Zur Ausstellung »Michael Schmidt und Schüler», DGPh, Köln 1979. Neues Portfolio von Friedhelm Denkeler auf der Website LICHTBILDER.
Mein Interesse an der Photographie begann in der Jugendzeit mit den ersten 6×9 cm-Aufnahmen aus der Rollfilm-Box meines Vaters, mit der ersten eigenen Kleinbildkamera und mit ersten Erfahrungen in einem Schwarzweiß-Fotolabor im Jugendfreizeitheim in Westfalen. In Berlin kamen dann die Besuche von Fotokursen an der Volkshochschule hinzu und die Einrichtung meines ersten provisorischen Fotolabors. Eine ernsthafte, künstlerische Auseinandersetzung mit der Photographie startete mit der Ausbildung an der »Werkstatt für Photographie« in Berlin-Kreuzberg bei Michael Schmidt.
Michael Schmidt war der Initiator und Gründer der »Werkstatt für Photographie«. 1976 nahm die Werkstatt in Kreuzberg mit Schmidt als informellem Leiter ihre Arbeit auf. Ein gewisses Interesse der Medien lag vor, so dass der Andrang auf die Anfängerkurse sehr groß war; es mussten lange Wartelisten angelegt werden. Die Kurse mit Michael Schmidt und Ulrich Görlich, ein Schüler von Schmidt aus der Vor-Werkstatt-Zeit, begannen mit ungefähr 200 Teilnehmern, die in fünfzehn Grund-, Aufbau- und Hauptkurse aufgeteilt waren. Michael Schmidt wurde die Leitung der Werkstatt informell übertragen.
Glücklicherweise konnte man, wenn man entsprechende Arbeiten beim Dozenten vorlegte, auch in die fortgeschrittenen Kurse direkt einsteigen. So „landete“ ich dann am 21. September 1977 im Kurs von Michael Schmidt. Bereits ein Jahr später zog sich Schmidt aus dem Kurssystem der Werkstatt für Photographie zurück, um sich ausführlicher seiner eigenen Arbeit widmen zu können. Einige Jahre profitierte ich, neben weiteren Werkstättlern, noch als Privatschüler von Michael Schmidt in einer kleinen Gruppe.
Das Arbeiten und Leben an der Werkstatt für Photographie wurde bestimmt durch die verschiedensten Aktivitäten. Am wertvollsten waren die Bildbesprechungen an den Kursabenden. In den zehn Jahren der Werkstatt für Photographie gab es an die fünfzig Ausstellungen. Während der Vernissagen, die gleichzeitig auch kleine „Feste“ waren, wurden natürlich die Werke der Ausstellenden diskutiert, ebenso an den einzelnen Kursabenden. Fast jedes Jahr gab es drüber hinaus eine Überblicksausstellung der „Photographien der Hörer und Dozenten“, sowie insgesamt fünf Einzelausstellungen von Werkstättlern in den 10 Jahren.
Regelmäßige Höhepunkte der Werkstatt-Aktivitäten waren die Wochenend-Workshops mit bekannten Photographen aus dem In- und Ausland, erwähnt seien Andre Gelpke, Wilhelm Schürmann, Klaus Honnef, Michael Schmidt, Manfred Willmann, Heinz Cibulka und Suzanne Pastor. Eine sehr große Rolle spielten vor allem die zeitgenössischen US-Amerikaner, die gerne nach Berlin kamen, um an der Werkstatt Wochenend-Lehrgänge abzuhalten, unter anderem Ralph Gibson, Lewis Baltz, John Gossage, Robert Cumming, Larry Fink, Robert Heinicken, Larry Clark, Joe Deal, Todd Papageorge, Robert Frank und William Eggleston.
Im Grunde genommen waren die Werkstättler, sowohl Schüler als auch Dozenten, während der zehn Jahre auch alle Autodidakten, alle lernten von einander; der Zusatz »Autodidakt« in verschiedenen Biografien aus der damaligen Zeit ist hier als Qualitätsmerkmal anzusehen. Während der Werkstatt-Zeit gab es in Berlin keine Möglichkeit, künstlerische Fotografie zu studieren. Ein Merkmal für die anspruchsvollen und qualitativen Arbeiten der Photographen waren die zahlreichen Ankäufe der Berlinischen Galerie unter der Leitung von Janos Frecot und natürlich auch jene von Westeuropäischen und US-amerikanischen Museen, Galerien und Einrichtungen.
Anregungen in Bezug auf die Fotografie erhielt ich – und sicher auch die anderen Werkstättler – durch die Berliner Realisten, wie Peter Sorge, Klaus Vogelgesang, Matthias Koeppel und Dieter Hacker. Dieter Hacker und Andreas Seltzer, beide von der 7. Produzentengalerie, hielten an der Werkstatt 1978 einen Wochenend-Workshop ab. Großen Eindruck auf die Werkstatt hatte auch die Ausstellung »New Topographies: Photographs of an Man-altered Landscape« 1975/76 mit den Protagonisten Robert Adams, Lewis Baltz, Stephan Shore und Bernd und Hiller Becher, sowie die Theorie von Klaus Honnef über die Autorenfotografie.
In den jährlichen Ausstellungen mit »Photographien der Hörer und Dozenten« in den Jahren 1978 und 1979 war ich jeweils mit Beiträgen vertreten. 1980 folgte dann ein erster Höhepunkt, die Gruppenausstellung »Michel Schmidt und Schüler« mit Friedhelm Denkeler, Wolfgang Eilmes, Jürgen Frisch, Ulrich Görlich, Wilmar Koenig, Thomas Leuner, Winfried Mateyka, Klaus P. Voutta und Ursula Wüst vom 28. Januar bis zum 29. Februar 1980 in der »Werkstatt für Photographie«. Zur Ausstellung gab es ein Plakat und einen Katalog.
Einen weiteren Höhepunkt gab es im selben Jahr: Vom 04. August bis zum 13. September 1980 war die gesamte Ausstellung »Michael Schmidt und Schüler» in Galerie der »Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh)« in Köln zu sehen (hierzu gab es ein eigenständisches Plakat). Mit einem kleinen Tross von Werkstättlern reisten wir nach Köln (01.-04.08.1980). Am 2. August bauten wir die Ausstellung auf. Leider sind von beiden Ausstellungen nur wenige Dokumente und Fotos erhalten geblieben. Wie die Ausstellung in Berlin aussah, ist nicht überliefert und für die Kölner Schau habe ich ein schlecht belichtetes Negativ gefunden, dass aber auch nur meine Bildstrecke zeigt. Aber die wichtigsten Dokumente sind natürlich der Katalog (84 Seiten, 20,5 x 19 cm) und die Plakate. Wie meine Notizen zeigen, habe ich 2015 mühselig versucht die Ausstellung zu rekonstruieren.
Das kleine Portfolio »Bilder einer Ausstellung – Versuch einer Rekonstruktion« aus dem Jahr 1980 besteht aus zwölf Photographien 30 x 45 cm und ist auf meiner Website zu sehen.