Im richtigen Kino waren wir nie im falschen Film – Ein kurzer Rückblick auf zwölf Filme im Oktober bis Dezember 2023
Einzelne Artikel zu den gesehenen Filmen in diesem Herbst zu schreiben waren mir zu aufwendig. Aber zum Quartalsende will ich sie in Kurzform doch einmal erwähnen (Quelle der Inhaltsangaben: Yorck-Kino). Natürlich war auch »Anatomie eines Falls« mit Sandra Hüller dabei. Alle Filme stammen aus dem Jahr 2023 mit einer Ausnahme: »Jules und Jim« (1962) von François Truffaut mit Jeanne Moreau. Alle Filme sahen wir in den Berliner Yorck-Kinos. Deren Motto »Im richtigen Kino bist du nie im falschen Film« hat sich bewahrheitet: Alle Filme waren sehenswert.
- »Jules und Jim« (1962) von François Truffaut mit Jeanne Moreau, Oskar Werner, Henri Serre. Es ist wohl die einzige Schwäche dieses brillanten Films von François Truffaut, dass der Name Catherine, gespielt von der wunderbaren Jeanne Moreau, im Titel fehlt. Schließlich ist sie wesentlicher Bestandteil dieser hochkomplexen Dreiecksbeziehung zwischen ihr und den besten Freunden Jules und Jim, die zwischen heiterer Duldung und düsterer Melancholie die Tiefen des Zwischenmenschlichen auslotet.
- »Die Mittagsfrau« (2023) von Barbara Albert mit Mala Emde, Max von der Groeben, Liliane Amuat. Die junge Helene kommt mit ihrer Schwester Martha in das aufregende Berlin der wilden 20er Jahre. Während Martha sich im Party- und Drogenrausch verliert, will Helene Medizin studieren und Ärztin werden. In Karl findet sie die Liebe ihres Lebens. Doch mit seinem jähem Tod und dem gesellschaftlichen Umsturz durch die Nazis begegnet sie Wilhelm, der sich unsterblich in sie verliebt. Doch ihre Lebensenergie und ihr starker Wille vertragen sich nicht mit Wilhelms traditionellen Rollenbildern und ihrer Mutterschaft.
- »Die Theorie von Allem« (2023) von Timm Kröger mit Jan Bülow, Olivia Ross, Hanns Zischler, Gottfried Breitfuß, Philippe Graber (Film in Schwarzweiß). Die Schweizer Alpen im Jahr 1962: Johannes Leinert (Jan Bülow) reist mit seinem Doktorvater (Hanns Zischler) zu einem physikalischen Kongress ins Hotel Esplanade in den Schweizer Alpen. Ein iranischer Wissenschaftler soll hier einen bahnbrechenden Vortrag zur Quantenmechanik halten. Doch der Redner, von dem nichts weniger als eine Theorie von Allem erwartet wird, verspätet sich und die feine Gesellschaft fristet die Zwischenzeit mit geistreichen Dinnerpartys und eleganten Ski-Ausflügen. Eine geheimnisvolle Pianistin (Olivia Ross) zieht Johannes in ihren Bann, doch etwas stimmt nicht mit ihr. Sie weiß Dinge über ihn, die sie gar nicht wissen kann. Als einer der deutschen Physiker auf monströse Weise ums Leben kommt, treten zwei Ermittler auf den Plan, die einen Mord vermuten. Während bizarre Wolkenformationen am Himmel auftreten, verschwindet die Pianistin spurlos und Johannes gerät auf die Spur eines Geheimnisses, das tief unter dem Berg Wurzeln geschlagen hat.
- »Corsage« (2022) von Marie Kreutzer mit Vicky Krieps, Colin Morgan, Finnigen Oldfield. Weihnachten 1877: Elisabeth (›Sissi‹), Kaiserin von Österreich, begeht ihren 40. Geburtstag. Damit gilt sie als eine ›alte Frau‹. Elisabeth hat ausschließlich repräsentative Pflichten und fühlt sich vom höfischen Ritual stark eingeengt. Sie gilt gleichermaßen als angehimmelte wie kritisch beäugte Modeikone und hat ihr Bild als elegante, schöne und anmutige Frau mit dem rosigen Teint des bayerischen Mädels kultiviert. Ihr ist bewusst, dass ihre Zeit bald abläuft. Sie verlässt unruhig Wien und reist nach England und Ungarn, um ihrer aufregenden Jugendzeit nachzueifern. Während ihrer Reise besucht Elisabeth ehemalige Liebhaber und politische Verbündete. Sie entwickelt dabei einen Plan, um ihr Vermächtnis zu schützen.
- »Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste« (2023) von Margarethe von Trotta mit Vicky Krieps und, Ronald Zehrfeld. Als sich Ingeborg Bachmann und der Schweizer Schriftsteller Max Frisch 1958 in Paris begegnen, ist es der Anfang einer leidenschaftlichen und zerstörerischen Liebesgeschichte. Künstlerische Auseinandersetzungen und die verschlingende Eifersucht von Max Frisch, beginnen die Harmonie allmählich zu zerstören. Jahre später lässt Ingeborg Bachmann die Erinnerung an ihre Liebe zu ihm nicht los. Bei einer Reise in die Wüste versucht sie, ihre Beziehung zu Max Frisch zu verarbeiten und sich langsam davon zu lösen.
- »Anatomie eines Falls« (2023) von Justine Triet mit Sandra Hüller, Milo Machado-Graner, Swann Arlaud, Saadia Bentaïeb, Jehnny Beth. Sandra, Samuel und ihr sehbehinderter Sohn Daniel leben seit einem Jahr in einer abgelegenen Bergregion. Als Samuel tot vor dem Haus aufgefunden wird, wird eine Untersuchung wegen Tod unter verdächtigen Umständen eingeleitet. Mitten in der Ungewissheit wird Sandra angeklagt: War es Selbstmord oder Mord? Ein Jahr später wohnt Daniel dem Prozess gegen seine Mutter bei, der die Beziehung seiner Eltern auf den Kopf stellt.
- »Anselm – Das Rauschen der Zeit« (2023) von Wim Wenders mit Anselm Kiefer, Anton Wenders, Daniel Kiefer. Wim Wenders beleuchtet das Werk des Künstlers Anselm Kiefer und enthüllt seinen Lebensweg, seine Inspirationen, seinen kreativen Prozess und seine Faszination für Mythos und Geschichte. Vergangenheit und Gegenwart werden miteinander verwoben, um die Grenze zwischen Film und Malerei zu verwischen. Über zwei Jahre hinweg hat Wenders für diesen Film mit Kiefer und seiner Kunst verbracht.
- »Der Schatten von Caravaggio« (2023) von Michele Placido mit Riccardo Scamarcio, Louis Garrel, Isabelle Huppert. Im Italien des 17. Jahrhunderts sorgt Michelangelo Merisi, besser bekannt als Caravaggio, für Aufsehen. In seinen Heiligenbildern verwendet er Prostituierte, Diebe und Obdachlose als Modelle, was die kirchliche Obrigkeit empört. Als Papst Paul V erfährt, dass Caravaggio in einen Mordfall verwickelt ist, schickt er seinen besten Geheimagenten, den Schatten, als Spion zu Caravaggio. Während der Schatten in Caravaggios schillernde Welt eintaucht, erlebt er die Faszination, die der Maler auf die einfachen Menschen ausübt.
- »Vermeer – Reise ins Licht« (2023) von Suzanne Raes. Suzanne Raes befasst sich in ihrem Dokumentarfilm mit dem Leben und Werk des niederländischen Malers Johannes Vermeer. Der renommierte Vermeer-Experte Gregor Weber arbeitet in seinem letzten Jahr vor dem Ruhestand an seiner großen Vision: der bis dato größten Vermeer-Ausstellung überhaupt. Zusammen mit anderen Vermeer-Enthusiasten und -Experten begibt er sich auf die Suche nach dem Geheimnis, was einen Vermeer wirklich ausmacht.
- »Maestro« (2023) von Bradley Cooper mit Carey Mulligan und Bradley Cooper. Bildnis des Musikers als bisexueller Charmeur: Sein Porträt von Leonard Bernstein macht Regisseur und Hauptdarsteller Bradley Cooper zur feinfühligen Analyse von dessen Ehe – ein beeindruckend unorthodoxes Biopic, in dem Cary Mulligan als Gattin Felicia genauso wichtig ist wie er.
- »Munch« (2023) von Henrik Martin Dahlsbakken. Von seinen Kollegen missverstanden, vom Kunstbetrieb abgelehnt, von der Trauer über den Verlust seiner älteren Schwester geplagt und von der Sucht gequält, zeichnet der Film ein intimes und nuanciertes Bild von Munchs Leben, von einem einzigartigen und vielschichtigen Menschen und Künstler.
- »Perfect Days« (2023) von Wim Wenders. Hirayama scheint mit seinem einfachen Leben als Toilettenreiniger in Tokio vollauf zufrieden zu sein. Außerhalb seines sehr strukturierten Alltags genießt er seine Leidenschaft für Musik und für Bücher. Und er liebt Bäume und fotografiert sie. Eine Reihe unerwarteter Begegnungen enthüllt nach und nach mehr über seine Vergangenheit.