Fotoausstellung »Manfred Paul – En Passant« in der Collection Regard bis zum 18.12.2015
Die Beine der Frauen sind die Zirkel, die den Erdball in allen Himmelsrichtungen ausmessen und ihm sein Gleichgewicht und seine Harmonie geben. [Bertrand Morane in »Der Mann, der die Frauen liebte«]
Als erstes fällt einem, wenn man Manfred Pauls neue Ausstellung »En Passant« in Marc Barbeys Collection Regard sieht, François Truffauts Film Der Mann, der die Frauen liebte aus dem Jahr 1977, ein.
Der Ingenieur Bertrand Morane, gespielt von Charles Denner, verliebt sich in die Beine einer unbekannten Frau. Seit seiner Jugendzeit interessiert er sich für Frauenbeine und letztendlich sind diese auch für sein tragisches Ende verantwortlich.
Auch Manfred Pauls Photographien kann man als Suche nach einem Traumbild, nach dem Geheimnis des Weiblichen verstehen. Aber im Gegensatz zu Truffauts Film sind sie eher zufällig, en passant, in der Zeit zwischen 1986 und 1990 entstanden und jetzt zum ersten Mal öffentlich bei Marc Barbey zu sehen.
Fast dreißig Jahre lang war Manfred Paul als Lehrer für Photographie tätig. Erst in den letzten Jahren hatte er Zeit, sein Archiv aufzuarbeiten und so bekommen wir neben den bekannten Stadtbildern wie »Berlin Nordost« (1973-1989), nun auch den Werkzyklus »En Passant« zu sehen.
Die Beine der Frauen sind nackt oder tragen Strümpfe, mal undurchsichtig – mal durchsichtig; sie stehen sittsam nebeneinander, werden gekreuzt oder locker übereinander geschlagen; sie bleiben anonym und sind doch individuell und so unterschiedlich wie die dazugehörenden Besitzerinnen. Sagt die Phantasie zumindest. Zu sehen sind aber en passant eben nur die Beine und sie stehen ganz allein für sich.
Harald Martenstein hat in seiner Kolumne im ZEIT-Magazin darüber geschrieben, wie schwierig es heutzutage ist, Frauen Komplimente zu machen. Schnell steht man als Mann unter Verdacht, auf Anmache aus zu sein. Er kommt zu dem Fazit, dass es mit Komplimenten wie mit Humor ist, also meist eine Gratwanderung zwischen gutem und schlechtem Geschmack. Die Alternative, ein Leben ohne Humor und wertschätzende Komplimente, ist aber nicht erstrebenswert.
Marc Barbey in seiner Eröffnungsrede am 10. September 2015: »So ist diese Ausstellung auch ein Plädoyer für Komplimente, … für wohlwollende, freundliche und respektvolle Aufmerksamkeit, für einen Blick, der immer auf der Suche nach Schönheit ist. Und ich vertraue Manfred Pauls guten Geschmack, dem es gelingt, auf dem Grat zu balancieren, der es uns erlaubt, seine Freude am eingefangenen Moment zu teilen.«
Die Sinnlichkeit der Bilder ist offenbar, ohne je sich aufzudrängen liegt sie still in den Bildern, so wie ein stilles Begehren erweckt wird. [Hubertus von Amelunxen]