Freie Wahl des Fluggebietes für Schmetterlinge

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen von der dOCUMENTA 13 in Kassel (Nachtrag). Von Kristina Buchs Schmetterlingsgarten bleiben nach der Documenta nur Puppenhülsen übrig

Die Düsseldorferin, Biologin und jetzt Kunst studierende Kristina Buch hat als jüngste Teilnehmerin (29 Jahre) der diesjährigen Documenta auf dem Friedrichsplatz vor dem Staatstheater in Kassel den Schmetterlingsgarten The Lover errichtet (siehe auch Ein Schmetterlingsgarten ohne Schmetterlinge und eine Welle ohne Welle). Damit die heimischen Schmetterlinge ideale Lebensbedingungen finden, hat sie den Garten mit 180 verschiedenen, faltergerechten Futterpflanzen bestückt. Während der 100 Tage der Documenta wird sie an die 3000 Schmetterlinge in diesem Garten aussetzen.

Buch lässt die Falter in ihrer extra für die Documenta angemieteten Wohnung schlüpfen und bringt jeden Tag rund 30 Falter, sobald sie fliegen können, in den Garten. Dann haben die Falter die freie Wahl, sich auch für andere Biotope mit entsprechenden Nektarpflanzen zu entscheiden. Das ist sicher ganz im Sinne der künstlerischen Leiterin der Documenta Carolyn Christow-Bakargiew (CCB), die, wie man liest, ein Wahlrecht für Hunde gefordert haben soll. Während unseres Besuches in Kassel haben wir übrigens keinen einzigen Falter auf dem vom Verkehr umtosten Platz gesehen. Was schließen wir daraus?

"Documenta 13: Kristina Buch: 'Leere Puppenhülsen und einhundert Tage' (Ausschnitt)", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Kristina Buch: Leere Puppenhülsen und einhundert Tage (Ausschnitt)«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Aber etwas wird von Buchs Aktion über die Documenta hinaus bleiben: die leeren Puppenhülsen. Buch lebt während der Documenta in Kassel und wird jeden Tag in einer Vitrine in der Documenta-Halle die leeren Puppenhülsen der geschlüpften Falter aufspießen. Den Titel der Arbeit The Lover kann ich allerdings immer noch nicht nachvollziehen. Eine Übersicht aller dreizehn Artikel der “Impressionen zur dOKUMENTA (13)” meines Documenta-Besuchs finden Sie hier.

Ein Schmetterlingsgarten ohne Schmetterlinge und eine Welle ohne Welle

Von Friedhelm Denkeler,

Impressionen von der dOCUMENTA 13 in Kassel (12)

"Documenta 13: Song Dong mit Doing Nothing Garden", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Song Dong mit Doing Nothing Garden«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Mitten auf der Karlswiese vor der Orangerie in der Karlsaue hat der chinesische Installations- und Performance-Künstler Song Dong einen sechs Meter hohen Berg aufgeschüttet: „Doing Nothing Garden“. Der Bonsaiberg besteht im Wesentlichen aus Zivilisationsmüll. Dieser ist Schicht für Schicht mit organischen Abfällen und Erde überdeckt und mit Gras und Wildkräutern überwachsen (siehe Foto). Abends sollen die Neon-Schriftzeichen Doing Nothing zu lesen sein. Ein künstlicher Berg in einer Kunstlandschaft; »gleichwohl ist er ein in sich lebender Organismus und beweist so, dass im richtigen Kontext sogar Nichtstun schöpferische Wirkung entfalten kann« [Katalog].

"Documenta 13: Kristina Buchs Schmetterlingsgarten", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Kristina Buchs Schmetterlingsgarten«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Die deutsche Künstlerin Kristina Buch hat eine ähnliche Arbeit auf dem Friedrichsplatz vor dem Staatstheater Kassel geschaffen. Dieses Werk erinnert aber eher an die erste Documenta 1955, die im Rahmen der Bundesgartenschau stattfand. Ein quadratischer Miniatur-Garten wächst auf einem erhöhten Podium. Dieser „hängende“ Garten wurde mit Brennnesseln und Disteln rund um eine farbige Blütenpracht bepflanzt; der ideale Garten für Schmetterlinge. Dazu wurden dort Hunderte Schmetterlingspuppen ausgelegt. Sie sollen die Blumeninsel bevölkern. Ich konnte leider keinen einzigen Falter ausmachen (siehe Foto).

"Documenta 13: Massimo Bartolinis Wave", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 13: Massimo Bartolinis Wave«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

So ähnlich erging es mir bei der Arbeit des Italieners Massimo Bartolini, Wave genannt. Während unseres Besuches war die Welle nur ohne Welle zu sehen. Sie besteht aus einem in die Karlswiese eingelassenen rechteckigen, mit Wasser gefüllten Bassin, umgeben von einem Kornfeld. In dem Bassin soll eine Welle gleichmäßig hin und her schwappen, eine Welle, die nirgendwo hin wandern kann und niemals ausläuft (siehe Foto).

Das war der letzte Vormittag in Kassel, den wir noch einmal in der Karlsaue und an der Fulda verbrachten, und wir warfen noch einen Blick auf Claes Oldenborgs große Spitzhacke (1982, Documenta 7) am Ufer der Fulda.

"Documenta 7: Claes Oldenborgs Spitzhacke", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Documenta 7: Claes Oldenborgs Spitzhacke«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012