Black and Blue – Das ›schwärzeste‹ Album der Stones
Oh, Cherry, oh Cherry, oh baby/ Doncha know I in need of thee/ You don’t believe it true/ Why don’t you love me, too/ Its so long I been waiting/ For you to come right in/ Now that we are together/ Is make my joy run over [Keith Richard & Mick Jagger: „Cherry Oh Baby“]
Der Titel »Black and Blue« des dreizehnten, 1976 erschienenen Studioalbums der Rolling Stones, ist eine Anspielung auf das deutsche ‹Grün und Blau schlagen‹. Es soll hier für den Einfluss der schwarzen Musik auf die Songs des Albums stehen: ›Black‹ für die Schwarze Musik (Reggae) und ›Blue‹ für die typischen afroamerikanischen Töne, die ›Blue Notes‹, die den Bluescharakter von Melodien prägen. Die Songs dieser LP weisen besonders viele Einflüsse von Funk-, Blues-, Rock-, Jazz- und Reggae-Musik auf. Man kann deshalb Black and Blue als ›schwärzestes‹ Album der Stones ansehen. Die meisten dieser Songs wurden 1975 in den Musicland Studios von Giorgio Moroder in München aufgenommen. The Rolling Stones: »Cherry Oh Baby«, 1976.
1969 trat Mick Taylor, der seit 1967 bei John Mayall in dessen Band The Bluesbreakers spielte, als Nachfolger für Brian Jones in die Band ein. Fünf Jahre später verließ der introvertierte Musiker die Band wieder; mit den Showmen Mick Jagger und Keith Richards kam er auf Dauer nicht klar. Deshalb waren die Stones im Rahmen der Aufnahmen zum Album Black and Blue auf der Suche nach einem neuen Gitarristen. Sie testeten für die anstehenden Aufnahmen unter vielen anderen auch Jeff Beck und Ron Wood. Die Band entschied sich letztlich für Ron Wood als neues Bandmitglied. In Black and Blue ist er in den Stücken »Cherry Oh Baby« und »Hey Negrita« bereits als Gitarrist zu hören.
Der Titel »Cherry Oh Baby« wurde 1983 auch von der 1978 gegründeten multinationalen Reggae- und Popband UB40 aus Großbritannien auf dem Album »Labour of Love« gecovert. Ursprünglich stammt der Song aber von Eric Donaldson. Mit ihm gewann er 1971 den Jamaican Festival Song-Wettbewerb. Der Song ist auf dem Album »Love of the Common People« zu finden. Reggae-Musik ist nicht unbedingt meine bevorzugte Musikrichtung, da kommt mir der Stil der Stones doch sehr entgegen. Eric Donaldson: „Cherry Oh Baby“, 1971, (das Original!)
Aus gegebenem Anlass ist Cherry Oh Baby heute mein Song des Tages geworden. Man könnte ihn als Reggae-Parodie, als Gag verstehen; bei den Aufnahmen in München hatte die Gruppe sicherlich viel Spaß. Wahrscheinlich ist es der erste Reggae-Song, den sie aufnahmen. Hey Negrita ist ähnlich aufgebaut und wurde von Ron Wood angeregt (er wird als Co-Autor erwähnt). Die anderen Albumtitel lassen sich ebenso alle gut hören. Das Album startet mit dem funkygen Hot Stuff.
Funk ist der Oberbegriff für eine Spielart ursprünglich afroamerikanischer Musik, die sich Ende der 1960er Jahre aus verschiedenen Einflüssen des Soul, Rhythm and Blues und Jazz entwickelt hat und wiederum Musikstile wie Disco, Hip-Hop und House stark geprägt und beeinflusst hat [aus: Wikipedia]
Hand Of Fate und Crazy Mama sind einfach solide Rock-Stücke im typischen Stones-Stil. Fool to Cry ist ein Klassiker (die einstige Nr.1-Hit-Single), eine Falsetto-Ballade, die wohl nicht Keith Richards Favorit war, denn als die Stones sie 1976 live spielten soll er eingeschlafen sein. Melody ist ein sehr jazziger Song und Memory Motel ist für die Stones mit sieben Minuten schon ein langes Stück. Jagger erzählt in der epischen Ballade die Geschichte von Hannah und einer Nacht im Memory Motel und am Strand (gemeint ist Montauk auf Long Island). Nach über vierzig Jahren finde ich das Werk besser denn je, es hat etwas Ungewöhnliches und Abwechslungsreiches und trotzdem klingt es wie ein Konzept. Also nicht nur der Song des Tages, sondern das Album des Monats.