Jetzt schalten wir das Radio an und legen die Kassette ein
Wir fahr’n, fahr’n, fahr’n auf der Autobahn/ Vor uns liegt ein weites Tal/ Die Sonne scheint mit Glitzerstrahl/ Die Fahrbahn ist ein graues Band/ Weisse Streifen, grüner Rand/ Jetzt schalten wir ja das Radio an/ Aus dem Lautsprecher klingt es dann:/ Wir fahr’n auf der Autobahn … [aus Kraftwerk: »Autobahn«]
1984 habe ich mir für die anstehenden Autobahn-Fahrten von Berlin nach West-Deutschland eine Compact-Kassette (ich hoffe, die Leser wissen noch, was das ist) zusammengestellt. Schwerpunkt der Cassette waren meine damaligen Top Five von Kraftwerk: passenderweise als Einstiegs-Song Autobahn (1974), dann Radioaktivität (1975), Trans Europa Express (1977), Das Model (1978) und Die Roboter (1978). Herausgesucht habe ich im Netz die über vierzig Jahre alte Single-Version mit 3:27 Minuten: Kraftwerk: »Autobahn«
Das vierte Studioalbum von Kraftwerk aus Düsseldorf kam 1974 heraus. Weltbekannt wurde es durch das die gesamte A-Seite der LP füllende, hypnotische Stück Autobahn. Angeblich kam die Idee Ralf Hütters Band im VW-Bus auf der Fahrt über die Autobahn. Es beginnt mit den Startgeräuschen eines Autos, gefolgt von dichterem Verkehr und hupenden Fahrzeugen; sozusagen die musikalische Interpretation einer monotonen Autobahnfahrt. Melodie und auch der über einen Vocoder laufende Sprechgesang sind minimalistisch; das oben angeführte Zitat gibt bereits den ganzen Text des Songs wieder. Kraftwerk legte hiermit den Grundstein für das Genre Techno-Pop.
Die Neue Nationalgalerie Berlin ist seit Ende letzten Jahres geschlossen (siehe Artikel Stützen für die Neue Nationalgalerie). Für den 6. Bis 13. Januar 2015, vor dem Beginn der Bauarbeiten, war die obere Halle für acht Konzerte der Band Kraftwerk unter dem Titel Der Katalog – 1 2 3 4 5 6 7 8 leergeräumt. An Karten für alle acht ausverkauften Konzerte war kaum heranzukommen. Und was spielten sie am ersten Tag? Natürlich Autobahn, aus ihrem nach eigener Lesart ersten Album. In diesem legten sie Querflöte und Hammondorgel beiseite und machten Musik mit einem für ihre Zwecke umgebauten Synthesizer.
Sie entlockten den Maschinen Emotionen. Die Spannung zwischen einer laienhaft gesungenen Textzeile und einer sauber eingespielten Keyboard-Melodie provozierte ungeahnte Gefühle. Vielleicht haben sie damit der Welt ein wenig gezeigt, wozu wir Deutschen fähig sind: Präzision, Exzellenz, und ja, Robotertränen. [Der Tagesspiegel]
Übrigens gibt es noch die längere LP-Version mit über 22 Minuten – für die längeren Autobahnfahrten. Sie hätte sich für eine Fahrt durch die damalige DDR eigentlich besser geeignet. Eine Live-Version mit 8:52 Minuten finden Sie hier.