Hamburger Bahnhof
Der Architekt des Lichts und des Minimalismus
Von Friedhelm Denkeler,
Die Lichtinstallationen von Dan Flavin im Hamburger Bahnhof
Der Hamburger Bahnhof beherbergt seit 1996 das Museum für Gegenwart der Nationalgalerie in Berlin. Es werden dort Hauptwerke der Nationalgalerie, der Sammlung Marx und der Friedrich Christian Flick Collection gezeigt. Wenn man den dreiflügligen Ehrenhof betritt, fällt als erstes die Lichtinstallation von Dan Flavin an der historischen Fassade des ehemaligen Bahnhofs auf. Sie besteht aus 120 blauen und grünen fluoreszierenden Leuchtstoffröhren. Es ist das letzte ortsgebundene, zu Lebzeiten des Künstlers, ausgeführte Werk.
Auf besonderen Wunsch des Künstlers ist diese Lichtinstallation rund um die Uhr im Betrieb. Den blaugrünen Gruß vom nächtlichen Hamburger Bahnhof kennen die Fahrgäste auf der nahe gelegenen Stadtbahnstrecke.
Jetzt wurden im Ostflügel des Museums die Werke des US-Amerikanischen Künstlers Dan Flavin (1933-1996) aus den Sammlungen des Museums zusammengeführt. Flavin begann 1961 mit Licht als künstlerischem Material zu arbeiten und nutzte hauptsächlich industriell gefertigte Neonröhren für die Installationen.
Seine Werke konstruierte er eng angepasst an die Raumstrukturen, Ecken und Gesimse der jeweiligen Standorte. Die Licht-Objekte spiegeln sich in der Deckenverkleidung und in den Fenstern. Stimmungsräume entstehen, die den Besucher mit einbeziehen: Die Farben „färben“ auf die Betrachter ab. Für Fotografen haben diese Arbeiten eine hohe Anziehungskraft.
Flavin nahm an der documenta 1968 und 1977 in Kassel teil. Seine Werke verlöschen zwar, wenn die Lampen ihren Geist aufgeben – nach ca. 2000 Stunden. Das mag auf die einzelne Leuchtstoffröhre zutreffen, die man aber stets austauschen kann (zumindest solange es sie noch zu kaufen gibt!). Als Kunstwerke des Minimalismus aber sind seine Arbeiten von Dauer. Sie sind im besten Sinne zeitlos.
Seit beinahe 100 Jahren nutzen Künstler das immaterielle Medium Licht in Form von Glühbirnen, Neonröhren und Scheinwerfern. Dan Flavin lässt das Publikum Räume durch den Einsatz maschinell produzierter Neonröhren anders wahrnehmen. Anthony McCall hingegen formt mit Licht Skulpturen; seine Lichtprojektionen sind gleichzeitig in der Historischen Halle im Hamburger Bahnhof zu sehen (siehe Die Lichtdome vom Hamburger Bahnhof). Dan Flavin’s Werke finden Sie in dieser PDF-Datei der Universität Heidelberg.
Die Lichtdome vom Hamburger Bahnhof
Von Friedhelm Denkeler,
Anthony McCall´s »Five Minutes of Pure Sculpture« im Hamburger Bahnhof in Berlin
Die Historische Halle des Hamburger Bahnhofs hat in der letzten Zeit bereits zwei spektakuläre Umwandlungen erfahren: Mit zwölf lebenden Rentieren (und allerlei Kleintier) verwandelte Carsten Höller mit Soma die Halle zum Tableau Vivant und Tomás Saraceno baute vor kurzem seine hängenden, begehbaren Gärten Cloud Cities in den Raum hinein.
Jetzt hat der in New York lebende Anthony McCall in der eigentlich lichtdurchfluteten Halle alle hohen Fenster lichtdicht verhängen lassen und sie in eine riesige, dunkle Höhle verwandelt.
Wenn man sich nach einiger Zeit an die totale Dunkelheit gewöhnt hat, sieht man in der mit feinem Nebel gefüllten Halle seine einzigartigen Lichtprojektionen – die Solid Light Film. Sie bestehen aus weiß auf schwarz gezeichneten, animierten Linien, so dass aus zwei-dimensionalen Zeichnungen drei-dimensionale Skulpturen werden.
Mit seinen neuen Arbeiten projiziert er die Bilder aus zehn Metern Höhe von der Decke auf den Boden, so erinnern sie noch mehr an Skulpturen oder an hallenhohe Lichtdome. Der Besucher kann sie umgehen, mittendurch schreiten oder die Strahlen mit ihren Händen unterbrechen, wodurch sie die auf die Wand oder den Fußboden projizierten Konturen verändern.
Anthony McCall, britischer Lichtkünstler mit Wohnsitz in New York, hat in seiner ersten Einzelschau in Deutschland etwas zu bieten, das aus Überwältigung und zugleich völliger Leichtigkeit und Flüchtigkeit besteht. Inhaltsschweres oder Theoretisches gibt es nicht in dieser Raumarchitektur aus Licht, Dunkelheit, Nebel.[Frankfurter Rundschau]
McCall´s frühere, waagerecht auf eine Wand projizierten Arbeiten, die gleichfalls zu sehen sind, erinnern an das Betrachten eines Films im Kino. Sein OEuvre existiert im Grenzbereich von Kino, Skulptur und Zeichnung. Die Ausstellung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – ist noch bis zum 12. August 2012 in Berlin zu sehen.
Ein Natur-Container aus Eibenbüschen
Von Friedhelm Denkeler,
Preis der Nationalgalerie für junge Kunst im Hamburger Bahnhof bis zum 8. Januar 2012
Bereits auf dem Weg in den Hamburger Bahnhof fällt er auf – der grüne Müll-Container der in Berlin lebenden Schwedin Klara Lidén. Neben Kitty Kraus, Andro Wekua und Cyprien Gaillard war sie eine der vier Kandidaten für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst 2011. Alle vier Künstler zeigen im Museum Skulpturen, Filme und Installationen. Malerei sucht man allerdings vergebens.
Die 1979 geboren Klara Lidén hat ihren Natur-Container mit einer Außenhaut aus Eibenbüschen zurechtgeschnitten. Im Inneren wachsen Unkrautpflanzen aus dem städtischen Umfeld – das soll den Gegensatz zwischen Urbanität und unkontrollierter Natur, sowie zwischen Reglementierung und Chaos verdeutlichen. Ihre zweite Arbeit ist noch irritierender: Ein etwa dreiminütiges Video zeigt in den Ausstellungsräumen die Künstlerin, mit dem Rücken zum Betrachter, an ihrem Schreibtisch sitzend. Plötzlich steht sie auf, tritt an den Papierkorb heran und verschwindet darin.
Den Preis in Höhe von 50.000 EURO, der alle zwei Jahre vom Verein der Freunde der Nationalgalerie an in Deutschland lebende bildende Künstler unter 40 Jahren verliehen wird, gewann dieses Jahr Cyprien Gaillard.
Wie auf Wolken gehen und liegen
Von Friedhelm Denkeler,
Tomás Saraceno’s »Cloud Cities« im Hamburger Bahnhof (bis 15. 01.2012)
Die Historische Halle des Hamburger Bahnhofs wird nach den beiden letzten Ausstellungen Richard Longs Berlin Circle und Carsten Höllers Soma nun zum dritten Mal in Folge optimal bespielt – mit Ballonmodulen und Spinnennetzen des Argentiniers Tomás Saraceno. Der Künstler nennt seine Werke Biosphären, die man als Besucher teilweise betreten kann.
Inspirationsquellen waren für Saraceno die Leichtigkeit von Seifenblassen und die Flexibilität von Spinnennetzen. In den Modulen wachsen Tillandsien und Menschen kriechen ungeschickt umher, andere Module schimmern einfach nur bunt wie Seifenblasen. Ob die Installation zukunftsweisend ist oder für immer Utopie bleiben wird, werden wir sicherlich nicht mehr erleben.
»Das gemeinsame Erleben, das man in der Ausstellung erfahren kann, ist sehr wichtig. Der größte Ballon mit einem Durchmesser von 22 Metern und ein etwas kleinerer sind begehbar, und wenn man in eine der Sphären eintritt, wird sofort spürbar, wie sensibel sie auf die Bewegungen reagiert. Zum einen gibt die Folie nach, zum anderen sind die Sphären nicht statisch, sondern rundherum mit Seilen fixiert, die quer durch den ganzen Raum gespannt sind.
Man muss das eigene Verhalten also ein bisschen anpassen. Und das gilt erst recht, wenn mehrere Leute zusammen sind: Wenn du versuchst zu stehen und ich mich stark bewege, dann fällst du um. Es ist zwar eine Installation im Museum, ein Kunstwerk, was auch immer.
Aber es löst vor allem einen Dialog aus: zwischen Leuten, dem Objekt, der Luft, der Schwerkraft. Zu Dingen also, zu denen wir sonst kein sehr kommunikatives Verhältnis haben, weil wir sie selbstverständlich finden.« [Financial Times: Der Mensch muss abheben, um die Natur zu retten]
Als Gegenmodell zu Saracenos Himmelskörpern kann man übrigens die Architektur-Skulptur Room with My Soul Left Out, Room That Does Not Care von Bruce Nauman ganz am Ende der Rieckhallen ansehen: Im Gegensatz zu Cloud Cities ein trostloses, kaltes Verließ unter der Erde. Bei den derzeitigen Temperaturen und dem November-Wetter zeigen sich in der Historischen Halle doch einige Lichtblicke mehr. Website Tomás Saraceno.
Das Polaroid als Wundermittel gegen die Kältestrahlung
Von Friedhelm Denkeler,
Horst Ademeit im geheimen Universum des Hamburger Bahnhofs
20 Jahre habe ich Polaroid und Digital / Fotos gemacht die Ränder vollgeschrieben / mir dadurch Luft gemacht über den / gesamten Ärger den mir das Wohnen / und das Stadtviertel Flingern in / Düsseldorf gebracht mit Strahlen-Kälte / Zerstörung Diebstahl Schmutz Abfällen / Rädern Sperrmüll Baustellen Autos / Gerüsten Abrissen und Neubauten auch / Gerichts-Prozess-Fluten ich im Ende / ein halbes Jahr mich im Krankenhaus befunden / die Wohnung aufgegeben diese Zeit / besiegelt ward somit / jetzt wo in Ruhe lebe fast ein Jahr / im Senioren Heim wird mir klarer / das ohne mein Ankämpfen gegen das / gesamte Elend mit Fotos und / Schreiben usw. Tätigkeiten ich kaum / Heil hätte überleben können mit / Dank an Herrgott Himmel und Erde [Horst Ademeit, Düsseldorf 2009]
Aus diesem Text von Horst Ademeit, der 1937 in Köln geboren wurde und 2010 gestorben ist, geht seine Lebens- und Leidensgeschichte vollständig hervor. Ein weiterer Kommentar zu seiner Arbeit, die noch bis zum 25. September im Hamburger Bahnhof, Berlin, zu sehen ist, wäre überflüssig.
1990 kauft sich Ademeit eine Polaroidkamera und findet mit ihr seine Berufung. Für die nächsten anderthalb Jahrzehnte dokumentiert er mit Hilfe von Lebensmitteln, Thermometer, Lichtmesser, Feuchtigkeits-Messgerät, Kompass und Geigerzähler, die er täglich auf einer Tageszeitung als Datumsnachweis arrangiert, seine Aktivitäten zum Schutz vor der Strahlenbelastung.
Er fertigt 6006 solcher Tagesfotos an. Polaroid 5006 finden Sie hier. Zusätzlich dokumentiert er außerhalb seiner Wohnung anhand von Observationsbildern akribisch die Wirkungsmacht unsichtbarer Strahlen in seiner Umgebung.
Die Polaroids ergänzt Ademeit auf dem Rand mit komplexen handschriftlichen Notizen, Messwerten, persönlichen Beobachtungen und Nachrichtenmeldungen. Zusätzlich füllt er Kalender und Leporellos mit minutiösen Beschreibungen seiner Beobachtungen und des Tagesgeschehens. Die Schrift ist so klein, dass sie selbst mit der Lupe nicht zu entziffern ist (siehe mein Foto).
Um sich vor dem Einfluss der Kältestrahlen (die es nicht gibt) zu schützen, trug Ademeit selbstgedrechselte kleine Holzkügelchen am Körper, die eine Größe von 8 Millimeter aufweisen, was der maximalen Weitung der menschlichen Pupille entspricht (siehe mein Foto).
2008 übersiedelt Ademeit in ein Seniorenwohnheim in Düsseldorf, wo er die rund 10.000 Polaroids einer Mitarbeiterin seines Vertrauens übergibt. Über den Arzt Dr. Behrends gelangen sie nach Köln in die Galerie Susanne Zander. 2009 werden die Polaroids erstmals dort ausgestellt.
Ademeit absolvierte eine Lehre als Anstreicher, studierte dann Textildesign und ging an die Kölner Werkkunstschule. 1970 war er kurz bei Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie immatrikuliert. Erste dokumentarische Fotos entstanden bei Renovierungsarbeiten in baufälligen Häusern. Seit Ende der 1980er Jahre konzentrierte er sich auf die Dokumentation der Kältestrahlen.
Ademeit absolvierte eine Lehre als Anstreicher, studierte dann Textildesign und ging an die Kölner Werkkunstschule. 1970 war er kurz bei Joseph Beuys an der Düsseldorfer Kunstakademie immatrikuliert. Erste dokumentarische Fotos entstanden bei Renovierungsarbeiten in baufälligen Häusern. Seit Ende der 1980er Jahre konzentrierte er sich auf die Dokumentation der Kältestrahlen.
Das fotografische Werk von Horst Ademeit wird in der neuen Ausstellungsreihe Secret Universe, die über drei Jahre angelegt ist, gezeigt. Hier sollen künstlerische Einzelpositionen, unabhängig vom etablierten Kunstbetrieb, vorgestellt werden. Es sind Künstler, die als „Outsider“ bezeichnet werden und die nicht dem Zirkel des Kunstbetriebes zugerechnet werden können, aber ein Werk mit starker bildnerischer Kraft geschaffen haben.
Als nächstes wird in dieser Reihe die Arbeit von Paul Laffoley vorgestellt. Er illustriert in seinen Diagrammen und Bildtafeln komplexe Theorien zur 4. und 5. Dimension, zu Zeitreisen, naturwissenschaftlichen und kulturhistorischen Themen (ab 4. November 2011). Das „Secret Universe“ verspricht eine spannende, mutige und ungewöhnliche Ausstellungsreihe in einem etablierten Museum zu werden.
Richard Longs Schlammkreis im Hamburger Bahnhof
Von Friedhelm Denkeler,
Die Historische Halle im Hamburger Bahnhof wird nach dem Tableau vivant Soma (siehe hier) von Carsten Höller wieder einmal vorzüglich bespielt: Richard Longs Berlin Circle hat Einzug gehalten. Im Vordergrund des Bildes ist die Turf Line 1990, links der Black and White Circle 1988, dahinter der große Berlin Circle 1996 und anschließend der Sandstone Circle 1988 und Turf Circle 1998 zu sehen. Auf der hinteren Hallenwand hat Long speziell für die Berliner Ausstellung den River Avon Mud Circle erarbeitet.
Carsten Höllers ›Soma‹ im Hamburger Bahnhof – Kunstwerk oder Doppelblindverfahren?
Von Friedhelm Denkeler,
Wir haben das Soma getrunken; wir sind unsterblich geworden, wir haben das Licht gesehen; wir haben die Götter gefunden.
Udo Kittelmann, der Generaldirektor der Nationalgalerie Berlin, könnte mittlerweile in Konkurrenz zu einem Zoodirektor treten. Erst zeigte er die herrlichen, aber zutiefst irritierenden Tieraquarelle von Walton Ford im Hamburger Bahnhof, dann die Installation von Willem de Rooij mit den Vogelstilleben des Altmeisters Melchior d’Hondecoeter in der Neuen Nationalgalerie (siehe hier) und jetzt in der Historischen Halle des Hamburger Bahnhofs ein lebendes Bild von Carsten Höller. Einen überwältigenden Eindruck hatte ich bereits bei meinem ersten Besuch in der Ausstellung erhalten (siehe hier).
Da in Höllers Installation alles zweifach vorhanden ist, sollte ein zweiter Besuch den Eindruck des ersten, sozusagen in einem Doppelblindversuch, verifizieren. Das Zitat »Wir haben das Soma getrunken …« stammt aus der ältesten der vier hinduistischen Gründungsschriften. Das Rezept für den Götterdrink ging allerdings verloren. Sprachwissenschaftler, Botaniker, Ethnologen und jetzt auch ein Künstler versuchen, es wiederzufinden.
Auf der Suche nach einer anderen Welt geht Höller mit seiner Installation dem Ursprung von Soma nach, einem mythischen Rauschtrank der indogermanischen Veden im 2. Jahrtausend vor Christus. Soma verhalf zu Erkenntnis und Zugang zur göttlichen Sphäre, zu Glück und Siegeskraft. Die überlieferten Schilderungen lassen darauf schließen, dass ein Gewächs den zentralen Inhaltsstoff lieferte; dessen Identität ist jedoch bis heute unklar. Aus botanischer, ethnologischer und etymologischer Sicht könnte es sich um den Fliegenpilz gehandelt haben. [die Ausstellungsmacher].
»Carsten Höller studierte zunächst in Kiel Agrarwissenschaften und habilitierte sich 1993. Parallel zu seiner Arbeit als Naturwissenschaftler begann er seine künstlerische Laufbahn und integrierte das Experiment als Verfahrensweise in seine künstlerische Arbeit. Den Aufbau einer Versuchsanordnung zitierend, schafft er ein dreidimensionales, lebendes Bild, das sich entlang der Mittelachse in zwei gleiche Hälften teilt.
Tiere wurden ausgesucht, um eine vergleichende Studie (im Doppelblindversuch) anzutreten, deren Startpunkt der Fliegenpilz ist und an deren Ende die Wiedergewinnung und Nutzbarmachung des Tranks für den Menschen stehen könnte. In dem von Höller imaginierten Experiment würde den Kanarienvöglen, Mäusen und Fliegen der psychoaktive Urin von Rentieren verabreicht, die zuvor Fliegenpilze verzehrt haben.» Soweit die Ausstellungs-beschreibung, die Höller in einem Video noch weiter präzisiert.
Beim zweiten Besuch tritt trotz aller Magie der Versuchsanordnung ein wenig Ernüchterung ein. Carstens Höllers Werk ist an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft angesiedelt. Meinetwegen soll es ruhig Kunst sein und obwohl der Doppelblindversuch noch nicht abgeschlossen ist, werden viele Fragen zum Ende der Ausstellung am 6. Februar 2011 unbeantwortet bleiben.
Wer hat die Fliegenpilze gegessen? Wer hat das Soma getrunken? Die sanft kämpfenden Rentiere auf der linken Seite oder die wiederkäuenden auf der rechten, die inaktive Stubenfliege oder ist sie bereits tot, die tanzenden Mäuse oder sind sie nur wild auf das Futter, die trillernden Harzer Roller in den Vogelvolieren oder spüren sie schon den Frühling? Plötzlich leuchtet ein helles Licht durch die Halle oder war es der Blitz meiner Kamera? Der Aufseher scheint nichts bemerkt zu haben. Hat das Soma schon gewirkt und habe ich ›das Licht‹ gesehen?
Ein Platz für Tiere – im Hamburger Bahnhof
Von Friedhelm Denkeler,
Tableau vivant – ein lebendes Bild
Im Zentrum der aktuellen Ausstellung Soma von Carsten Höller im Hamburger Bahnhof steht die Suche nach dem Soma, dem Göttertrank. Dazu hat Höller im Doppelblindversuch in der großen Halle, links und rechts der Mittelachse, jeweils sechs Rentiere aus der Uckermark, zweimal sechs Kanarienvögel in Voilieren, je ein Mäusepärchen in schwarz und weiß, sowie jeweils eine Stubenfliege in einer Vitrine dem Soma-Test ausgesetzt.
In der Mitte sieht man das Hochbett, in dem Gäste übernachten können. Sie werden ebenfalls Teil des lebenden Bildes. Ob sie auch Teil des Versuches sind, war nicht herauszufinden. Dass es sich um lebende Tiere handelt, konnte ich beim Betreten des Hamburger Bahnhofs bereits merken, ein deutlicher Stallgeruch liegt in der Luft.
Die Installation sieht man erst, wenn man die Zuschauertribüne umrundet hat (von dieser aus ist mein Foto entstanden) und in die Historische Halle blickt. Der erste Eindruck ist überwältigend. Eine Bewertung möchte ich deshalb erst nach einem zweiten Besuch der Ausstellung vornehmen. Eine Ausstellungsbesprechung folgt in Kürze.