In »The Box« wird die Schwerkraft in der Neuen Nationalgalerie Berlin auf den Kopf gestellt
Die Neue Nationalgalerie präsentiert sich in der oberen Halle in unerwarteter Leere: Neben den festen Holzeinbauten, die zum Untergeschoss führen, steht in der gläsernen Halle nur eine riesengroße Holzkiste. Erst wenn man um die Kiste herum geht, kann man durch ein „Fenster“ den Inhalt der Box sehen: Er besteht aus dem realen kompletten Arbeitszimmer von Paul McCarthy, so wie er es 1999 ausgeräumt hat.
Der Transportbehälter wurde allerdings nicht „normal“ aufgestellt, sondern, nachdem McCarthy alle Gegenstände und das Interieur seines Ateliers auf dem „Boden“ des Containers fest verschraubt hatte, um 90 Grad gekippt aufgestellt. So „hängen“ jetzt alle, ursprünglich auf dem Boden stehenden, Gegenstände an einer Wand des Behälters, die Deckenlampen an der gegenüberliegenden Wand und die Fenster, durch die man nun einen Blick auf die Stahlträger der Nationalgalerie werfen kann, befinden sich an der Decke des Containers.
Paul McCarthy hat den gesamten Inhalt seines Ateliers – Tische, Geräte, Werkzeuge, Videoschnittpulte, Kisten, Bücher, Fotos, Bilder, Bleistifte – fotografiert und etikettiert. Nahezu dreitausend Gegenstände aus drei Jahrzehnten künstlerischen Schaffens kamen zusammen und wurden in denselben Maßen wieder neu zusammengebaut.
Der Blick ins Innere der Box irritiert. Die jetzt seitlich angebrachten Neon-Deckenlampen könnte man für eine Lichtskulptur von Dan Flavin halten und der Lüftungsschacht der ehemaligen Atelierdecke wirkt an der Wand wie eine minimalistische Skulptur. Die Atelierausstattung an der anderen Wand hingegen erscheint wie ein dreidimensionales Raumbild.
Atelierdarstellungen hat es in der Kunstgeschichte schon mehrfach gegeben: Dürer, Menzel und Courbet haben dies getan und nun reiht sich auch der 1945 in Salt Lake City geborene McCarthy ein. „The Box“ ist nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder zu sehen, solange ruhte sie in den Archiven der Neuen Nationalgalerie. Der Sammlung nach gehört sie zu den Dauerleihgaben der „Friedrich Christian Flick Collection im Hamburger Bahnhof“. Die Ausstellung ist noch bis zum 4. November 2012 im Kulturforum am Potsdamer Platz zu sehen.