1958 (2) – Link Wray & His Ray Men: »Rumble«. Great Balls Of Fire – Eine der denkwürdigsten Textzeilen des Rock

Es ist mit Sicherheit der einzige Instrumental-Song, der jemals von Radio-Stationen verbannt wurde, ohne Texte über Drogen oder Sex (sic!) zu beinhalten. Der Titel allein, den man mit Aufruhr übersetzen kann und der düstere und bedrohliche Sound, reichten aus, den Song nicht zu spielen, denn er »klang wie die Einladung zu einem Messerkampf» [Rolling Stone]. Um den rauen, verzerrten Klang herzustellen, soll Wray Löcher in den Lautsprecher seines Gitarrenverstärkers geschlagen haben und verwandelte ihn damit in eine »Fuzzbox«, die es damals noch nicht gab.
Aus der heutigen Sicht ist das nicht mehr nachvollziehbar. Aber wenn man sich die Liveaufnahme aus San Francisco von 1974 anhört, wird die Angst der Radiomacher, dass »Rumble« tatsächlich eine Gewalttätigkeit anregen könnte, schon deutlicher. Ein Fan schrieb zum Live-Video »Wray was cool, before cool was cool«. Im Netz findet man ein Video mit dem Original-Song passenderweise mit einem Ausschnitt aus dem Film: »The Delicate Delinquent« (Der Held von Brooklyn, 1957) von Don McGuire mit Jerry Lewis.
Die Musikindustrie präsentierte damals das saubere, gepflegte Lebensgefühl des aufstrebenden Nachkriegs-Amerika. Link Wray dagegen spielten ihre Musik roh und emotionslos; »Rumble« war eine Provokation für das Establishment. Die Ray Men kann man deswegen als Vorläufer von Punk und Metal sehen.

Als Fred Lincoln ›Link‹ Wray im Jahr 2005 starb, spielten Bob Dylan und Bruce Springsteen ihm zur Ehre »Rumble« und Pete Townshend sagte, er hätte nie eine elektrische Gitarre gekauft, wenn es nicht Wrays »Rumble« gegeben hätte. 1958 erreichte der Song Platz 16 der »Billboard Hot 100«. Bei der Zeitschrift »Rolling Stone« landete der Song auf Platz 45 der 100 besten Gitarristen aller Zeiten. Er beeinflusste viele Band wie die Yardbirds oder The Who.
Johnnie Ray war in den 1950er Jahren einer der erfolgreichsten Pop-Interpreten Amerikas. Bei seinen Konzerten gab es regelrechte Krawalle. Er wurde von begeisterten weiblichen Fans bestürmt und bedrängt. Das war damals etwas Neues, später trat es für Elvis und für die Beatles wieder auf. Für mich bleibt für immer mit Johnnie der Song »Yes Tonight, Josephine« verbunden. Und dann kam Im Jahr 1958 noch Elvis Presley mit dem Song »Jailhouse Rock«. Es war dem Titelsong aus dem gleichnamigen Film mit Elvis in der Hauptrolle.
Und auch den ›Sommerhit‹ 1958, den »Summertime Blues« von Eddie Cochran darf ich nicht vergessen. Der ›Sommerhit‹ ist eine Erfindung der Musikindustrie; es geht um Songs, die vielfach in einem bestimmten Sommer intensiv im Radio gespielt wurden. Sex kam bei den jungen Rock ’n‘ Roller in den 1950er Jahren nur in Andeutungen vor, Jerry Lee Lewis war dagegen in »Great Balls Of Fire« freizügiger. Und deswegen wurde der Song ein Nummer-eins-Hit. Er hämmert so sehr auf seinem Klavier herum, dass nur noch ein Schlagzeug nötig war. Der Film »Great Balls Of Fire – Jerry Lee Lewis – Ein Leben für den Rock ’n‘ Roll« von 1989 sichert Lewis‘ Platz in der Rock-Geschichte.
Songtext – Jerry Lee Lewis: »Great Balls Of Fire«
You shake my nerves and you rattle my brain
Too much love drives a man insane
You broke my will, but what a thrill
Goodness gracious great balls of fire
I laughed at love when I thought it was funny
But you came along and you moved me honey
I’ve changed my mind, this love is fine Goodness gracious great balls of fire
Kiss me baby, woo, feels good
Well I want to love you like a lover should
You’re fine, so kind
Got to tell this world that you’re mine! Mine! Mine! Mine!
I chew my nails and I twiddle my thumbs
I’m real nervous but it sure is fun
Come on baby, you drive me crazy
Goodness gracious, great balls of fire!
Anmerkung zur Kategorie »Siebzig Jahre – Siebzig Songs»
Hier finden Sie Beiträge zu Songs und ihren Interpreten aus 70 Jahren Rock- und Pop-Geschichte 1946 bis 2016. Alle im Text erwähnten Songs sind als Video oder Audio auf den bekannten Musik-Portalen wie YouTube, Vimeo, etc. zu finden. Jeder Artikel ist ein Auszug aus meinem geplanten Künstlerbuch »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«.
Die letzten Beiträge zu »Siebzig Jahre – Siebzig Songs«
- Das HiFi-Mädel aus Tallahassee1959 (1) – Freddy Cannon: »Tallahassee Lassie«. Rocken was das Zeug hält und die Red-River-Rebellion Auf der Suche nach einem weniger bekannten, aber guten Rock … Weiterlesen …
- Aufruhr in Brooklyn als Vorläufer des Punk und Metal1958 (2) – Link Wray & His Ray Men: »Rumble«. Great Balls Of Fire – Eine der denkwürdigsten Textzeilen des Rock Es ist mit Sicherheit … Weiterlesen …
- Ein zeitloser Klassiker aus dem Jahr 19581958 (1) – The Kalin Twins: »When«. Eine Erinnerung an die Zeit vor den Beatles. Harold ›Hal‹ Kalin (1934 – 2005) und Herbert ›Herbie‹ Kalin … Weiterlesen …
- Oh, bitte bleib bei mir, Diana!
1957 – Paul Anka: »Diana«. Ich bin so jung und du bist so alt, dies wurde mir gesagt. Das kann einem wahrscheinlich nur in Amerika … Weiterlesen …
- Die Moritat von Mackie Messer oder: Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?1956 – Louis Armstrong: »Mack the Knife«. Die Bettler betteln, die Diebe stehlen, die Huren huren. Ein Moritatensänger singt eine Moritat. Und das alles an … Weiterlesen …
- Der Siegeszug des Rock ’n‘ Roll nahm seinen Anfang1955 – Bill Haley & His Comets: »Rock Around The Clock«. Wie Bill Haley auf der Hochzeitsfeier meiner Cousine der Star war. Die erste echte … Weiterlesen …
- Elvis the Pelvis1954 – Elvis Presley: »That’s All Right (Mama)«. Die Zeit rast, aber auf dem Hängeboden harrt sie aus – der SIEMENS Plattenwechsler PW3. Das Stück … Weiterlesen …
- Bitte sei mein und bleib in meinem Herzen1953 – Al Martino: »Here in my Heart«. Das Pferdehalfter war der Boxen-Schlager des Monats Dezember. Der US-amerikanische Sänger Al Martino (*1927, †2009) hatte seine … Weiterlesen …
- Ein poetischer Tango mit Rafaela1952 – Rudi Schuricke: »Florentinische Nächte«. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Im Jahr 1952 gab es bei uns zu Hause keinen Plattenspieler, ein … Weiterlesen …
- Der dritte Mann1950 – Anton Karas: »Harry-Lime-Thema«. Instrumentals der frühen Rockgeschichte – von »The Third Man Theme« zum «Egyptian Reggae«. Bei meiner Recherche zum Portfolio »Siebzig Jahre … Weiterlesen …
- Der Dicke und die kreolischen Girls1949 – Fats Domino: »The Fat Man«. Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt … Fats Domino wurde von einem Trompeter des Duke … Weiterlesen …
- Ein Leben durch die rosarote Brille1948 – Edith Piaf: »La Vie En Rose«. Der 1,50 Meter große Spatz von Paris wurde nur 47 Jahre alt, aber weltberühmt. Edith Piaf (*1915, … Weiterlesen …
- »Near You« von Francis Craig – Der Nummer-eins-Hit 19471947 – T-Bone Walker: »Bobby Sox Blues«. T-Bone Walker – der Pionier des Jump und des Electric Blues. Die Melodie eines Songs ist mir aus … Weiterlesen …
- Zweitausend Meilen auf der Route Sixty-Six1946 – Nat King Cole: »(Get Your Kicks On) Route 66«. Der Jump-Blues-Song »Caldonia« von Louis Jordan. Mein Rock-Archiv beginnt im Jahr 1946. Es war … Weiterlesen …