Kein Happy End!

Von Friedhelm Denkeler,

Michael Hanekes aktueller Film »Happy End« – Eine böse Momentaufnahme einer großbürgerlichen Familie

Ein Bagger baggert stumpfsinnig vor sich hin; eine Spundwand stürzt ein; zwei Dixieklos – eines war von einem Arbeiter besetzt – stürzen in die Tiefe; ein Hamster stirbt an einer Überdosis Antidepressiva, gefilmt mit dem Smartphone; eine Frau fällt ins Koma; ein Großvater – der reichste Unternehmer der Stadt – will sich umbringen, aber es klappt nicht; ein Mädchen mischt seiner Mutter Gift ins Essen; die schöne Verlobungsfeier wird durch eine Gruppe afrikanischer Migranten gestört; eine zusammensitzende Familie schweigt sich beim Essen an; ein Sohn will die Firma des Vaters nicht übernehmen; eine Umarmung sieht wie eine Zwangsmaßnahme aus; indirekt sieht man den »Dschungel«, das von Migranten bewohnte Zeltlager in Calais.

»Straße ins Wasser – oder: kein Happy End«, aus dem Portfolio »Harmonie eines Augenblicks«, Foto © Friedhelm Denkeler 1983.
»Straße ins Wasser – oder: kein Happy End«, aus dem Portfolio »Harmonie eines Augenblicks«, Foto © Friedhelm Denkeler 1983

Diese Szenen geben in Michael Hanekes »Happy End« mit Isabelle Huppert und Jean-Louis Trintignant, nur eine Richtung vor: Es geht abwärts. Alles ist sehr ernst, aber oft auch sehr komisch; eine schwarze Komödie um eine großbürgerliche Familie. Statt einer Familie aus dem Bilderbuch, sehen wir eine aus dem Horrorkabinett. Der Zuschauer bekommt einen Blick hinter die Fassade, die aus Überdruss am Leben und Sex, Mord- und Selbstmordgedanken besteht. Das Finale stellt die Frage: Ist ein Ende mit Schrecken nicht wirklich besser als ein Schrecken ohne Ende?

Man kann dieses sardonische Gesellschaftsporträt auch als ein Statement zur Lage in Europa sehen. Das Private hängt mit dem Öffentlichen und das Persönliche mit dem Politischen zusammen. Als Sinnbild für die feudalen Verhältnisse steht die weiße Oberschicht, die sich afrikanische Bedienstete hält, die man von Sklaven kaum unterscheiden kann. Der Anwalt bietet der Familie des verunglückten Arbeiters 35.000 Euro an, dafür bekommt man nicht mal einen gebrauchten Porsche. Die ersten Wände stürzen ein und die ersten fallen in die selbstgegrabene Grube. Wieder einmal trifft es die Falschen. Happy End ist eine sehenswerte Dystopie, es ist einer der Filme des Jahres 2017.