Mars-Bilder von Thomas Ruff

Von Friedhelm Denkeler,

»Stellar Landscapes« in Münster bis zum 8. Januar 2012

Das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster präsentiert mit der Ausstellung Thomas Ruff. Stellar Landscapes einen der international bekanntesten deutschen Fotokünstler der Gegenwart. In mittlerweile über zwei Dutzend Serien hat Thomas Ruff wie kein anderer zeitgenössischer Künstler die Grenzen des Mediums Fotografie erforscht und definiert. »Mit den 60 Exponaten dieser hochkarätigen Ausstellung geht das LWL neue Wege: Die Einladung an den Düsseldorfer Fotokünstler Thomas Ruff läutet den Beginn einer verstärkten Auseinandersetzung mit der Fotografie hier im Landesmuseum ein«, so die Kulturdezernentin des LWL, Dr. Barbara Rüschoff-Thale.

"Sofortbild vom  Mars", Foto © Friedhelm Denkeler 2011 (Quelle: NASA/ University of Arizona)
»Sofortbild vom Mars«, Foto © Friedhelm Denkeler 2011 (Quelle: NASA/ University of Arizona)

Im Fokus der Ausstellung Thomas Ruff. Stellar Landscapes stehen vier Serien aus Thomas Ruffs Werk: Die Serie Sterne, zwischen 1989 und 1992 entstanden, die zycles von 2007, die Serie cassini von 2008/2009 und aktuelle Arbeiten aus der Serie ma.r.s., die zum ersten Mal in einem Museum gezeigt werden. Ergänzend werden einzelne Arbeiten aus anderen Serien des Künstlers zu sehen sein.

Für das Museum bedeutet die Ausstellung zugleich den wichtigen Schritt, die vorhandene Sammlung der Gegenwartskunst um das Gebiet der Fotografie zu erweitern. »Sechs Arbeiten aus der Serie cassini wurden für die Sammlung des Museums angekauft und werden nun zum ersten Mal präsentiert«. [Museumsdirektor Dr. Hermann Arnhold]

Arnhold: »Der Blick in den Himmel übt auf die Menschen eine große Faszination aus. Sterne, Himmelslandschaften und Planeten geben uns eine Vorstellung von der Weite des Weltraums und von der Unendlichkeit der Welt. Thomas Ruff knüpft an diese Faszination an und schafft aus vorhandenem Bildmaterial, zum Beispiel von der NASA, großformatige Fotografien, die die Schönheit des Alls zeigen.« Dabei beschäftige sich der Künstler auch mit den grundlegenden Eigenschaften des Mediums Fotografie und wirft die Frage auf, welche Bedeutung die künstlerische Handschrift im digitalen Zeitalter hat.

Das Weltall und die Astronomie haben Thomas Ruff schon immer fasziniert. Orte außerhalb des menschlichen Lebensraums berühren elementare Fragen des Bewusstseins. Thomas Ruffs großformatige Sterne haben darum eine tiefe Wirkung auf den Betrachter: Einerseits mag man Sehnsucht verspüren angesichts der funkelnden Sternenlandschaften, zugleich aber auch Melancholie ob der eigenen Winzigkeit, der man sich in Anbetracht des unendlichen Alls bewusst wird. »Im Hintergrund schwingen jedoch andere Fragestellungen mit: Inwieweit ist das Medium Fotografie, das wir meist für objektiv halten, überhaupt dazu geeignet, eine authentische Wirklichkeit festzuhalten?«, erläuterte die Kuratorin der Ausstellung, Melanie Bono. Das Licht der Sterne weist in dem Moment, in dem es ins Objektiv der Kamera trifft, nicht zwangsläufig auf einen tatsächlich existierenden Stern. Vielmehr dauert die Reise des Lichts oft so lange, dass der Stern in Wirklichkeit schon längst verloschen ist. Bono: »Was genau ist nun also in diesen analogen, unbearbeiteten Fotografien zu sehen? Wie hoch kann ihr Wirklichkeitsgehalt sein?«

Ausgangsmaterial für alle gezeigten Fotografien war wissenschaftliches Bildmaterial, das zum Teil frei zugänglich im Internet zur Verfügung steht. Während Thomas Ruff bei der Serie Sterne den Bildausschnitt auswählte, bearbeitete er das Ausgangsmaterial der neueren Serien stärker: Für die Serien cassini und ma.r.s. verwendete Thomas Ruff Aufnahmen verschiedener NASA-Missionen. Er bearbeitete sie digital, ergänzte die Farben, manipulierte Kontraste und Bildausschnitte. Die ursprünglich sachlichen, schwarz-weißen Aufnahmen erhalten durch Ruffs Farbbearbeitung einen neuen Charakter: Die malerisch wirkenden, ästhetisierten Bilder werden in ihrer abstrakten Schönheit zu Projektionsflächen.

Schon seit 1989 hat Thomas Ruff die eigene Produktion von Fotografien zugunsten der Arbeit mit vorhandenem Material zurückgestellt. Er untersucht die Voraussetzungen und Bedingungen von Bildern im Kontext von klassischer Fotografie, Wissenschaft und Malerei und weckt Fragen nach der Abbildbarkeit der Wirklichkeit. Die visuelle Massenproduktion der Gegenwart ist genauso Ruffs Thema wie die Frage nach der Archivierung und nach dem Nutzen dieser Bilder. [Quelle: Presseinformation].

Neues Museum – Ein architektonisches Highlight

Von Friedhelm Denkeler,

Bernd und Hilla Becher und Ulrich Rückriem im Staatlichen Museum für Kunst und Design in Nürnberg

"Treppenhaus des Neuen Museums, Nürnberg", Foto © Friedhelm Denkeler 2010
»Treppenhaus des Neuen Museums«, Nürnberg, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Über den Um- und Erweiterungsbau des Folkwang-Museums in Essen wurde viel Lob ausgeschüttet. Richtig spannend und toll ist für mich aber der Neubau des Neuen Museums in Nürnberg durch den Berliner Architekten Volker Staab. Er passt trotz großer Glasfassaden wunderbar in die Nürnberger Altstadt. Es ist eine große Überraschung das Museum mit der großen, transparenten Fassade zum Klarissenplatz, mit der großzügigen Eingangshalle, dem lichten Treppenhaus und den abwechslungsreichen Ausstellungsräumen zu entdecken.

Ulrich Rückriem hatte eigens zur Eröffnung des Neuen Museums im Jahr 2000 für den großen Ausstellungssaal ein Werk geschaffen. Elf Kuben aus Normannischem Granit, die als Grundfläche die Größe der Bodenfliesen aufweisen, hat der Künstler jetzt als dritte Version zum zehnjährigen Bestehen neu arrangiert: Granit Bleu de Vire, zugeschnitten 2000, Version 3. In der Berliner Nationalgalerie waren 2009 (und auch 1998 und 2004) ähnliche Kuben zu sehen, die aus statischen Gründen nicht so hoch waren. In Nürnberg gefiel mir aufgrund des schlichten, großzügigen Raumes und insbesondere wegen der sehr guten Beleuchtung mit Tageslicht (aber auch ähnlich gut mit Kunstlicht), das Werk wesentlich besser.

In einer Auswahl von Werken unter dem Titel Gesammelt – 2000 bis 2010 stehen weitere Neuankäufe und Leihgaben im Mittelpunkt.

Hans-Peter Feldmann hat ein einem wandgroßen Tableau 100 Jahre, bestehend aus 101 Schwarz-Weiß-Fotografien, Porträts von Menschen der einzelnen Lebensalter gemacht. Es beginnt mit dem Bild der acht Wochen alten Felina und endet mit einer Fotografie der 100jähigen Maria Victoria. Feldmann ist eigentlich ein Bildersammler. Für diese Arbeit hat er aber selber Modelle aus seinem Verwandten- und Bekanntenkreis fotografiert.

Ulrich Rückriem: “Granit Bleu de Vire, zugeschnitten 2000, Version 3” im Neuen Museum, Nürnberg, Foto © Friedhelm Denkeler 2010
Ulrich Rückriem: »Granit Bleu de Vire, zugeschnitten 2000, Version 3«, Neues Museum, Nürnberg, Foto © Friedhelm Denkeler 2010

Gerhard Richter ist mit acht großzügig gehängten Werken in einem eigenen Raum vertreten. Es sind Werke dabei, die ich bisher nicht kannte, die aber unbedingt erwähnungswert sind: Olympia, 1967 und Birgit Polk, 1971. Weitere Fotos finden sich von Thomas Ruff, Substrat 1, 2001 und drei großformatige Fotografien von Axel Hütte.

Einen sehr guten Überblick über das fotografische Werk von Bernd und Hilla Becher gewinnt man in den in mehreren Räumen ausgestellten zehn Typologien (so der Titel der Ausstellung): Fördergerüste, Kühltürme, Aufbereitungsanlagen, Fachwerkhäuser, Hüttenwerke-Hochöfen, Feinkohletürme, Lagerhäuser, Wassertürme, Gasbehälter und Kalköfen.

Im gesamten Museum darf übrigens fotografiert werden. Das gibt einen dicken zusätzlichen Pluspunkt. Der Besuch des neuenmuseums hat viel Freude bereitet und am liebsten hätte ich nach der Besichtigung noch einmal von vorne angefangen, aber es gibt in Nürnberg ja noch mehr zu sehen.

Da ist zunächst einmal die komplette Altstadt zu nennen. Sie wurde im zweiten Weltkrieg durch systematische Bombardierung durch die Alliierten zu über 90 Prozent zerstört. Die Stadt bestand darauf, sie wieder originalgetreu aufzubauen – und das hat sich gelohnt.

Die 950-jährige Geschichte der Stadt lässt sich im Stadtmuseum Fembohaus in wertvoll restaurierten Originalräumen nachvollziehen. Leben und Wohnen, Arbeiten und Werk Albrecht Dürers (1471 – 1528) sind im Albrecht-Dürer-Haus, indem er von 1509 bis zu seinem Tode gelebt hat, unterhalb der Nürnberger Burg, zu besichtigen.

Zur Geschichte der Stadt gehört leider auch die Zeit während des nationalsozialistischen Regime. Sie wird auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände mit den noch immer gigantischen Bauresten von Kongresshalle und Zeppelinfeld erkennbar und im neuen, neugebauten, gut gelungenen Dokumentationszentrum dargestellt. www.nmn.de