Dass ich mich in meiner Arbeit über die Kunstwelt lustig mache, heißt nicht, dass ich meine Arbeit nicht ernst nehme [Sherrie Levine, Konzeptkünstlerin (Appropriation Art)]
Gestern Abend zitierte Christine Frisinghelli, Graz, die Künstlerin Sherrie Levine am Ende ihrer Einführung zur Ausstellungseröffnung von Wolfgang Vollmer, Köln, in der oca Gallery in der Potsdamer Straße. Und diese Worte charakterisieren die Arbeiten Meisterwerke der fotografischen Kunst – Die Sammlung Vollmer – 175 Jahre Erfindung der Fotografie sehr treffend.
Sherrie Levine wurde mit ihrer aneignenden Arbeit After Walker Evans berühmt: Sie fotografierte aus Evans Bildbänden Fotos ab und stellte sie unter ihrem Namen aus. Inzwischen hat ein Michael Mandiberg (sozusagen ein Appropriationist der zweiten Generation) wiederum Levines Kopien abfotografiert und als After Sherrie Levine veröffentlicht. Das reizte natürlich auch Wolfgang Vollmer: Er schuf ein Foto, das in der Ausstellung wie folgt beschrieben ist: »Unbekannter Fotograf. Original-Reproduktion einer Foto-Arbeit von Louise Lawler, Sammlung Eaine Stuyvsant, 1995 mit After Walker Evans von Sherry Levine, 1981, hier: Walker Evans, Penny Picture Display, 1936, 2014. Das Original von Walker Evans ist übrigens zurzeit im Martin-Gropius-Bau zu sehen.
»Will man herausfinden, wie etwas funktioniert, gibt es ein probates Mittel – man zerlegt es. Man versucht ein Drei-Männer-Porträt vor einer weiten Landschaft zu verstehen – man findet drei Männer, eine weite Landschaft und stellt sie wie in der Vorlage auf. (Gemeint ist hier das berühmte Foto Drei Jungbauern auf dem Weg zum Tanz von August Sander. Anmerkung F.D.) Und dann erkennt man, dass einige Elemente Wirkung haben, andere nicht. Am Ende weiß man, wie jedes Detail dieser Fotografie wirkt, weil man jedes Detail in der Hand hatte. Man hat die Szene durchlebt (Reenactment), hat sie sich angeeignet (Appropriation), hat sie nachgeahmt (Mimikry). Will man also herausfinden, wie etwas funktioniert, gibt es ein probates Mittel, man setzt es wieder zusammen [Wolfgang Vollmer].
Die Sammlung Vollmer begann vor 30 Jahren als Sammlung Tillmann und Vollmer. In der Werkstatt für Photographie in Kreuzberg sahen wir zur Vernissage am 20. September 1985 erstmals diese Bilder. Inzwischen hat Vollmer seine Serie alleine weiter geführt; etwa ein Viertel der ausgestellten Arbeiten stammt noch aus der Ursprungs-Sammlung.
Die Ausstellung läuft nicht offiziell unter dem Logo des Monats der Fotografie in Berlin, aber sie gehört ganz sicher zu den sehenswerten fotografischen Arbeiten dieser Wochen in Berlin. Die Ausstellung in der oca Gallery ist noch bis zum 29.11.2014 zu besichtigen. Wolfgang Vollmer.
Fotografiert ruhig weiter, aber verletzt euch nicht dabei! [Martin Kippenberger, zitiert von Bernd Dicke in der Zeitung Meisterwerke der fotografischen Kunst, die zur Ausstellung erschienen ist.]