Eine Theaterphantasie von Robert Wilson

Von Friedhelm Denkeler,

»Shakespeares Sonette« mit der Musik von Rufus Wainwright im Berliner Ensemble

Tag ist wie Nacht mir, kann ich dich nicht sehn,
Doch Nacht wird Tag, lässt Traum dein Bild erstehen [Sonett 43]

Robert Wilson (*1941) hat bisher am »Berliner Ensemble« vier Stücke inszeniert: »Die Dreigroschenoper« mit der Musik von Bertold Brecht/Kurt Weil, Matthew/ Kästners »Peter Pan« (siehe hier) mit der Musik und den Songs von CocoRosie (Bericht folgt), Wedekinds »Lulu« (bisher nicht gesehen) mit der Musik und den Songs von Lou Reed und jetzt »Shakespeares Sonette« mit der Musik von Rufus Wainwright. Bei allen Aufführungen war Wilson ebenfalls verantwortlich für die Bühnenausstattung und die einmaligen, für ihn typischen, magischen Lichtkonzepte.

Liebe – Hass, Sehnsucht – Überdruss, Leidenschaft – Langeweile, Männlichkeit – Weiblichkeit, Gesicht – Maske, Bewegung – Stillstand, Jugend – Alter, Leben – Tod sind die Themen in Shakespeares Gedichten. Diese Assoziationen erweckt Wilson mit Hilfe der Musik von Wainwright in 25 Sonetten (von 154) zum Leben – und das ist das Leben. Zwei schöne Szenen möchte ich hier darstellen, eine vor der Pause und eine danach:

Ein Liebender (oder eine Liebende, Frauenrollen werden von Männern gespielt und umgekehrt) auf einem Riesenfahrrad kann nicht zu seiner Angebeteten auf einem winzigen Kinderfahrrad herunterkommen. Beide radeln ständig aneinander vorbei. Das andere Szenenbild zeigt drei gewaltige Tankstellen mit Zählwerken und mit den drei singenden Tankwarten wird die Musik entprechend der Geschwindigkeit der Zählwerke rockiger und lauter. Hier hat sich dann Rufus Wainwright stärker durchgesetzt. Letztendlich deutet sich auch der Auszug aus dem Paradies an: Mit dem Baum der Erkenntnis, einem Apfel und einer Schlange.

»Minimalismus im Hamburger Bahnhof«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009
»Minimalismus im Hamburger Bahnhof«, Foto © Friedhelm Denkeler 2009

Rufus Wainwright (*1973) ist ein kanadisch-US-amerikanischer Singer-Songwriter und Komponist und veröffentliche 1998 unter dem Titel »Rufus Wainwright« sein erstes Album. Ich habe die Single »Hallelujah« herausgesucht. Das Original ist von Leonard Cohen: Rufus Wainwright: »Hallelujah«. Weitere sechs Alben sind inzwischen erschienen. Neben kleineren Filmrollen komponierte er 2006 die Oper »Prima Donna« und 2009 die Musik für die »Shakespeares Sonette«. Er hat mehrere Auszeichnungen und Nominierungen erhalten.

Your faith was strong but you needed proof/ You saw her bathing on the roof/ Her beauty and the moonlight overthrew you [aus: Hallelujah]