Große Retrospektive Lyonel Feininger, Kupferstichkabinett Berlin, bis 15. Mai 2011 (Teil 2: Die Zeichnungen)
Unter dem Titel Feininger aus Harvard. Zeichnungen, Aquarelle und Fotografien hat das Kupferstichkabinett dem deutsch-amerikanischen Maler und Grafiker Lyonel Feininger (1871-1956) eine Doppelausstellung in der Sonderausstellunghalle im Kulturforum ausgerichtet. Zum einen sehen wir Feiningers Photographien 1928 – 1939 (über die ich gestern bereits berichtete), zum anderen seine Zeichnungen und Aquarelle. Im heutigen Beitrag gehe ich auf die Zeichnungen und Aquarelle ein.
Die Ausstellung vermittelt einen guten Überblick über Feiningers künstlerische Entwicklung von den Anfängen um 1890 bis zu den Exil-Jahren in den Staaten ab 1937. Die Werke werden in der Ausstellung zeitlich entsprechend gegliedert: Die frühen Jahre (Natur, Karikatur, Begegnung mit dem Kubismus und Futurismus), Die Zeit am Bauhaus 1919-1932 und folgende innere Emigration, Zeichnungen und Aquarelle des Berliner Kupferstichkabinetts und Emigration 1937. Das Spätwerk in New York.
Von Lyonel Feiningers Zeichnungen kannte ich bisher hauptsächlich die Werke, die das Berliner Kupferstichkabinett besitzt. Wenn ich mir jetzt alle 77 ausgestellten Aquarelle und Zeichnungen ansehe, sind die Berliner eher die schwächeren Werke. Grundsätzlich habe ich mit vielen Werken des Kubismus Probleme. Bei Feininger sieht das anders aus: Seine von ihm selbst so genannte Malweise Prisma-ismus empfinde ich als angenehmen und, im positiven Sinne, dem Auge gefälligeren und weiterentwickelten Kubismus. Fazit: Eine sehenswerte Ausstellung, die ich gerne ein zweites Mal sehen möchte.
Die Ausstellung des Harvard Art Museum/ Busch-Reisinger Museum, Cambridge, Massachusetts, entstand in Kooperation mit dem Berliner Kupferstichkabinett und der Staatlichen Graphischen Sammlung, München. Nach dem Ausstellungsende in Berlin wird sie anschließend in der Münchner Pinakothek der Moderne zu sehen sein.
Einen Film mit Feiningers Zeichnungen finden Sie hier. Über die Online-Sammlungsdatenbank des Museums in Harvard sind die Werke öffentlich zugänglich. Das Foto auf dem Plakat am Kulturforum zeigt eine Zeichnung von Feininger, vermutlich mit dem Ort Umpferstedt im Landkreis Weimarer Land. Im Hintergrund ist die St. Matthäikirche nahe des Berliner Kulturforums zu sehen. www.smb.museum
Mein Kubismus … ist genau das Gegenteil dessen, was die französischen Kubisten anstrebten. Er beruht auf dem Prinzip der Monumentalität und Konzentration bis zum Äußersten, auf meinen Visionen … Meinen Kubismus nenne ich lieber „Prisma-ismus“. [Lyonel Feininger 1913]
Ich fühlte mich 25 Jahre jünger, seit ich weiß, dass ich in ein Land gehe, wo Phantasie in der Kunst und Abstraktion nicht als absolutes Verbrechen gelten wie hier. [Lyonel Feininger im Mai 1937, wenige Tage vor seiner Emigration aus Deutschland]