleger scheint zu schweben. Der Blick von der Spree lässt zunächst nicht erkennen, was sich im Inneren des Hauses abspielt – aber mit dem Wort ›spielen‹ ist man auf dem richtigen Weg. Am Berliner Osthafen ›spielt‹ zwischen Universal, MTV, Modelabels und angesagten Clubs, die Musik.

Das Haus beherbergt seit 2010 das »nhow« – das sich als Musik- und Design-Hotel versteht und entsprechend ausgestattet ist. NH steht für die spanische Kette »Navarra Hoteles«. Im Inneren befinden sich zwei Tonstudios; Freizeitmusiker können eine Fender-Gitarre mit Verstärker (und Kopfhörer!) beim Roomservice bestellen und auch in den Badezimmern sollen Anschlüsse für eine Verbindung mit dem Tonstudio vorhanden sein. David Hasselhoff, der vor kurzem Berlin heimsuchte, hätte demnach unter der Dusche seinen neuesten Song aufnehmen können. Das Leitmotiv »Musik« zeigt sich auch in der hauseigenen Gallery: Anlässlich des 70. Geburtstags von Jimi Hendrix wurden Fotos von Frauke Bergemann über Hendrix´ letztes Konzert auf Fehmarn ausgestellt. nhow-Hotel

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Sonnenplatz am See

Von Friedhelm Denkeler,

»Sonnenplatz am See«, Britzer Garten, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2002
»Sonnenplatz am See«, Britzer Garten, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2002

Petrus und die Feuerwehr

Von Friedhelm Denkeler,

»Petrus und die Feuerwehr«, Foto + Grafik © Friedhelm Denkeler 2007
»Petrus und die Feuerwehr«, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2007
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Alles kommt aus dem Schwarz und verliert sich im Weiß

Von Friedhelm Denkeler,

Betrachtungen zum photographischen Bild

Alles kommt aus dem Schwarz und verliert sich im Weiß [Louis-Bertrand Castel, Mathematiker]

2001 ging bei mir das ›analoge Zeitalter‹ in der Photographie mit einer letzten Serie »Sechsundreißig Tower« (die auf Malta entstanden ist) auf einem KODAK Tri-X-Film zu Ende. Heute kann ich jederzeit wählen, ob eine Serie in Farbe oder Schwarzweiß dem gewählten Thema am nächsten kommt. Übrigens: Mittlerweile hat Leica eine reine schwarzweiße-Digital-Kleinbildkamera im Programm.

Die herkömmliche Schwarzweiß-Fotografie hat allerdings heute als Massenmedium ihre Bedeutung verloren, aber ein hohes Maß an Ansehen erhält sie nach wie vor in der künstlerischen Fotografie und im Film. Seit dem Oscar-Erfolg 2012 des Films ›The Artist‹ wird das Schwarz-Verfahren wieder sehr geschätzt. Schon vorher haben Regisseure wie Jim Jarmusch, Woody Allen (›Manhattan‹), Michael Haneke (›Das weiße Band‹) oder die Coen-Brüder in Schwarzweiß gedreht und besonders in sogenannte Arthouse-Filme werden immer wieder einzelne Sequenzen eingebaut.

»Fünf Schlafende«, aus dem Portfolio »Der Elmgeist«, Foto © Friedhelm Denkeler 1980
»Fünf Schlafende«, aus dem Portfolio »Der Elmgeist«, Foto © Friedhelm Denkeler 1980

Die bewusste Wahl von Schwarzweiß-Bildern zwingen zu konzentriertem Sehen. Dabei werden Licht und Schatten, sowie Flächen, Linien und Strukturen präsenter. Durch die betont grafische Wahrnehmung wirken die Bilder authentischer und glaubwürdiger, die Farbe lenkt oft von der eigentlichen Bildaussage ab. Und sie heben sich wohltuend von den Reklame- und Modebildern und von Amateur- und Hobby-Bildern ab. Ihre stärkere künstlerische Wirkung wird geschätzt.

Dabei geht es nicht um das Nachahmen aus nostalgischen Gründen oder um das extreme Übertreiben der heutigen Hobbyfotografen mit ihren schwarzweißen Aufnahmen, die unnatürlich scharf und zu kontrastreich sind, sondern um den Inhalt – die Bildaussage.

Beim Betrachten von Schwarzweiß-Bildern spürt der Betrachter eher als bei Farbe, dass dies nicht die Realität ist, sondern ein Bild und dass es bei der Bildaussage weniger um Dokumentation geht, sondern um die Stimmungen im Foto. Siehe auch der Artikel »Schwarzweiß hat viele Farben«.

 Die ganze Vielfalt, der ganze Reiz, die ganze Schönheit des Lebens besteht aus Schatten und Licht [Lew Nikolajewitsch Tolstoi]

Übersicht der Artikel der Kategorie »Texte zur Photographie«

Das Tempelhofer Feld

Von Friedhelm Denkeler,

»Tempelhofer Feld« (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Tempelhofer Feld« (ehemalig Flughafen Tempelhof), Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Die Geschichte des Fliegens auf dem Tempelhofer Feld begann um 1900 mit der Stationierung der militärischen Luftschifferabteilung. Im August 1909 startete hier während einer mehrwöchigen Flugschau der erste Zeppelin und landete anschließend in der Jungfernheide. Der Luftfahrtpionier Orville Wright führte Demonstrationsflüge durch und stellte dabei den Höhenweltrekord von 172 Metern auf. Der Ruf nach einem richtigen Flugplatz wurde immer lauter und es entstand ein erster in Johannisthal. Zu weit von der Stadtmitte entfernt, stellte man bald darauf fest und so begann 1922 der Bau eines Flughafens in Tempelhof.

1923 wurde der Flughafen Tempelhof offiziell in Betrieb genommen. Im ersten Jahr starteten 150 Flüge mit insgesamt 100 Passagieren. Tempelhof entwickelte sich zum wichtigsten Flughafen Europas und wurde auf Dauer zu klein. Planungen für den Zentralflughafen Tempelhof mit der heutigen Bebauung begannen. 1942 wurde der Weiterbau eingestellt. Die Gebäude wurden Teil der von den Nazis geplanten Nord-Süd-Achse für die “Welthauptstadt Germania”. Ingesamt war Tempelhof zu dieser Zeit der größte zusammenhängende Gebäudekomplex der Welt.

1945 übernahm die US-Air-Force den Flughafen Tempelhof von den sowjetischen Besatzern. Vom Juni 1948 bis zum Mai 1949 wurden alle Zufahrtswege nach Berlin (West) durch die Sowjets blockiert. Der Flughafen bekam während dieser Zeit eine völlig neue Bedeutung – die Berliner Luftbrücke entstand. Teilweise im 90-Sekunden-Takt starteten und landeten die Flugzeuge (“Rosinenbomber”), um die Versorgung von Berlin sicherzustellen. Ab 1950 wurde der Flughafen auch für die zivile Nutzung freigegeben. Die drei westalliierten Fluggesellschaften Pan Am, BEA und Air France flogen nun regelmäßig Tempelhof an. Mit dem Ende der Teilung Deutschlands und dem Baubeginn des neuen Flughafens Schönefeld endete am 30. Oktober 2008 der Flugbetrieb in Tempelhof.

Seit Mai 2010 ist das ehemalige Flughafen-Gebiet öffentlich zugänglich. Der Volksmund sagt “Wer am höchsten fliegt, sieht am weitesten”, das stimmt sicherlich. Für uns Städter allerdings ist auch der Besuch des Tempelhofer Feldes schon ein Ereignis an sich. Endlich können wir einmal den Horizont wahrnehmen und an die 2.500 Meter weit sehen. Kein Baum, Strauch und oder Gebäude, nichts stört die Sicht. 386 Hektar freies Feld bieten mitten in der Stadt eine grandiose Fernsicht.

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Ein Gruß aus der Sommerfrische

Von Friedhelm Denkeler,

»Schöne Aussicht mit Glashaus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009
»Schöne Aussicht mit Glashaus«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009

Die »Sommerfrische« macht ihrem Namen hier alle Ehre: Es ist Sommer und gleichzeitig frisch. Aber die Natur scheint sich dabei wohl zu fühlen, sie hat das aufgegebene Gewächshaus am Rande des Hestenbergs, dem ›Hausberg‹ von Plettenberg, inzwischen zurückerobert. Die klassische Sommerfrische wird übrigens im Wörterbuch der Brüder Grimm definiert als »Erholungsaufenthalt der Städter auf dem Lande zur Sommerzeit«. Leider ist das wohlklingende Wort mit dem Aufkommen des modernen Tourismus dem banalen Begriff »Urlaub« geopfert worden.

Die Gasdruckregelanlage vom Savignyplatz

Von Friedhelm Denkeler,

»Die Gasdruckregelanlage vom Savignyplatz«, aus der Serie »In den Straßen von Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Die Gasdruckregelanlage vom Savignyplatz«, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Heute beginne ich mit der neuen Serie »In den Straßen von Berlin«, der Titel ist selbsterklärend. Den Anfang macht der Savignyplatz mit dem 2007 neu erstellten Eingangshäuschen am Südrand des Gartendenkmals. In Anlehnung an historische Pläne baute die Gasag hier eine Gasdruckregelanlage ein und verzierte das Häuschen mit ›Kunst am Bau‹. Die Arbeit »Through the Looking Glass« stammt von der Berliner Künstlerin Ute Lindner. Anstelle des ehemaligen Durchgangs zum Park befindet sich hier nun eine Personengruppe als Hintergrundmalerei auf Glas, die in einen imaginären Raum Richtung Park sieht. Abends sind die Menschen als Schatten vor der blau beleuchteten Wand zu sehen. Auf der Rückseite des Gebäudes erblickt man dieselbe Gruppe von vorne. Zentrales Thema der Arbeiten von Ute Lindner ist die ›Spiegelung‹.

Der Spiegel ist nämlich eine Utopie, sofern er ein Ort ohne Ort ist. Im Spiegel sehe ich mich da, wo ich nicht bin: in einem unwirklichen Raum, der sich virtuell hinter der Oberfläche auftut; ich bin dort, wo ich nicht bin, eine Art Schatten, der mir meine eigene Sichtbarkeit gibt, der mich mich erblicken lässt, wo ich abwesend bin: Utopie des Spiegels.  [Michel Foucault, »Andere Räume«]

Through the Looking GlassWeitere Arbeiten von Ute Lindner

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Zero auf der Feuerbachbrücke

Von Friedhelm Denkeler,

»Zero auf der Feuerbachbrücke«, Berln-Steglitz, aus der Serie »Berliner Stadtgänge«, Foto © Friedhelm Denkeler 2015.
»Zero auf der Feuerbachbrücke«, Berln-Steglitz, aus der Serie »Berliner Stadtgänge«, Foto © Friedhelm Denkeler 2015.

Naturszenen wirken entspannend

Von Friedhelm Denkeler,

»Der Apfelgarten« (Britzer Garten, Berlin), Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Der Apfelgarten« (Britzer Garten, Berlin), Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Idyllische Bilder synchronisieren bestimmte Hirnbereiche

Ein idyllischer Obstgarten – welch entspannende Wirkung Naturszenen in uns auslösen, ist bekannt. Dies hat jetzt auch die Wissenschaft mit einer Studie bestätigt. Unruhig wirkende Fotos von zum Beispiel vielbefahrenen Straßen heben diesen beruhigenden Aspekt wieder auf. Die ”ruhigen”  Bilder hingegen lösen eine verstärkte Synchronisierung bestimmter Hirnbereiche aus. Zu diesem Zweck beobachteten die Wissenschaftler mit Hilfe der sogenannten funktionalen Magnetresonanztomographie (fMRT) gezielt die Hirnaktivität von Testpersonen, während diese verschiedene Bilder betrachteten. Sie stellten dabei fest, dass sich bestimmte Bereiche des Hirns miteinander vernetzen. Chaotische Bilder zerstörten den Effekt wieder. Ich aber finde, dass die Betrachtung von Bildern, egal ob in einem Kunstbuch oder in einer Ausstellung, unabhängig von Sujet und Inhalt, immer entspannend ist, weil sie eine kleine Flucht aus dem Alltag ermöglicht.

Ein Leben durch die rosarote Brille

Von Friedhelm Denkeler,

1948 – Edith Piaf: »La Vie En Rose«. Der 1,50 Meter große Spatz von Paris wurde nur 47 Jahre alt, aber weltberühmt.

Edith Piaf (*1915, †1963) hat in der Anfangszeit ihrer Karriere ausschließlich Fremd-Kompositionen gesungen. Mitte der 1940er Jahre kam sie auf die Idee, selbst ein Lied zu schreiben; ihre Pianistin und Arrangeurin und andere Kollegen reagierten skeptisch. Piafs Freundin und später das Live-Publikum waren von »La Vie En Rose« aber überzeugt. Der Text beschreibt die klischeehafte Verherrlichung der Gefühle einer verliebten Person durch ihre rosarote Brille. 1948 erschien die Single »La Vie En Rose« in Frankreich und ein Siegeszug um die ganze Welt begann.

1948 – Edith Piaf: »La Vie En Rose«, Fotos & Collage © Friedhelm Denkeler
1948 – Edith Piaf: »La Vie En Rose«, Fotos & Collage © Friedhelm Denkeler

Das Chanson wurde in mindestens zwölf Sprachen übersetzt. Insgesamt gab es allein 28 Versionen auf Deutsch, darunter von Lale Andersen, Nana Mouskouri und Marlene Dietrich. In über 32 Kinofilmen wird der Titel verwendet, so in Oliver Stones »Natural Born Killers« oder in Spielbergs »Soldat James Ryan«. 1977 erfand eine andere Diva den Song noch einmal neu: Grace Jones spielte eine Disco-Version ein und 2018 versuchte sich Lady Gaga an dem Titel. 2007 wurde der Film »La vie en rose« mit Marion Cotillard als Piaf auf den Filmfestspielen Berlin gezeigt.

Single Edith Piaf »La Vie en rose«, 1948, Foto © Friedhelm Denkeler
Single Edith Piaf »La Vie en rose«, 1948, Foto © Friedhelm Denkeler

Millionen von Menschen lagen Piaf zu Füßen, freuten sich, wenn sie glücklich war und bangten mit ihr wenn das Schicksal wieder einmal zuschlug. Vom Alkohol kam sie schließlich los, aber das viele Morphium verkraftete ihr Körper wohl nicht. Das Chanson »Non, Je Ne Regrette Rien« war ihr Lebensmotto: Nein, ich bereue nichts.    

Piaf nahm neben den oben erwähnten, über 200 Songs auf Schallplatte auf. In Deutschland war ihr bekanntestes, das 1959 entstandene Stück »Milord«, das von ihrem Freund Georges Moustaki getextet wurde. »Hinter dieser Stirn eines Bonapartes und unter dieser äußerlich so zerbrechlichen Hülle verbirgt sich ein Wunder. Eine gewaltige Stimme und eine emotionale Kraft, die weiter wirken, wenn sie nicht mehr unter den Lebenden weilt«, diese Worte hat Jean Cocteau noch zu Lebzeiten über Edith Piaf verfasst.

Songtext – Edith Piaf: »La Vie En Rose«

Des yeux qui font baisser les miens,
Un rire qui se perd sur sa bouche,
Voilà le portrait sans retouche
De l'homme auquel j'appartiens

Quand il me prend dans ses bras
Il me parle tout bas,
Je vois la vie en rose.
Il me dit des mots d'amour,
Des mots de tous les jours,
Et ça me fait quelque chose.

Il est entré dans mon cœur
Une part de bonheur
Dont je connais la cause.
…
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