You Can’t Always Get What You Want?

Von Friedhelm Denkeler,

1964 – The Rolling Stones: »Mona«. Sechzig Jahre »The Rolling Stones«. Willst du ein Beatle oder ein Rolling Stone sein?

Cover: Rolling Stones: »Rolling Stones (Nr.1)«, 16. April 1964
Cover: Rolling Stones: »Rolling Stones (Nr.1)«, 16. April 1964

Der große ›Philosoph‹ Mick Jagger meint zwar »Man kann nicht immer alles bekommen, was man will«, aber mit seiner Band The Rolling Stones hat er 2022 alles erreicht, was eine Rockband erreichen kann: Die Band stand sechzig Jahre nach ihrer Gründung auf der Berliner Waldbühne und feierte als »dienstälteste Rockband der Welt» ihr Abschlusskonzert der Deutschland-Tournee. Das Konzert war bei Kartenpreisen von 238 bis 600 Euro (sic!) ausverkauft.

Das Jubiläum nehme ich zum Anlass, um auf meine persönlichen Highlights, auf die schönsten Songs der Stones seit 1964 zurückzublicken. Den Anfang macht ihr erstes Studioalbum, das am 16. April 1964 in Deutschland und Großbritannien unter dem Titel »The Rolling Stones« veröffentlicht wurde.

Die bekanntesten Songs dieser LP sind (Get Your Kicks On) Route 66, Carol (geschrieben von Chuck Berry), Tell Me (You’re Coming Back) (dies ist der erste Titel bei dem als Komponisten Jagger/Richards angegeben sind), Little by Little (Phelge/Spector) und Mona (I Need You Baby).

Der Track Mona ist eine wundervolle Blues-Aufnahme mit Live-Atmosphäre aus dem Studio. Er entstand als fünf weiße Jungs sich den Rhythm & Blues der Schwarzen zum Vorbild nahmen und damit die Jugend in den Beatschuppen zum Tanzen brachte.

1964 bestand die Band aus Mick Jagger (Gesang, Harmonika), Keith Richards (E-Gitarre, akustische Gitarre), Charlie Watts (Schlagzeug), Brian Jones (E-Gitarre, Harmonika, Tamburin) und Bill Wyman (E-Bass). Für ihr erstes Album waren zusätzlich Gene Pitney (Klavier), Phil Spector (Gitarre) und Ian Stewart (Orgel, Klavier) mit dabei. Die Debüt-LP wurde von Andrew Loog Oldham produziert und ist bei Decca Records erschienen.

In Großbritannien erreichte das Album, das in Europa nur in Mono erhältlich war, Platz 1 der Charts (in Deutschland kam die LP bis auf Platz 2). Auf der Vorderseite des LP-Covers sind nur die fünf Bandmitglieder in Farbe abgebildet zu sehen, sonst nichts. Weder der Name der Band noch der Album-Titel wurden angegeben. Für die damalige Zeit eine äußerst ungewöhnliche Design-Idee, heute würde man sagen innovativ. Der Bandmanager Andrew Loog Oldham war von der Zukunft der Band überzeugt. Am liebsten hätte er sicher noch das Decca-Label entfernen lassen.

Auf der Rückseite des Covers, ganz in schwarz-weiß gehalten, finden sich fünf kleine Porträts der Bandmitglieder, fotografiert von David Bailey und die Titelliste. Die USA-Version erschien wenig später unter Titel England’s Newest Hit Makers The Rolling Stones in einer sogenannten reprocessed stereo-Version. Außerdem wurde ausgerechnet Mona durch den Song Not Fade Away (Norman Petty/Buddy Holly) ersetzt.

Der Sommer 1964 war auch das Jahr, in dem die ersten Piratenschiffe aus der Nordsee sendeten. Hauptsächlich erinnere ich mich an Radio Caroline. Der erste Titel, den sie sendeten, soll »Not Fade Away« von den Rolling Stones gewesen sein. In diesem Sommer mussten wir Teenager eine wichtige Frage beantworten, eine Frage des Charakters: Willst du ein Beatle oder ein Rolling Stone sein? Die Beantwortung zog sich noch einige Jahre hin. 1970 erwarb ich mein erstes Album der The Rolling Stones aus dem Jahr 1964.

Everything went young in 1964 [Andy Warhol, »Popism«]

Die Geschichte der Rolling Stones ist die Erfolgsgeschichte der Popkultur [Georg Diez, » Rolling Stone«]

Wir machen aus euch genau das Gegenteil dieser netten, sauberen ordentlichen Beatles. Und je mehr die Eltern euch hassen, desto mehr werden euch die Kids lieben. Wartet nur ab. [Andrew Loog Oldham]

Songtext – The Rolling Stones: »Mona«

I say hey, Mona
Oh, Mona
I say yeah, yeah, yeah, yeah, Mona
Oh, Mona

I tell you Mona what I wanna do
I'll build a house next door to you
Can I see you sometimes?
We can blow kisses through the blinds
Yeah can I out come out on the front
And listen to my heart go bumpety bump
I need you baby that's no lie
Without your love I'd surely die
I say hey, Mona
Oh, Mona
I say yeah, yeah, yeah, yeah, Mona
Oh, Mona
I say yeah, yeah, yeah, yeah, Mona
Oh, Mona

I tell you Mona what I wanna do
I'm gonna build a house next door to you
Can I see you sometime?
We can blow kisses through the blinds
Yeah can I out come out on the front
And listen to my heart go bumpety bump
I need you baby that's no lie
Without your love I'd surely die

I say hey, hey Mona
Oh, Mona
I say yeah, yeah, yeah, yeah, Mona
Oh, Mona
Anmerkung zur Kategorie »«

In dieser Kategorie finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. In der Regel werden pro Jahr ein Song, manchmal auch mehrere, vorgestellt. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. In einer Tabelle habe ich die Songs auf die entsprechenden Videos/Audios verlinkt. Die Serie befindet sich zur Zeit im Aufbau und wird nach und nach vervollständigt. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem für 2025 geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.

Eine Übersicht über alle Artikel der Kategorie finden Sie unter »«.

Die Links zu den Videos/Audios der vorgestellten Songs sind in einer Tabelle im Anhang aufgelistet.

Song des Tages – Cherry Oh Baby

Von Friedhelm Denkeler,

Black and Blue – Das ›schwärzeste‹ Album der Stones

Oh, Cherry, oh Cherry, oh baby/ Doncha know I in need of thee/ You don’t believe it true/ Why don’t you love me, too/ Its so long I been waiting/ For you to come right in/ Now that we are together/ Is make my joy run over [Keith Richard & Mick Jagger: „Cherry Oh Baby“]

Der Titel »Black and Blue« des dreizehnten, 1976 erschienenen Studioalbums der Rolling Stones, ist eine Anspielung auf das deutsche ‹Grün und Blau schlagen‹. Es soll hier für den Einfluss der schwarzen Musik auf die Songs des Albums stehen: ›Black‹ für die Schwarze Musik (Reggae) und ›Blue‹ für die typischen afroamerikanischen Töne, die ›Blue Notes‹, die den Bluescharakter von Melodien prägen. Die Songs dieser LP weisen besonders viele Einflüsse von Funk-, Blues-, Rock-, Jazz- und Reggae-Musik auf. Man kann deshalb Black and Blue als ›schwärzestes‹ Album der Stones ansehen. Die meisten dieser Songs wurden 1975 in den Musicland Studios von Giorgio Moroder in München aufgenommen. The Rolling Stones: »Cherry Oh Baby«, 1976.

1969 trat Mick Taylor, der seit 1967 bei John Mayall in dessen Band The Bluesbreakers spielte, als Nachfolger für Brian Jones in die Band ein. Fünf Jahre später verließ der introvertierte Musiker die Band wieder; mit den Showmen Mick Jagger und Keith Richards kam er auf Dauer nicht klar. Deshalb waren die Stones im Rahmen der Aufnahmen zum Album Black and Blue auf der Suche nach einem neuen Gitarristen. Sie testeten für die anstehenden Aufnahmen unter vielen anderen auch Jeff Beck und Ron Wood. Die Band entschied sich letztlich für Ron Wood als neues Bandmitglied. In Black and Blue ist er in den Stücken »Cherry Oh Baby« und »Hey Negrita« bereits als Gitarrist zu hören.

The Rolling Stones: »Black And Blue«, Erscheinungsdatum: 20. April 1976, Foto © Friedhelm Denkeler 2017
The Rolling Stones: »Black And Blue«, Erscheinungsdatum: 20. April 1976, Foto © Friedhelm Denkeler 2017

Der Titel »Cherry Oh Baby« wurde 1983 auch von der 1978 gegründeten multinationalen Reggae- und Popband UB40 aus Großbritannien auf dem Album »Labour of Love« gecovert. Ursprünglich stammt der Song aber von Eric Donaldson. Mit ihm gewann er 1971 den Jamaican Festival Song-Wettbewerb. Der Song ist auf dem Album »Love of the Common People« zu finden. Reggae-Musik ist nicht unbedingt meine bevorzugte Musikrichtung, da kommt mir der Stil der Stones doch sehr entgegen. Eric Donaldson: „Cherry Oh Baby“, 1971, (das Original!)

Aus gegebenem Anlass ist Cherry Oh Baby heute mein Song des Tages geworden. Man könnte ihn als Reggae-Parodie, als Gag verstehen; bei den Aufnahmen in München hatte die Gruppe sicherlich viel Spaß. Wahrscheinlich ist es der erste Reggae-Song, den sie aufnahmen. Hey Negrita ist ähnlich aufgebaut und wurde von Ron Wood angeregt (er wird als Co-Autor erwähnt). Die anderen Albumtitel lassen sich ebenso alle gut hören. Das Album startet mit dem funkygen Hot Stuff.

Funk ist der Oberbegriff für eine Spielart ursprünglich afroamerikanischer Musik, die sich Ende der 1960er Jahre aus verschiedenen Einflüssen des Soul, Rhythm and Blues und Jazz entwickelt hat und wiederum Musikstile wie Disco, Hip-Hop und House stark geprägt und beeinflusst hat [aus: Wikipedia]

Hand Of Fate und Crazy Mama sind einfach solide Rock-Stücke im typischen Stones-Stil. Fool to Cry ist ein Klassiker (die einstige Nr.1-Hit-Single), eine Falsetto-Ballade, die wohl nicht Keith Richards Favorit war, denn als die Stones sie 1976 live spielten soll er eingeschlafen sein. Melody ist ein sehr jazziger Song und Memory Motel ist für die Stones mit sieben Minuten schon ein langes Stück. Jagger erzählt in der epischen Ballade die Geschichte von Hannah und einer Nacht im Memory Motel und am Strand (gemeint ist Montauk auf Long Island). Nach über vierzig Jahren finde ich das Werk besser denn je, es hat etwas Ungewöhnliches und Abwechslungsreiches und trotzdem klingt es wie ein Konzept. Also nicht nur der Song des Tages, sondern das Album des Monats.

Mick ›Lonely at the Top‹ Jagger

Von Friedhelm Denkeler,

Angel in My Heart – Zum 70. Geburtstag von Sir Mick Jagger

Mick Jagger verkörpert das Versprechen darauf, dass die Party nie zu Ende geht. [taz]

Heute wird er 70 Jahre und steht seit 50 Jahren den Rolling Stones als Frontmann vor: Mick Jagger. 2003 wurde er für seine Verdienste um die populäre Musik zum Ritter geschlagen und darf jetzt den Titel Sir tragen.

"Angel in My Heart", Foto © Friedhelm Denkeler 1984
»Angel in My Heart«, Foto © Friedhelm Denkeler 1984

Zum Ehrentag habe ich einen weniger bekannten Song aus seinem dritten Soloalbum Wandering Spirit aus dem Jahr 1993 herausgesucht: Mick Jagger: »Angel in My Heart«

Im Video ist die Studioaufnahme zu hören und der Songtext wird eingeblendet. Eine Liveaufnahme finden Sie hier. Seinen letzten Auftritt hatte Mick mit den Rolling Stones kürzlich im Londener Hyde-Park. Sie spielten hier bereits schon einmal vor 44 Jahren.

Der focus meint: »Unbestritten der Pfau auf der Bühne aber war Jagger. Sein Mund so groß wie der Eingang zum Gotthard-Tunnel, die Stimme fordernd und arrogant, federnd und tänzelnd der Gang. Ein Mann, so mager wie ein indischer Asket, aber mit der Präsenz eines ungeschlagenen Gladiators«.

Arne Willander schreibt im Rolling Stone: »In der Skandalbiografie Mick führt Christopher Andersen neben den bekannten turbulenten Ehen mit Bianca Jagger und Jerry Hall Affären sowie bekannten Amouren mit Marianne Faithfull und Uschi Obermaier, auch Affären mit Angelina Jolie, Sophie Dahl, Carly Simon, Linda Ronstadt, Uma Thurman, Carla Bruni, Madonna und David Bowie auf.«

Zum Schluss noch ein Song aus Jaggers ersten Soloalbum She’s the Boss aus dem Jahr 1985: Mick Jagger: „Lonely at the Top“. Siehe auch Ein halbes Jahrhundert Rolling Stones.

I can feel the salt on my skin
I can hear the birds on the wing
I can smell the wood on the fire
I can see the smoke of desire
Let me in your dreams
Angel in my heart, Angel in my heart