Fritz Rau hatte den Blues …

Von Friedhelm Denkeler,

… und brachte die Rockmusik nach Deutschland

"Jimi Hendrix im Berliner Sportpalast – Plakat", Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Jimi Hendrix im Berliner Sportpalast«, Plakat, Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Sein erstes Jazz-Konzert veranstaltete Fritz Rau 1955 mit Albert Mangelsdorff. Seit 1963 arbeitete er mit Horst Lippmann in der Konzertagentur Lippmann + Rau zusammen. Die Tourneen der Rolling Stones organisierte er ab 1970 und zum Dank erhielt Rau von ihnen ein silbernes Tablett mit der Inschrift To Fritz with Thanks from the Rolling Stones. Sein Lieblingslied war und blieb natürlich ein Bluessong aus dem Jahr 1960 von dem er sagte, den »könnt ihr einem Marsmenschen vorspielen, und sofort würde der begreifen, was Blues ist« [Der Tagespiegel]. Muddy Waters: »Five Long Years«

Die Großen des Jazz und Blues, wie Ella Fitzgerald, Nat King Cole, Duke Ellington, Muddy Waters, Miles Davis, Janis Joplin und später die Heroen des Rock und Pop, wie The Doors, Frank Zappa, Jimi Hendrix (siehe Plakat), Bob Dylan, The Who, Queen, Tina Turner, Madonna, Bruce Springsteen und viele andere holte Fritz Rau nach Deutschland.

Aber genau so engagiert setzte er sich auch für die deutsche Rock- und Popmusik, wie Udo Lindenberg und Peter Maffay, ein. Wahrscheinlich wusste Rau selber nicht, wie viele Konzerte er veranstaltet hat; an die 6000 sollen es gewesen sein. 2004 zog sich Fritz Rau dann aus dem aktiven Geschäft zurück; letzte Woche ist er im Alter von 83 Jahren im Taunus gestorben.

Der Dümmer brennt noch immer

Von Friedhelm Denkeler,

"Auf dem Campingplatz in Hüde (Dümmer-See)", Foto © Friedhelm Denkeler 1963
»Auf dem Campingplatz in Hüde«, Dümmer-See, Foto © Friedhelm Denkeler 1963

Nach dem Bierbrunnenfest in Lübbecke (siehe hier) wartete in meiner Jugendzeit in Ostwestfalen vor fünfzig Jahren das nächste sommerliche Highlight auf mich: Der Dümmerbrand – Das traditionelle Höhen-Feuerwerk in Hüde am Dümmer-See. Den See gibt es auch heute noch und so wird er auch in diesem Jahr am 24. August 2013 mit vielen Ahhs und Ohhs den Dümmerbrand überstehen.Mit dem Fahrrad starteten wir stets einen Tag zuvor die 25 Kilometer von Rahden auf der Landstraße 765/346 quer durch das Oppenweher Moor bis Lemförde, dann noch ein kurzes Stück auf der Bundesstraße 51 bis Hüde. Auf dem Campingplatz am Dümmer See wurde das Zelt aufgeschlagen. Per pedes erkundeten wir auf dem Deich den See und per Tretboot sahen wir uns vom See aus das Ufer an. Am Samstagabend gegen 22 Uhr folgte dann der Höhepunkt: ein gigantisches Feuerwerk. Am Sonntag ging unser Fahrrad-Kurzurlaub zu Ende. Und der Montag war wie immer ein Montag.

»Tag des Dümmerbrands«, (Selbst), Hüde am Dümmer-See, 01.09.-02.09.1963, Foto © Friedhelm Denkeler 1963
»Tag des Dümmerbrands«, (Selbst), Hüde am Dümmer-See, 01.09.-02.09.1963, Foto © Friedhelm Denkeler 1963

Das Bier entscheidet – Nicht nur die Bundestagswahl, sondern auch den Tag des Bierbrunnens in Lübbecke

Von Friedhelm Denkeler,

"Lübbecke – Die Stadt des Bierbrunnens", Foto © Friedhelm Denkeler 1963
»Lübbecke – Die Stadt des Bierbrunnens«, Foto © Friedhelm Denkeler 1963

Wer sich mal wieder über die Überschrift wundert, dem sei gesagt, dass der SPD-Slogan »Das Wir Entscheidet« von den Jusos in »Das Bier Entscheidet« umgewandelt wurde. Und alljährlich findet im August auch in Lübbecke (Ost-Westfalen) ein dreitägiges Fest zu Ehren des Bieres statt – das berühmte Bierbrunnenfest.

Ob wie vor fünfzig Jahren im Sommer 1963, in dem meine Fotos vom Bierbrunnenfest entstanden sind, auch heute noch dieselbe Kapelle spielt, ist nicht festzustellen. Wir waren aber damals dabei und freuten uns ob knapper Kasse über die die Frei-Biere, die wir ergattern konnten.

1954 wurde der »Tag des Bierbrunnen« erstmals gefeiert. Brauer in ihrer Zunfttracht zapften sieben Stunden lang kostenlos Bier der Barre-Brauerei für die Besucher. In der damaligen Urkunde heißt es: »Der Stadt Lübbecke in Westfalen stiftet die Familie Barre, Lübbecke, zum ehrenden Gedenken an den Brauereibesitzer Ernst Ludwig Barre (* 1881; † 1937) einen Bierbrunnen, der am 29. August 1954 eingeweiht wird«.

Damals stand das Freibier der Barre-Brauerei im Mittelunkt des Geschehens. Mittlerweile hat es sich zu einem dreitägigen Rummel entwickelt, der Gerstensaft ist natürlich auch nicht mehr kostenlos und ich bin froh 1968 nach Berlin gegangen zu sein.

"Der Bierbrunnen am Marktplatz in Lübbecke", Foto © Friedhelm Denkeler 1963
»Der Bierbrunnen am Marktplatz in Lübbecke«, Foto © Friedhelm Denkeler 1963

Die Schönheit des Dienstagnachmittag

Von Friedhelm Denkeler,

Photographien von Hildegard Ochse in Potsdam

So gently swaying through the fairy-land of love, If you could just come with me and see the beauty of Tuesday afternoon. [Moody Blues]

Der heißeste Ort des Kalten Krieges war vor 52 Jahren Berlin: Die Mauer wurde am 13. August 1961 gebaut. Sie trennte die Stadt 28 Jahre. Seit 24 Jahren ist sie nur noch Geschichte. Heute, an einem schönen Dienstagnachmittag, war es auf der Fahrt nach Potsdam nicht ganz so heiß, aber immer noch sommerlich. Begleitet wurden wir mit der Musik von den Moody Blues. Passend zum heutigen Tag habe ich den Song Tuesday Afternoon aus dem Jahr 1968 herausgesucht: The Moody Blues: »Tuesday Afternoon«

Und passend zum Gedenktag 13. August haben wir die Ausstellungseröffnung WENDEZEIT 1989-1991 mit Photographien von Hildegard Ochse im Landtag Brandenburg in Potsdam (siehe ausführlicher Artikel Die “WENDEZEIT 1989-1991″ im Landtag Brandenburg) besucht.

Tuesday Afternoon wurde erstmals 1967 auf dem Album Days of Future Passed veröffentlicht. Dieses Konzeptalbum hatte unter der Mitwirkung eines Sinfonieorchesters großen Erfolg und gilt bis heute als Meilenstein unter den Konzeptalben. Zwei Singles wurden ausgekoppelt: Nights in White Satin und Tuesday Afternoon. Das sieben Minuten lange Nights in White Satin wurde zum berühmtesten Song der Band. Erst mit der Neuveröffentlichung der LP und Single im Jahr 1972 wurden die Moodys richtig bekannt.

"Glienicker Brücke", Foto © Friedhelm Denkeler 2002
»Glienicker Brücke«, Foto © Friedhelm Denkeler 2002

Nach einem Zwischenstopp auf dem Krongut Bornstedt und auf der Rückfahrt nach Berlin über die Glienicker Brücke, an der auch eine Gedenkveranstaltung zum Mauerbau stattfand, war unser Lieblingssong dann The Moody Blues: »Question« aus dem Jahr 1970. Der Song besteht aus einem rasanten (lauten) und einem langsamen (leisen) Abschnitt. Angeblich ist das Stück aus zwei halb abgeschlossenen Songs entstanden; mit einem einfachen Akkordwechsel wurden sie zu einem verschmolzen.

Die WENDEZEIT 1989-1991 im Landtag Brandenburg

Von Friedhelm Denkeler,

Photographien von Hildegard Ochse in Potsdam
Vernissage am 13. August 2013

Die Ausstellung WENDEZEIT 1989-1991 mit Arbeiten der Berliner Fotografin Hildegard Ochse beleuchtet die ereignisreichen Monate der friedlichen Revolution in vier Sequenzen: Die Berliner Mauer während der Öffnung im November 1989, ein Rundgang durch die Dörfer und Städte Brandenburgs im Frühjahr 1990, Kinderportraits von 1990/91 und der Zerfall von Mauer und Grenzanlagen im Jahr 1990. Die in dokumentarischem Schwarz-Weiß gehaltenen Fotografien verklären nichts. Greifbare Erleichterung der ersten Tage nach der Maueröffnung mischt sich mit den Zumutungen der Provisorien dieser Tage.

"Metamorphose", 1990, bei Potsdam, Foto © Hildegard Ochse
»Metamorphose«, 1990, bei Potsdam, Foto © Hildegard Ochse

In starkem Kontrast zu dem schnellen Gang der Ereignisse steht der Alltag im Brandenburgischen. Die Menschen in Ochses Bildern sind aufgebrochen, aber noch nicht angekommen. Am Ende liegt die Mauer sinnentleert, vergessen und von erstem Unkraut überwuchert im ehemaligen Todestreifen. In der gezeigten Auswahl von rund 40, zum Teil bisher unveröffentlichten, Vintage-Fotoarbeiten klingt die Wucht des gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs nach, ohne dass Neues Zeit hatte zu wachsen.

Über die Fotografin Hildegard Ochse

Nach ersten autodidaktischen Versuchen beginnt Hildegard Ochse ihre fotografische Ausbildung 1979 in der seit einigen Jahren etablierten Werkstatt für Photographie in der Friedrichstraße. Neben dem regulären Unterricht besucht sie die Workshops der Amerikaner Lewis Baltz, John Gossage, Ralph Gibson und Larry Fink. Zur selben Zeit kommt im Zusammenhang mit dem fotografischen Dokumentarismus der von Klaus Honnef eingeführte Begriff der Autorenfotografie auf.

"Hildegard Ochse während des Workshops mit Andre Gelpke in der Werkstatt für Photographie" (Ausschnitt), Berlin-Kreuzberg, 06.12.1980, Foto © Friedhelm Denkeler
»Hildegard Ochse während des Workshops mit Andre Gelpke in der Werkstatt für Photographie« (Ausschnitt), Berlin-Kreuzberg, 06.12.1980, Foto © Friedhelm Denkeler

Auch Hildegard Ochse macht sich das auf die Autonomie des Fotografierenden zielende Grundverständnis zu eigen, nachvollziehbar in der Serie der Stadtvegetation. Neben den hier erstmals geschlossen vorgestellten Wendezeit-Themen fotografiert sie mehrere Serien im Ausland. Stilistisch bleibt Hildegard Ochse dem fotografischen Dokumentarismus weiter verbunden; sie behandelt die im Zentrum ihres Interesses stehenden Sujets Natur, Porträt und Topographie jedoch weniger als ästhetische Oberflächen denn als Sinnbilder mit metaphorischen Dimensionen. Ihre Fotografien zielen auf das, was sich hinter dem Augenscheinlichen befindet. [Quelle: Presseerklärung]

Ausstellung vom 13. August bis zum 24. September im Präsidialbereich des Landtages Brandenburg, Am Havelblick 8, 14473 Potsdam, Mo-Fr 8 bis 17 Uhr. Die Eröffnung findet am 13. August 2013 um 12.30 Uhr statt. www.hildegard-ochse.de, siehe auch Artikel Das Vermächtnis einer Autorenfotografin.

Auf den Bühnen dieser Welt …

Von Friedhelm Denkeler,

»Auf den Bühnen dieser Welt sind Politiker Darsteller und die Wirtschaft führt Regie«, gefunden in Friedrichshain am Spreeufer, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2013
»Auf den Bühnen dieser Welt sind Politiker Darsteller und die Wirtschaft führt Regie«, gefunden in Friedrichshain am Spreeufer, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2013
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Bogota – Wieder verschwindet ein Stück Berliner Westen

Von Friedhelm Denkeler,

Petition »Das Hotel Bogota soll leben«

Sie schlafen in heiligen Räumen [Helmut Newton]

"Hotel Bogota in der Schlüterstraße", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Hotel Bogota in der Schlüterstraße«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Nach den Kinos Gloria-Palast (jetzt: Modekette), Marmorhaus (jetzt: Modekette), Kurbel (jetzt: Öko-Supermarkt), Filmbühne Wien (jetzt: Apple-Store) und den Cafés Kranzler und Möhring soll wieder ein gewachsenes Stück West-Berlin verschwinden: Das Hotel Bogota mit seinem Forum für Fotografie, mit Lesungen und Kulturveranstaltungen in der Schlüterstraße 45, Ecke Kurfürstendamm.

Das denkmalgeschützte Gebäude in der Schlüterstraße wurde 1911 als Wohnhaus errichtet und beherbergte u.a. in den 1920er Jahren den Unternehmer Oskar Skaller, dessen legendäre Feste mit einem Auftritt von Benny Goodman gekrönt wurden. 1936 betrat Helmut Newton erstmals das Haus, um eine Fotolehre bei YVA zu beginnen.

Die auf den bürgerlichen Namen getaufte Elisabeth Neuländer und später verheiratete Neuländer-Simon, die in der Welt der Modefotografie als YVA berühmt wurde, war bekannt für ihre avantgardistischen Modeaufnahmen, die in zahlreichen Magazinen publiziert wurden. Ihr Atelier erstreckte sich über zwei Etagen und nachdem sie begonnen hatte auch berühmte Persönlichkeiten zu porträtieren, gingen diese im Atelier ein und aus. 1938 erhielt sie als Jüdin Berufsverbot und musste das Atelier schließen. Der gesamte Archiv wurde im Krieg zerstört.

Der Propriétaire des Hotels Bogota Joachim Rissmann, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
Der Propriétaire des Hotels Bogota Joachim Rissmann, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Der Propriétaire des Hotels Joachim Rissmann setzt in seinem Hotel die fotografische Tradition des Hauses fort. Seit 1994 veranstaltet er mit seinem Photoplatz in mehreren Räumen wechselnde Fotoausstellungen. Er betont stets, kein Galerist zu sein, sondern möchte neben dem Hotelbetrieb die Erinnerungen an die Geschichte des Hauses lebendig halten. Und das gelingt ihm wirklich. Es herrscht eine angenehme, familiäre und wohnliche Atmosphäre im gesamten Hotel.

Gerade die Ecke Kurfürstendamm/ Schlüterstraße ist mittlerweile zum Spekulationsobjekt verkommen. Und nun ist scheinbar das Hotel Bogota dran. Nachdem dann die üblichen Büros und Luxusläden eingezogen sind, bleibt als Feigenblatt nur noch eine Gedenktafel übrig, die an die Geschichte des Hauses und ihrer Bewohner erinnert.

Das mindeste, was man tun kann, ist die Petition »Das Hotel Bogota soll leben« an den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und Staatssekretär Dr. André Schmitz zu unterzeichnen. Viva Bogota!

In YVA's Atelier im Hotel Bogota, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
In YVA’s Atelier im Hotel Bogota, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Aus den Kommentaren der Unterzeichner der Petition »Das Hotel Bogota soll leben«:

So einen Ort wie das Hotel Bogota wird es nie wieder geben | Das Hotel Bogota ist ein Stück der Kulturgeschichte Berlins | Berlin kann nicht einerseits eine Themenjahr „Zerstörte Vielfalt ausrufe, während es andererseits zulässt, dass diese Vielfalt munter weiter zerstört wird | Das Haus hat es nicht verdient, das seine Geschichte in Büchern verpackt vergessen wird |

Es wäre schön, wenn einmal nicht die Geldvermehrung das Wichtigste wäre | Erinnerung braucht lebendige Orte | Atmosphäre entsteht nicht mit einem Fingerschnips, sie bildet sich über einen langen Zeitraum hinweg durch die Menschen, die einen Ort lieben und beleben | Bitte nicht alleine Raum für Konsum schaffen, sondern auch zum leben lassen |

Ohne das Hotel Bogota würde diese Stadt einen weiteren Ort der Ausstrahlung und Wärme verlieren | Hier begegnet man Globetrottern, Künstlern, Intellektuellen und Genießern aller Art | Ein wunderbarer Ort, betrieben von einer engagierten Familie mit einem Auge für Kunst und Fotografie. www.bogota.de

Neun Tage Liebe und Frieden im Kalten Krieg

Von Friedhelm Denkeler,

X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten vom 28. Juli bis zum 5. August 1973 in Ost-Berlin

"Munteres Treiben unter der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz", Foto © Friedhelm Denkeler 1973
„Munteres Treiben unter der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz“, Foto © Friedhelm Denkeler 1973

Acht Millionen Besucher und 25.000 geladene Gäste aus 140 Ländern feierten im Sommer 1973 das Woodstock des Ostens in Ost-Berlin. Auf 95 Bühnen waren Lieder der Singeklubs zu hören; es spielten Jugendblasorchester und Beatbands.

Bis in die frühen Morgenstunden herrschte auf den Straßen und Plätzen der Stadt ein munteres Treiben. Die DDR-Führung wollte sich unter Honecker liberal und weltoffen präsentieren. Nach den Spielen war es damit bald wieder vorbei.

Die Volkspolizisten und natürlich auch die Stasi sollten sich möglichst zurückhalten, bzw. unauffällig bleiben. So nutzten die DDR-Jugendichen ihre ungewohnte Freiheit zum Austausch politischer und kultureller Meinungen mit der Jugend der Welt.

Regierungskritische Jugendliche wurden bereits vor den Spielen an der Teilnahme gehindert, wurden festgesetzt oder erhielten ein Einreiseverbot nach Ost-Berlin. Regierungsfeindliche Transparente oder Flugblätter waren natürlich nicht zu sehen und es gab – wie erwartet – keine Zwischenfälle.

Auch das DDR-Fernsehen zeigte sich international und freizügig: Um Mitternacht liefen erotische Filme aus Italien im Programm und im Jugendstudio DT64 des Radios wurden internationale Hits gespielt. Beides sahen und hörten wir natürlich auch in West-Berlin.

"Demonstration der DDR-Jugend", Foto © Friedhelm Denkeler 1973
»Demonstration der DDR-Jugend«, Foto © Friedhelm Denkeler 1973
"X. Weltfestspiele in Ost-Berlin", Foto © Friedhelm Denkeler 1973
»X. Weltfestspiele in Ost-Berlin«, Foto © Friedhelm Denkeler 1973
"Blaue Hemden", Foto © Friedhelm Denkeler 1973
»Blaue Hemden«, Foto © Friedhelm Denkeler 1973

Mick ›Lonely at the Top‹ Jagger

Von Friedhelm Denkeler,

Angel in My Heart – Zum 70. Geburtstag von Sir Mick Jagger

Mick Jagger verkörpert das Versprechen darauf, dass die Party nie zu Ende geht. [taz]

Heute wird er 70 Jahre und steht seit 50 Jahren den Rolling Stones als Frontmann vor: Mick Jagger. 2003 wurde er für seine Verdienste um die populäre Musik zum Ritter geschlagen und darf jetzt den Titel Sir tragen.

"Angel in My Heart", Foto © Friedhelm Denkeler 1984
»Angel in My Heart«, Foto © Friedhelm Denkeler 1984

Zum Ehrentag habe ich einen weniger bekannten Song aus seinem dritten Soloalbum Wandering Spirit aus dem Jahr 1993 herausgesucht: Mick Jagger: »Angel in My Heart«

Im Video ist die Studioaufnahme zu hören und der Songtext wird eingeblendet. Eine Liveaufnahme finden Sie hier. Seinen letzten Auftritt hatte Mick mit den Rolling Stones kürzlich im Londener Hyde-Park. Sie spielten hier bereits schon einmal vor 44 Jahren.

Der focus meint: »Unbestritten der Pfau auf der Bühne aber war Jagger. Sein Mund so groß wie der Eingang zum Gotthard-Tunnel, die Stimme fordernd und arrogant, federnd und tänzelnd der Gang. Ein Mann, so mager wie ein indischer Asket, aber mit der Präsenz eines ungeschlagenen Gladiators«.

Arne Willander schreibt im Rolling Stone: »In der Skandalbiografie Mick führt Christopher Andersen neben den bekannten turbulenten Ehen mit Bianca Jagger und Jerry Hall Affären sowie bekannten Amouren mit Marianne Faithfull und Uschi Obermaier, auch Affären mit Angelina Jolie, Sophie Dahl, Carly Simon, Linda Ronstadt, Uma Thurman, Carla Bruni, Madonna und David Bowie auf.«

Zum Schluss noch ein Song aus Jaggers ersten Soloalbum She’s the Boss aus dem Jahr 1985: Mick Jagger: „Lonely at the Top“. Siehe auch Ein halbes Jahrhundert Rolling Stones.

I can feel the salt on my skin
I can hear the birds on the wing
I can smell the wood on the fire
I can see the smoke of desire
Let me in your dreams
Angel in my heart, Angel in my heart

Bewegende und ästhetische Kampfkunst

Von Friedhelm Denkeler,

Ein Liebesgefecht zwischen Mann und Frau im neuen Film »Grandmaster« von Wong Kar-Wai

Kung Fu – Zwei Worte, waagerecht und senkrecht; nur der gewinnt der stehen bleibt (wenn alle anderen am Boden liegen)

"Die fliegenden Menschen" (Tomás Saraceno: Cloud Cities), Foto © Friedhelm Denkeler 2011
»Die fliegenden Menschen« (Tomás Saraceno: Cloud Cities), Foto © Friedhelm Denkeler 2011

Wong Kar-Wai setzt in seinem aktuell in den Kinos laufenden Martial-Arts-Film die Biografie von Ip Man (Tony Leung), dem Kung-Fu-Lehrer von Bruce Lee, in Szene. Die Geschichte erzählt von Ip Man, der durch seinen Widerstand gegen die Japaner in China zum Volkshelden wurde und von seiner romantischen, aber unmöglichen Liebe zu Gong Er (Zhang Ziyi).

Der Film eröffnete wenige Tage nach seiner endgültigen Fertigstellung (und nach einer Drehdauer von einigen Jahren) die diesjährigen Berliner Filmfestspiele.

Die Bilder des Films wird man nicht so schnell vergessen: Die Kämpfe im Schneetreiben und nächtlichen Regen sind aber nicht Wong Kar-Wais eigentliches Anliegen, sondern Stimmung, Sinnlichkeit und Sehnsucht. In den 123 Minuten wird nicht in der realen Welt gekämpft, sondern in den Gefühlsbereichen der Akteure. Die Außenräume sind deshalb auch nur schemenhaft auszumachen.

Hier wird Martial Arts ästhetisch zum Ballett in Zeitlupe stilisiert. Kaum Gewalt, nur ein einziger Tropfen Blut fällt in extremer Zeitlupe in Großaufnahme in eine Wasserpfütze. Der Film wird nicht das große Publikum finden: Für Zartbesaitete gibt es zu viel Kampf, der durch die Zeitlupe monoton wirken kann und für die Action-Fans ist der Film zu harmlos.

Ganz am Ende erinnern sich die beiden unglücklich verliebten Kampfkünstler an ihre Kindheit, an ihre ersten Übungsstunden beim Meister bzw. beim Vater. Die Möglichkeit der Liebe ist vorhanden, aber sie erfüllt sich nicht, wie in allen Filmen von Wong Kar-Wai. Ein großer, sehenswerter Kampfkunst-Kunst-Film, natürlich wieder mit der Musik von Shigeru Umebayashi. Trailer

Ein Lebenszeichen von C|O Berlin … am Amerikahaus

Von Friedhelm Denkeler,

Der neue Platz für Photographie ab Frühjahr 2014

"Open-Air-Ausstellung von C|O vor dem Amerika-Haus", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Open-Air-Ausstellung von C|O vor dem Amerika-Haus«, Berlin, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Die C|O-Galerie musste bekanntlich das Postfuhramt in Mitte im März 2013 räumen. Aber es geht weiter.

Gestern Abend meldeten sich die Galeristen zurück und eröffneten Open Air vor der Baustelle des Amerika-Hauses in der Hardenbergstraße am Bahnhof Zoo eine Ausstellung unter dem Titel »Bourgeoisie, Swing und Molotow-Cocktails«.

Die Ausstellung mit 15 doppelseitigen Displays und 120 Fotografien zeigt die Geschichte des Amerikahauses im Wandel von über fünfzig Jahren. Sie ist noch bis zum 15. September 2013 zu sehen. Weitere werden folgen.

Das Amerika-Haus wurde 1957 als Kultur- und Informationszentrum der USA, einschließlich Kino, Bibliothek und Ausstellungsflächen eröffnet. Zu sehen waren hier u.a. die Werke von Robert Rauschenberg, Frank Lloyd Wright, Jackson Pollock, Lyonel Feininger und William Eggleston, dem Wegbereiter der künstlerischen Farbfotografie.

In den 1968er Jahren war das Haus Ziel vieler antiamerikanischer Demonstra-tionen, aber bereits am 5. Februar 1966 wurde das Haus anlässlich einer Anti-Vietnamkriegs-Demo mit Eiern beworfen, später folgten Molotov-Cocktails. Seitdem gehörten Polizei, Kontrollen und Zaunsysteme zum Besuch des Hauses. 2006 übergaben die USA das Gebäude der Stadt Berlin, die es nun für 16 Jahre an C|O vermietet hat.

"Stephan Erfurt präsentiert das aus dem Postfuhramt gerettete Schild", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Stephan Erfurt präsentiert das aus dem Postfuhramt gerettete Schild«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

In der Nähe zum Museum für Fotografie/der Newton Foundation (Jebensstraße), der Galerie Camera Work (Kantstraße), der Universität der Künste (Hardenbergstraße) und dem Hotel Bogota (dazu demnächst mehr) entsteht nun ein einzigartiger Kultur-Cluster für fotografische Ausstellungen und Veranstaltungen.

Einzug und Eröffnung von C|O im Amerika-Haus mit einer Ausstellungsfläche von 2.000 Quadratmetern (ähnlich wie im bisherigen Postfuhramt) sind nach der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes für das Frühjahr 2014 geplant.

Im Stil der 1950er Jahre wird behutsam renoviert; so sollen auch die Solnhofer Fliesen, die sich unter diversen Bodenschichten befinden, wieder freigelegt werden.

»Erstmals in unserem Leben können wir über ein Jahr hinaus planen« freute sich der Leiter von C|O Berlin bei der gestrigen Eröffnung, während er stolz das gerettete Schild vom Postfuhramt präsentierte. www.co-berlin.info, siehe auch mein Artikel: Von der Mitte in den Westen

»Wall On Wall« an der East Side Galerie

Von Friedhelm Denkeler,

"Wall On Wall", Kai Wiedenhöfer, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Wall On Wall«, Kai Wiedenhöfer, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Es geht Kai Wiedenhöfer nicht nur um Mauern. Es geht ihm darum zu zeigen, dass Mauern keine politische Lösung eines Konfliktes bedeuten, sondern für das Versagen von Politik stehen, einen Konflikt zu lösen, überall in der Welt … Mauern sind deshalb unmenschlich, gleich in welcher baulicher Ausführung oder ideologischer Begründung sie daherkommen. [Franz Schulz, Bezirksbürgermeister Friedrichshain-Kreuzberg].

Die Ausstellung ist noch bis zum 13.09.2013 auf der Rückseite der East Side Gallery zu sehen, bis dahin dürfte sie aber, wie gehabt, mit wildem Gaffitti wieder verunstaltet werden. Nicht nur die Mauer hat zwei Seiten, auch das Fotoprojekt ist umstritten, denn die Hinterlandmauer an der Mühlenstraße ist ein 1,3 Kilometer langes Denkmal. Solche Projekte werden dem Denkmalsgedanken sicher nicht gerecht und eine weitere Verwahrlosung der Gegend könnte die Folge sein.

Das zeigt sich auch daran, dass für geplante Luxushäuser an der Spree bereits mehrere Breschen in das Mauerdenkmal geschlagen wurden. Das Spreeufer muss für alle frei zugängig bleiben. Aber die Forderung der Künstlerinitiative East Side Gallery, dass die Rückseite der Mauer, wie vor 1990, weiß bleiben muss, ist illusorisch. Weitere Graffiti und sich an der Mauer verewigende Touristen werden folgen.

Gefühl und Härte in der wilden Zeit

Von Friedhelm Denkeler,

Ein Sittengemälde der Zeit nach dem Mai 1968 von Olivier Assayas

Wer mit Politik umgeht, hat mit klaren Ideen zu tun. Wer seine Kunst ausübt, hat mit widersprüchlichen, mit mysteriösen, ja vielleicht obskuren Ideen zu tun. Er darf mit mehreren Stimmen sprechen. [Olivier Assayas]

Der Sponti-Spruch aus den 1970er Jahren »Gefühl und Härte« beschreibt die Grundtendenz des neuen Films von dem französischen Regisseur Olivier Assayas »Die wilde Zeit« schon sehr gut. Er spielt in der Zeit des »Après Mai« (so der französische Original-Titel) und handelt von einer Generation Anfang der 1970er Jahre, die zu spät für die 1968er Mai-Revolte in Frankreich kam.

»Gefühl und Härte«, Foto © Friedhelm Denkeler 1981
»Gefühl und Härte«, Foto © Friedhelm Denkeler 1981

Gleich zu Beginn des Films beginnt die Härte: Polizisten schlagen auf protestierende Gymnasiasten ein und treiben sie durch die Straßen einer französischen Provinzstadt. Nachts werden sie beim Graffiti-Sprühen an der Schule von Wachleuten entdeckt und mit Eisenstangen gejagt, Molotowcocktails fliegen und plötzlich liegt ein Wachmann im Koma.

Und mittendrin ist Gilles. Aber er versteht sich weniger als Revolutionär, der für die Weltrevolution kämpft, sondern als Künstler. Genau das wird ihm von seinen Genossen, die wie er eher aus bürgerlichen Verhältnissen kommen, auch vorgeworfen: »Kunst, das ist Einsamkeit. Du bist außerhalb des Kampfes«. Er muss sich auch entscheiden zwischen Laure, die seine Kunst versteht, ihn aber verlässt (die Eltern ziehen weg) und Christine, die sich dem politischen Kampf angeschlossen hat, ihn aber liebt.

Der Zuschauer geht, läuft, wirft und flüchtet mit der starken Musik von Captain Beefhardt, Nick Drave und Syd Barrett gleichsam mit den Protagonisten mit. Gilles hört im Film Booker T. & The M.G.’s. Hier hat der Regisseur auch die Erlebnisse seiner eigenen Jugend verarbeitet. Andere Filmemacher haben diese Zeit als bleiern bezeichnet, bei Assayas ist sie wild und gefühlvoll. Am Ende hat einer die Kunst, eine den Tod, eine die Rückkehr in die Familie und andere haben das Filmkollektiv gewählt.

Die Kinder von Marx und Coca Cola glauben nicht an Gott, aber an Bildung, Freiheit und Kino: »In ihrem Pathos des Lesens, des Lernens liegt einer der größten Unterschiede zu heute: Welcher Schüler kauft sich schon am Morgen fünf Zeitungen? … Assayas ruft uns eine Epoche ins Gedächtnis, in der die Menschen kein Internet und kein Smartphone hatten, dafür viel Zeit, nicht nur zum Lesen« (Rüdiger Suchsland im »Rolling Stone«). Trailer – Die wilde Zeit

Das Sittengemälde erzählt von der Überlegenheit des Privaten über das Politische. Die Kunst hat viele vor dem Abrutschen vom legalen Widerstand in den illegalen Terror gerettet. Meine Empfehlung: unbedingt ansehen; zum Vergleich vielleicht auch noch einmal Michelangelo Antonionis Klassiker »Zabriskie Point« (von 1970).

Die siebziger Jahre waren in dem Sinne hegelianisch, als es einen Glauben in die Zukunft gab, ein Vertrauen in die Transformation der Welt. Den haben wir verloren. Von einer Welt, die eine Vergangenheit und eine Zukunft hatte, haben wir uns in eine Welt ohne Vergangenheit und ohne Zukunft begeben. [Olivier Assayas]

Trailer – Die wilde Zeit

Mit beiden Beinen fest in den Wolken stehen

Von Friedhelm Denkeler,

»Ich steh’ mit beiden Beinen fest in den Wolken«, Hermann van Veen, Landesgartenschau Oranienburg, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2009.
»Ich steh’ mit beiden Beinen fest in den Wolken«, Hermann van Veen, Landesgartenschau Oranienburg, Foto/Grafik © Friedhelm Denkeler 2009.
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Groß-Wantang

Von Friedhelm Denkeler,

»Nummer 67 mit ohne Was!« (für MMS), Irgendwo in Berlin-Kreuzberg, Foto © Friedhelm Denkeler 1995.
»Nummer 67 mit ohne Was!« (für MMS), Irgendwo in Berlin-Kreuzberg, Foto © Friedhelm Denkeler 1995

Das erste und das letzte Mal

Von Friedhelm Denkeler,

»When Was The Last Time …«, irgendwo in Berlin-Kreuzberg, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»When Was The Last Time …«, irgendwo in Berlin-Kreuzberg, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
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Wrapped Nationalgalerie

Von Friedhelm Denkeler,

Einladung zur Vernissage »Friedhelm Denkeler: Photographien« am Freitag, 31. Mai 2013, 19:30 Uhr, im Katharinenhof am Preußenpark

"Die verpackte Nationalgalerie", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Die verpackte Nationalgalerie«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Nein, Christo war hier nicht am Werk, sondern nur der Autor, der für seine neue Ausstellung die Bilder verpackt zur Abholung bereit gestellt hat. Im Katharinenhof am Preußenpark sind ab 1. Juni 2013 die folgenden drei Werkgruppen zu sehen:

  • Ich Binz: Die Serie im Kabinett des Katharinenhof am Preußenpark besteht aus fünf Triptychen, die in Binz auf Rügen entstanden sind. Ein in Jahrhunderten durch Wind und Wetter geformter und geschliffener Stein; das in jeder Sekunde sein Aussehen verändernde Wasser und ein Schatten, der langsam mit dem Stand der Sonne weiter wandert. Das Ewige, das sich Bewegende und die Vergänglichkeit des Augenblicks. Die Triptychen sind auf meiner Website LICHTBILDER zu sehen.
  • In den Straßen von Berlin (work in progress): In einer Vorab-Auswahl, bestehend aus zehn großformatigen Farb-Fotos sind Bilder aus dem Nach-Wende-Berlin im Foyer des Katharinenhof am Preußenpark zu sehen. Sie zeigen den Wandel des Stadtbildes in den letzten zehn Jahren: Abriss des Palastes und neue Hotels im Osten, Bautätigkeiten im alten Westen, Touristenströme am Checkpoint Charly, am Hauptbahnhof und im Lustgarten in Mitte. Eine Auswahl von Fotos finden Sie hier im Journal.
  • Im Wedding: Zwischen Oktober 1977 und März 1978 habe ich mehrere Fotospaziergänge im Berliner Bezirk Wedding unternommen. 32 Jahre später habe ich die dabei entstandenen Fotos ausgewertet und zu einem Portfolio und Autorenbuch mit 159 Fotos zusammengestellt. Die klassischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind in einer Auswahl von 32 Bildern aus dem Wedding im Rundgang des Katharinenhof am Preußenpark zu sehen (siehe auch Fotospaziergänge im Wedding aus dem Jahr 1978). Auf meiner Website LICHTBILDER sind dreißig Bilder aus der Werkgruppe dargestellt.

Friedhelm Denkeler: Photographien, Katharinenhof am Preußenpark, Sächsische Straße 46, 10707 Berlin, 1. Juni 2013 bis 27. September 2013.

Kippenberger kippelt, das aber ›very good‹

Von Friedhelm Denkeler,

Im Hamburger Bahnhof in Berlin kippelts noch bis zum 18.08.2013

Jeder Künstler ist ein Mensch. [Kippenberger]

In den Rieck-Hallen des Hamburger Bahnhofs lässt die Kippenberger-Retrospektive die sogenannten Neuen Wilden der 1980er Jahre exemplarisch noch einmal auferstehen. Man feiert sich selbst und es kippelt gewaltig. Gekreuzigte Frösche in vielerlei Farben, Malerei, Fotografie, Zeichnung und Installation; eine bunte Mischung wie aus dem Spielzeugladen erinnert an scheinbar paradiesische Zustände des Künstlerlebens in Berlin, Hamburg und Köln zu dieser Zeit. Die Distanz zur etablierten Kunstszene ist beabsichtigt. Die etablierten Werkzeuge hingegen werden benutzt.

Martin Kipperbergers gekreuzigte Frösche, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
Martin Kipperbergers gekreuzigte Frösche, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Gleich im ersten Raum wagt es Kippenberger, an dem Mythos von Joseph Beuys zu kratzen und spricht dessen 1968 durchgeführte Kunstaktion Ja ja ja, Nee nee nee nee nach. Provokation, eine gute Portion Humor und eine Menge Narzissmus prägen Kippenbergers Arbeiten in den langen Hallen und im Untergeschoss. Kurzweilig ist die Ausstellung und schnell erfassbar. Eine kleine Zeitreise auf den Spuren eines Künstlers, der zu den Neuen Wilden zählte und das Adjektiv wild zu wörtlich für sein eigenes Leben nahm. 1997 starb Kippenberger 44-jährig.

Ein gefälschtes Plakat zur großen Kunstausstellung der Documenta, zu der er nie eingeladen wurde, zeugt entweder von der Sehnsucht nach Anerkennung in internationalen Kunstkreisen oder alternativ von der Veräppelung eben dieser. 1988 nahm er an der Biennale Venedig teil.

Wohltuend reduziert und erst auf den zweiten Blick zu entziffern sind Kippenbergers sogenannte Weiße Bilder von 1991, die im Westflügel des Hamburger Bahnhofs ausgestellt werden. Einen neunjährigen Jungen bat er, Kommentare zu einigen seiner Arbeiten zu verfassen. Diese in Schönschrift verfassten Sätze übertrug Kippenberger in transparenter Lackfarbe auf weiße Leinwände und kommentierte sie lehrerhaft mit »sehr gut/ very good!«. Fugenlos eingespachtelt füllen die 11 Bilder den Raum. Weiß auf weiß dient die eigene Bewertung des Künstlers auch gleichzeitig als Titel der Ausstellung im Hamburger Bahnhof. Genial oder überschätzt? Die 20 Jahre sind vorbei. Der Mensch Kippenberger wurde sichtbar.

Kunst wird ja sowieso immer erst im Nachhinein betrachtet… Ich würde sagen, 20 Jahre ist der Zeitraum. […] Was dann die Leute noch von mir erzählen oder nicht erzählen werden, entscheidet. Ob ich gute Laune verbreitet habe oder nicht. Und ich arbeite daran, dass die Leute sagen können: Kippenberger war gute Laune! [Kippenberger]

Die Ausstellung ist noch bis zum 18. August 2013 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin zu sehen. Siehe auch mein Post Wie ein Laufsteg im Museum landete …

The Unknown Artists und die Frau im Dunkeln

Von Friedhelm Denkeler,

Enno Kaufhold und Joachim Rissmann bei der Ausstellungseröffnung, Foto © Friedhelm Denkeler 2013
Enno Kaufhold und Joachim Rissmann bei der Ausstellungseröffnung, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Das Hotel Bogota in der Schlüterstraße birgt viele Geheimnisse. Zu dem allseits bekannten, dass Helmut Newton in dem Atelier der Fotografin YVA 1936 seine Fotolehre begann, kommt nun ein weiteres hinzu. Die aktuelle Ausstellung, die der Propriétaire Joachim Rissman im Erdgeschoss des Hauses präsentiert, zeigt Fotografien von zwei nicht in die Öffentlichkeit treten wollenden Fotografinnen.

Die unter den Pseudonymen Charlotte K und Bernadette Ypso entstandenen Arbeiten, lassen, zumindest in einem Fall, die Nähe zum schauspielerischen Milieu, annehmen. Die zweite Arbeit zeugt von einem fotografisch geschulten Blick. Mutmaßungen über vermeintliche Urheber der Fotografien behalte ich für mich. Das ist der Sinn eines Geheimnisses. Das Rätseln geht weiter.

Aber ein weiteres Geheimnis wird gelüftet. Die Autorin des im März erschienenen Buches „Die Frau im Dunkeln – Autorinnen und Komponistinnen des Kabaretts und der Unterhaltung von 1901 bis 1935“, Evelin Förster, tritt am 30. Mai 2013 mit ihrem aktuellen Programm »Land des Lächelns oder Es wird schon wieder besser – Unbeliebte Künstler im Rampenlicht« im Hotel Bogota auf. Diese Veranstaltung ist Bestandteil des Berliner Themenjahres »Zerstörte Vielfalt«. Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Juni 2013 zu sehen.www.bogota.dewww.evelin-foerster.deBuch Die Frau im Dunkeln

Blut und Gold

Von Friedhelm Denkeler,

Imran Qureshi – Der Künstler des Jahres in der neuen Kunsthalle der Deutschen Bank

Nach dem spektakulären Coup der »Deutsche Bank KunstHalle«, der Laienkünstlern die bekannten Warhol´schen 15 Minuten Aufmerksamkeit schenkte und zu einem Berliner Event werden ließ, besinnt sich die Kunsthalle in ihrer ersten Ausstellung nach Auflösung der Guggenheim-Kooperation auf ihre ursprüngliche Bedeutung und präsentiert den Künstler des Jahres.

"Auf dem Blutberg" (Imran Qureshi: "And They Still Seek the Traces of Blood", 2013, in der Kunsthalle der Deutschen Bank), Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Auf dem Blutberg« (Imran Qureshi: »And They Still Seek the Traces of Blood«, 2013, in der Kunsthalle der Deutschen Bank),Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Der diesjährige Preisträger Imran Qureshi aus Pakistan, präsentiert Unter den Linden kleine Miniaturbilder, großformatige Abstraktionen und eine vor Ort geschaffene Installation.

Im ersten Raum befinden sich die großen ovalen Wandbilder in den Farben Rot und Gold. Das Gold bildet jeweils den Untergrund für eine sich rot ausbreitende Fläche teilweise ornamentalen Blattwerks. Eine vermeintliche Vergrößerung der zu erwartenden Miniatur-malerei.

Den zweiten Raum füllt eine aus zusammengeknülltem rotem Papier fast raumhohe Installation aus. Ein schmaler Gang erlaubt dem Besucher die Umrundung und lässt unterschiedliche Ornamente auf den einzelnen Papieren erkennen.

Im dritten Raum, der eigens für diese Ausstellung zu einer zweistöckig begehbaren Architektur umgebaut wurde, erinnern nur auf den ersten Blick die in traditioneller Malweise entstandenen Miniatur-bilder an die bekannten Vorbilder aus der Mogul-Zeit. Bei genauer Betrachtung verstören sie durch die dargestellten Szenen von Gewalt und Zerstörung.

Und genau das passiert auch in den beiden vorangehenden Räumen. Die vorherrschenden Farben Rot und Gold der ovalen Bilder lassen auf den ersten Blick einen majestätischen Hintergrund erahnen. Erst auf den zweiten Blick wandelt sich das Rot in Blutflecken und steht nun ambivalent zum goldenen Hintergrund. Das angehäufte rote Papier mit den ornamentalen Mustern des zweiten Raumes hingegen wird zu einem Berg aus blutbefleckten Tüchern. Die durch das Blattwerk symbolisierte Natur wird durch das menschliche Blut zu einem erschreckenden Bildnis roher Gewalt.

Diese bestens konzipierte Ausstellung mit den vorgestellten drei Werkgruppen ist noch bis zum 4. August 2013 zu sehen. Video mit Imran Qureshi,  Kunsthalle Deutsche Bank

Im Spreebogenpark

Von Friedhelm Denkeler,

»Der Spreebogenpark mit Blick auf den Hauptbahnhof«, aus dem Portfolio »Sonntagsbilder«, Foto © Friedhelm Denkeler 2006
»Der Spreebogenpark mit Blick auf den Hauptbahnhof«, aus dem Portfolio »Sonntagsbilder«, Foto © Friedhelm Denkeler 2006

Anmerkungen zum Portfolio/ zur Kategorie »Sonntagsbilder»

Der Versuch einer Definition: Was ist eigentlich ein Sonntagsbild? Ein ›schönes‹ Bild (was auch immer das nun wieder heißen mag; es ist in Farbe; es passt in keine andere Kategorie; es gehört nicht zu einer Serie von Bildern, es ist ein Einzelbild. Aber es ist kein Sonntagsbild im Sinne der Sonntagsmalerei.

Am 26. Februar 2012 erschien in meinem Blog das erste Sonntagsbild. Und jeden Sonntag gab es ein neues – Ausnahmen bestätigten die Regel. Die Sonntagsbilder stammen aus dem Portfolio »Sonntagsbilder«, das ich 2005 abgeschlossen habe. Aber der Titel Sonntagsbild ist einfach ein zu schöner Titel. Unter dieser Prämisse führe ich die Kategorie »Sonntagsbilder« in meinem Blog bis auf weiteres mit Fotos aus meinem Archiv und mit neuen Aufnahmen weiter.