Macht zu viel Sex verrückt? Eine Abhandlung in elf Kapiteln. Ein neues Portfolio von Friedhelm Denkeler auf der Website LICHTBILDER.
Im Jahr 1913 zeigte das Berliner »Passage Panopticum« eine Kolonialschau unter dem heutzutage nicht mehr zeitgemäßen Titel »Fünfzig wilde Kongoweiber – Männer und Kinder in ihrem aufgebauten Kongodorfe«. Die Zurschaustellung exotischer Menschen war damals gang und gäbe und ein großer Publikumsrenner.
In den Panoptiken der Jahrhundertwende wurden insbesondere Wachsfiguren, Röntgenapparate (sic!), mechanische Automaten ausgestellt und die ersten Filme vorgeführt. Seit 1870 gab es im Zoologischen Garten in Hamburg die »Hagenbeck´schen Völkerschauen«, die anschließend durch das ganze Land tourten. ›Echte‹ Amazonen, Aboriginals, Sioux-Indianer, Fakir-Gruppen wurden zur Schau gestellt oder mussten im damaligen Sprachgebrauch ›unsittliche Tänze‹ aufführen.
Das Plakat zur Ausstellung Fünfzig wilde Kongoweiber entdeckte ich 1999 im Historischen Museum Berlin. Zusammen mit dem Foto »Macht zu viel Sex verrückt?«, das ich zur Weihnachtszeit 1996 auf dem Kurfürstendamm aufnahm, bildeten diese beiden Fotos die Grundlage meiner Sammlung und Zusammenstellung von Fotos für das Portfolio »Macht zu viel Sex verrückt? Oder: Fünfzig wilde Kongoweiber«, das ich 2012 abgeschlossen habe. Alle Fotos sind im Zeitraum 1981 bis 2010 entstanden.
Die 186 Fotos der Serie sind in die elf Kapitel »Im Lustgarten«, »Fetisch«, »You Have Nothing», »Pippi auf Taku Tuka«, »Adam und Eva«, »Fünfzig wilde Kongoweiber«, »Macht zu viel Sex verrückt?«, »Schamkrabben«, »Weniger ist besser«, »Nicht mit den Händen greifen« und »Middlesex« eingeteilt. Ein Großteil der Fotos entstand im öffentlichen Straßenraum, hierunter fällt insbesondere die sexualisierte Werbung; weitere Fotos entstanden in Ausstellungen, im privaten Bereich und in der Natur. Die Schlagwort-Wolke zeigt einen ersten Eindruck.
Kurioses wie der ZEIT-Artikel »Die Entdeckung der Anus-Vulva-Achse« , das Filmplakat »Fickende Fische«, ein »Sklavinnen der Liebe-Express« auf dem Christopher-Street-Day, der Aufruf des Media Marktes »Sei so Sexistisch« oder die Graffiti-Dame im S-Bahnhof, die beteuert »Ich komm nur in der S-Bahn«, die Bestellung eines Super-Angebots »Striptease-Kegelschreiber« für 0,99 DM bei der Beate Uhse AG per Bildschirmtext BTX (ja, das war 1984 der neueste Schrei), der Grabstein des Marquis de Sade oder die Plakate »Ich komm‘ aus Kreuzberg, du Muschi« und die »Vagina-Monologe« runden die Auswahl ab. 35 ausgewählte Photographien sind auf der Website Lichtbilder zu sehen.
wild [mhd. wilde, ahd. wildi, eigtl.: im Wald wachsend, nicht angebaut]: 1. nicht domestiziert; nicht kultiviert, nicht durch Züchtung verändert; wild lebend; wild wachsend; Er stürzte sich auf sie wie ein – es Tier (völlig enthemmt u. nur dem Trieb folgend); 2. a) nicht zivilisiert; auf niedriger Kulturstufe stehend: -e Stämme; b) unzivilisiert, nicht gesittet: ein -er Haufen; -e Gesellen; dort herrschen -e Sitten 3. unkontrolliert, nicht reglementiert [u. oft ordnungswidrig od. gesetzwidrig]; offiziell nicht gestattet [Jan Diebold und Philmon Ghirmai auf www.schwarzweiss-hd.de]