Von der Freiheit zu gehen und der Freiheit zu bleiben

Von Friedhelm Denkeler,

Christian Petzold mit »Barbara«

Gestern Abend startete der erste von drei deutschen Filmen der Berlinale ins Rennen und vielleicht auch um einen der Bären – Christian Petzolds »Barbara«. Es ist ein handwerklich solider, schöner Film geworden, aber die Geschichte ist absehbar, einige Wendungen mehr hätten dem Film gut getan.

"Nina Hoss und Ronald Zehrfeld im Berlinale Palast", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
Nina Hoss und Ronald Zehrfeld im Berlinale Palast, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Trotzdem: Der Film lebt von und mit der exzellent spielenden Nina Hoss. Viel Lob von den Kritikern. Ein Rätsel – das ist positiv gemeint – bleibt am Schluss: Wie kann man in einem untergehenden System leben, wie in solch einer Atmosphäre Menschen vertrauen? Hat man die Freiheit zu gehen oder zu bleiben überhaupt?

Vielleicht schlägt sich der Film auch mit zu vielen Klischees der DDR herum: Es herrscht eine Grund-Muffigkeit vor, sowohl bei den handelnden Personen, den Häusern und Straßen und der schlechten Ausstattung der Krankenhäuser. Oder war es wirklich so schlimm? Christian Petzold betonte in der Pressekonferenz allerdings mehrmals, es sei ihm nicht darum gegangen, die DDR zu rekonstruieren.

Die düsteren Landschafts-aufnahmen sind hervorragend gelungen. Die Szenen, in denen Barbara mit dem Fahrrad in der Abenddämmerung auf einem Feldweg, entlang vom Sturm gepeitschter Bäumen von der Klinik nach Hause fährt, werden in Erinnerung bleiben. Der Sehsinn wird geschult, aber auch der des Hörens: Petzold verzichtet auf Musik als reine Untermalung, auf den Klangbrei.

Der Film spielt in Mecklenburg-Vorpommern, gedreht wurde er aber in Kirchmöser, einem Ortsteil der Stadt Brandenburg an der Havel. Diese alte Arbeitersiedlung aus den 1920er Jahren steht heute unter Denkmalschutz und genau dort steht auch das Krankenhaus, das seit sieben Jahren nicht mehr benutzt wird und nun als Filmkulisse diente.

Sommer 1980 in der DDR. Die Ärztin Barbara hat einen Ausreiseantrag gestellt. Nun wird sie aus der Hauptstadt in ein kleines Provinzkrankenhaus strafversetzt. Jörg, ihr Geliebter aus dem Westen, bereitet ihre Flucht über die Ostsee vor. Barbara wartet. Die neue Wohnung, die Nachbarn, der Sommer und das Land, all das berührt sie nicht mehr. Sie arbeitet in der Kinderchirurgie unter Leitung ihres neuen Chefs André – aufmerksam gegenüber den Patienten, distanziert gegenüber den Kollegen. Ihre Zukunft fängt später an. André verwirrt sie. Sein Vertrauen in ihre beruflichen Fähigkeiten, seine Fürsorge, sein Lächeln. Warum deckt er ihr Engagement für die junge Ausreißerin Stella? Ist er auf sie angesetzt? Ist er verliebt? Barbara beginnt die Kontrolle zu verlieren. Über sich, über ihre Pläne, über die Liebe. Dann rückt der Tag ihrer geplanten Flucht näher. Nach „Gespenster“ (2005) und Yella (2007) stellt Christian Petzold seinen dritten Film im Wettbewerb der Berlinale vor. Wieder steht eine Frau im Mittelpunkt, die sich wie ein Phantom durch ihr eigenes Leben bewegt. Es ist ein Leben, in dem sich die Überwachung und die Angst davor tief in die menschlichen Beziehungen eingeschrieben haben. [Quelle: Filmbeschreibung] Trailer