Matthias Glasner mit »Gnade« mit Jürgen Vogel und Birgit Minichmayr
Aller guten Dinge sind drei: Der gestern gesehene dritte deutsche Wettbewerbsbeitrag auf der Berlinale »Gnade« von Matthias Glasner war denn auch der beste von den Dreien (Christian Petzold mit Barbara, Hans-Christian Schmid mit Was bleibt).
Glasner erzählt eine Geschichte, die vom Anfang bis zum Ende stimmig ist und die, das ist gegenüber den anderen Filmen eher die Ausnahme, deutlich Stellung bezieht. Das ist mutig und provokant, in einer Zeit, wo man sich am liebsten hinter Anwälten versteckt und zu keiner eigenen Stellungnahme fähig ist.
Er führt die Zuschauer von der Dunkelheit ins Licht und dazu sind die herrlichen Landschafts-aufnahmen in der Dämmerung (teilweise aus größerer Höhe gefilmt) einprägsam und absolut stimmig. Selbst die Lichtstimmung im Haus, mit dem Blick aus dem Fenster in die Polarnacht, ist einmalig. Aber das muss man selbst sehen.
Jürgen Vogel und Birgit Minichmayr sind auf dem Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens und mit Henry Stange konnten wir einen weiteren großartigen Kinderdarsteller der diesjährigen Berlinale sehen. Matthias Glasner hat sich in seinem Drama „Der freie Wille“ (Berlinale Wettbewerb 2006) schon einmal ausführlich mit der dunklen Seite der menschlichen Seele beschäftigt. Diesmal allerdings findet er einen versöhnlichen Ausgang, der mit dem Wort „Happyend“ nur höchst unzureichend beschrieben wäre. Seelenfrieden wäre passender. Der Film liefert die Bilder, aber die eigentliche Arbeit findet im Kopf statt. Besser kann man einen Film nicht machen.
Der Film »steuert, ohne jemals zu übersteuern, in die Tragödie – und löst sie in einer stillen, kathartischen Szene auf, wie man sie so makellos im Kino lange Zeit nicht gesehen hat« schreibt DER TAGESPIEGEL und DIE ZEIT zieht folgendes Fazit: «Gnade ist ein hervorragend gespieltes Psychodrama, und man kann Glasner Anerkennung entgegen bringen für so viel Klarheit in dem Glauben an seine positive Utopie, dass Vergebung auch unter unwahrscheinlichen Umständen möglich ist.« Besser kann Kino nicht sein und einen Silbernen Bären müsste der Film erhalten, denn der Goldene geht erfahrungsgemäß an einen politisch brisanten Beitrag.
Hammerfest liegt am äußersten nordwestlichen Zipfel von Norwegen am Polarmeer. Zwischen dem 22. November und dem 21. Januar schafft es die Sonne nicht über den Horizont. Zwischen tiefer Nacht und ewiger Dämmerung träumt die Stadt in eisiger Kälte vor sich hin. Hierhin hat es ein deutsches Ehepaar mit seinem Sohn verschlagen. Niels arbeitet als Ingenieur in der größten europäischen Erdgasverflüssigungsanlage auf einer kleinen Insel vor Hammerfest. Maria ist mit ihm gegangen, um ihm seinen Karrieresprung nicht zu versperren. Sie ist Krankenschwester in einem Hospiz für Schwerstkranke. Nebenher züchten die beiden Schafe. Sie haben sich an die fremde, manchmal irreal erscheinende Welt der Nachtschattenspiele offenbar gut angepasst. Eines Tages wird Maria jedoch auf ihrer Heimfahrt in einen Unfall verwickelt. Sie hat etwas oder jemanden überfahren. Außerstande sich der Situation zu stellen, rast sie in Panik nach Hause. Im Fortgang des Geschehens kommen existenzielle Fragen auf. Kann man ohne Gnade und Vergebung leben? Ein kammerspielartiges Melodram in großen Kinobildern.
[Quelle: Filmbeschreibung] Filmtrailer