Der ewige Flaneur und die Capriccios

Von Friedhelm Denkeler,

»Bildwechsel – Fotografie nach der Werkstatt für Photographie«: Wolf Abraham mit »Capriccios« im Kunstquartier Bethanien

Auf seinen nie endenden Streifzügen durch die Stadt findet Abraham seine Bilder wie andere Pilze im Wald. So entsteht ein Bündel von rätselhaften Zusammenstellungen von Dingen, die oft durch seine spezielle Sichtweise für einen anderen Zweck bestimmt sind. »Herr Abraham hat gelernt, das Eigene als Fremdes zu begreifen und als Fremdes zu sehen. Er mag das Prinzip der Verfremdung« [Katalog].

Abrahams Fotos könnte man auch als Objets trouvés bezeichnen; er lichtet vorgefundene Gegenstände und Situationen ab und »Die Antwort auf die Frage: ‚Was ist das Ding auf dem Bild?‘ beantwortet selten die Frage, was das Foto vielleicht meinen möge« [Wolf Abraham im Katalog]. Das Auge des Betrachters wird manches Mal in die Irre geführt, aber wenn sich der Betrachter darauf einlässt, lernt er unbekannte Welten und neue Sehweisen kennen. Die Aufnahmen dieser Serie sind ausschließlich mit dem iPhone und der App »Hipstamatic« entstanden und weisen eine erstaunliche Bildqualität auf.

Wolf Abraham mit »Capriccios«, Kunstquartier Bethanien, Foto © Friedhelm Denkeler 2016.
Wolf Abraham mit »Capriccios«, Kunstquartier Bethanien, Foto © Friedhelm Denkeler 2016.

Die sehenswerte Ausstellung »Bildwechsel – Fotografie nach der Werkstatt für Photographie« hat aus Kostengründen leider nur eine Laufzeit von zehn Tagen, aber bis zum nächsten Sonntag sind die Arbeiten aller zwölf Teilnehmer täglich von 14 bis 20 Uhr (Samstag und Sonntag 12 bis 20 Uhr) im Kunstquartier Bethanien noch zu sehen. Wolf Abrahams Arbeiten sind auf seiner  Website natürlich auch darüber hinaus zu finden. Weitere Informationen finden Sie im Artikel Szenen aus der Werkstatt für Photographie 1976-1986.

In der Druckgraphik des Barock meint der Begriff Capriccio eine Folge von Blättern mit einem Deckblatt in kleinem Format, die ohne programmatische Gebundenheit improvisierte Szenen zeigen und die, ohne sich auf eine Ordnung festzulegen, von einem Bildgegenstand zum nächsten übergehen. [Wikipedia]