Vorsicht Kunst!

Von Friedhelm Denkeler,

ARTE POSTALE. Bilderbriefe, Künstlerpostkarten, Mail Art in der Akademie der Künste am Pariser Platz

Mail-Art ist keine museale Kunst per Post, sondern ein Austausch, eine ästhetische Kommunikationsform und für viele Teilnehmer auch ein Vergnügen. [Rosa von der Schulenburg]

 "Mail-Art", Foto © Friedhelm Denkeler 2013
»Mail-Art«, Foto © Friedhelm Denkeler 2013

Kennengelernt habe ich die Mail-Art durch die Holzpostkarten von Josef Beuys aus dem Jahr 1977. Damals hat die Post sich noch die Mühe gemacht, auch einmal originelle Briefe zu befördern.

Vor und nach Beuys haben Künstler neben ihren eigentlichen Werken immer wieder einmal illustrierte Künstlerpost, d.h. beklebte und übermalte Ansichtskarten, aquarellierte Liebesbriefe, wild bestempelte Postkarten oder politische Statements auf gedruckten Postkarten an Freunde und Künstlerkollegen versandt.

Die Akademie der Künste zeigt aus ihren Archiven noch bis zum 8. Dezember 2013 an die 700 politische und ästhetische Exponate von Georg Grosz, Else Lasker-Schüler, Max Pechstein, Bernhard Heisig, Bernhard Schultze, Werner Stötzer, Hans Scharoun, Sarah Kirsch, Einar Schleef, Robert Wilson, Hanne Darboven, Lyonel Feininger, Andy Warhol, Jonathan Meese und vielen Anderen.

Schwerpunkte der Ausstellung sind jene Postsendungen, die an die Akademie der Künste perönlich gerichtet waren, die Protagonisten der Mail-Art-Szene aus der ehemaligen DDR und die Edition Staeck.

Die Kuratorin Rosa von der Schulenburg führte uns dankenswerter Weise anlässlich eines Salons persönlich durch die Ausstellung; die 90 Minuten gingen viel zu schnell vorbei und fanden einen diskussionsfreudigen Abschluss in einem Restaurant am Brandenburger Tor.

Übrigens: Der abgebildete Stempel Vorsicht Kunst! stammt von Klaus Staeck und ist neben einer Postkarten-Edition mit Mail Art-Motiven in der Ausstellung erhältlich. Nun steht er auf meinem Schreibtisch und wartet auf seinen Einsatz. Auf einer SMS jedenfalls dürfte das nicht möglich sein.

John Cage als bildender Künstler und die Aufbrüche der Malerei in den realen Raum in der Akademie der Künste

Von Friedhelm Denkeler,

John Cage und … Bildender Künstler – Einflüsse, Anregungen

John Cage (1912-1992) war bisher als Komponist, Musiker, Philosoph und Literat bekannt, seine Werke als bildender Künstler und insbesondere sein Einfluss auf die Kunst hingegen weniger. Dies will die aktuelle Ausstellung, die Cages visuelles Werk mit der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts verknüpft, korrigieren.

"Akademie der Künste", Foto © Friedhelm Denkeler 2012
»Akademie der Künste«, Foto © Friedhelm Denkeler 2012

Anlässlich des 100. Geburtstags von Cage zeigt die Akademie der Künste am Hanseatenweg ein ganzes Jahr über eine Reihe ausgezeichneter Ausstellungen.

Aktuell sind Klanginstallationen, Zeichnungen, Notationen, Foto- und Filmdokumente – von John Cage selbst, von Zeitgenossen und Freunden, darunter Richard Buckminster Fuller, Marcel Duchamp, Robert Rauschenberg, Nam June Paik und Mark Tobey.

Erstmals zeigt die Schau mit Werken von Paul Klee, László Moholy-Nagy und Anni und Josef Albers die Verbindung zwischen Cages bildkünstlerischer Entwicklung und den Aufbrüchen der klassischen Moderne, die man so noch nie beisammen sah.

Ob alle diese Werke essenziell etwas mit Cage zu tun haben, sei dahingestellt, aber es macht Freude die Ausstellung zu sehen; und Cage Denk- und Arbeitsweise wird ein Stück sichtbarer.

Der gebürtige Kalifornier behauptete, es geschähe immer etwas, das Klänge erzeuge. Und aus Klängen bestehen auch alle seine Blätter: grafische Arbeiten an der Grenze zwischen Partitur und Bildkunst: Rhythmisch gesetzte Striche, Noten, die wie Kalligrafien aussehen, Linien, die zu kringelnden, tanzenden, sich verknotenden oder sturmartig über den Karton wirbelnden Chiffren werden. [DIE ZEIT]

In der Ausstellung kann man einen Klangraum betreten, den John Cage bereits 1987 auf der Documenta vorgestellt hat. Hier liegen 300 Schallplatten von Rock mit bis Klassik aus. Auf fünf Schallplattenspielern können zeitgleich die Besucher „ihre“ Musik abspielen und dem so entstandenen Konzert lauschen.

Aufbruch. Malerei und realer Raum

Mit der zweiten Ausstellung will die Akademie anhand von 100 Arbeiten aufzeigen, was seit der Mitte des 20. Jahrhunderts unternommen wurde, um die Flächigkeit, den Rahmen und das alte Spiel von Vorder- und Hintergrund zu überwinden: Günther Uecker schlägt Nägel in die Leinwand, Gotthard Graubner wattiert Leinwände zu Kissenbildern, Lucio Fontana durchstieß die Leinwand mit einem Locheisen und Frank Stellas Bilder verlieren das Rechteck und wachsen in den Raum.

Die Gemeinsamkeit aller Arbeiten der europäischen und nordamerikanischen Künstler: Der Blick des Besuchers geht nicht mehr ins Bild, sondern aus dem Bild heraus zum realen Raum. Das Tafelbild besitzt eine fiktive Räumlichkeit, es vermittelt eine Raumillusion; Skulpturen dagegen werden aufgrund ihrer Dreidimensionalität als tatsächliche Faktoren im realen Raum wahrgenommen.

Beide Ausstellungen sind in der Akademie der Künste, im Hansaviertel am Hanseatenweg 10, 10557 Berlin zu sehen: John Cage nur noch bis zum 17. Juni 2012, Aufbruch bis zum 1. Juli 2012. www.adk.de