Sympathy for the Devil

Von Friedhelm Denkeler,

Aus der Serie »Gestern Abend im Theater«: Berliner Ensemble

Am Ende werden wir nicht wissen, wer Faust und wer Mephisto ist. Sie bilden eine Einheit. Nicht zwei Stimmen, sondern ein Stimme in mehreren Farben [Robert Wilson]

Faust und Mephisto sitzen nach der langen Reise durch Himmel und Hölle, am Ende des Vier-Stunden-Stückes »Faust I und II«, seelenruhig auf einer Bank. Faust fragt: »Wohin soll nun die Reise gehen?« und Mephisto antwortet: »Wohin es dir gefällt«. Also nicht vom Himmel durch die Welt zur Hölle? Oder umgekehrt? Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor. Und die Sympathie für den Teufel ist groß, auch durch das famose Spiel von Christopher Nell, den wir schon in Hamlet und Peter Pan am BE sehen konnten.

»Pausenvorhang Faust I und II«, Goethe, Wilson, Grönemeyer, Berliner Ensemble, Foto © Friedhelm Denkeler 2015
»Pausenvorhang Faust I und II«, Goethe, Wilson, Grönemeyer, Berliner Ensemble, Foto © Friedhelm Denkeler 2015

Das dürfte Robert Wilsons vorläufiger Höhepunkt am Berliner Ensemble gewesen sein. Das grenzt schon an Größenwahn, den ganzen Faust in vier Stunden mit der Musik von Herbert Grönemeyer aufzuführen. Peter Stein brauchte für das Projekt Faust I und II im Jahr 2000 noch zwei Tage. Dafür brachte er aber auch alle 12 110 Verse des Dramas; bei Wilson wurden die einzelnen Szenen nur kurz angerissen, man versteht sie nicht immer, vielleicht ist das auch nicht nötig.

Dafür sahen wir ein mitreißendes Musiktheater mit einer achtköpfigen Liveband, mit deutscher Rockmusik und ein wilsonsches Lichtspektakel sondergleichen. Ein Theaterfest für alle Sinne, das im frenetischen Schlussapplaus mündete. Schauspieler und Publikum waren überglücklich.